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BMW: Motor stottert – jetzt einsteigen oder aussteigen?

Ein schwächeres Absatzwachstum, höhere Ausgaben für Forschung und Entwicklung und ungünstige Wechselkurseffekte verhageln BMW die Quartalszahlen. Für Aktionäre ist das ein herber Dämpfer, viele wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Die Aktie der Münchner Autobauer verlor prompt mehr als zwei Prozent an Wert. Und die Konkurrenz aus Stuttgart fährt gleichzeitig in Sachen Absatz und Profitabilität davon. Lohnt da der Kauf der Aktie noch?

BÖRSE am Sonntag

Ein schwächeres Absatzwachstum, höhere Ausgaben für Forschung und Entwicklung und ungünstige Wechselkurseffekte verhageln BMW die Quartalszahlen. Für Aktionäre ist das ein herber Dämpfer, viele wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Die Aktie der Münchner Autobauer verlor prompt mehr als zwei Prozent an Wert. Und die Konkurrenz aus Stuttgart fährt gleichzeitig in Sachen Absatz und Profitabilität davon. Lohnt da der Kauf der Aktie noch?

Es ist ein trauriges Chartbild, das die Aktie des Münchner Premiumherstellers derzeit auf die Anzeigetafeln projiziert. Auf Jahressicht hat sich das BMW-Papier deutlich schwächer entwickelt als der Dax, durch die letzten Kursverluste notiert der Anteilsschein, auf diesen Zeitraum gesehen, gar wieder mit einem Prozent im Minus. Und auch dem Branchenindex der europäischen Automobilindustrie hinkt die Aktie hinterher.

Dabei war es in einem von hoher Volatilität geprägten Jahr in den letzten zwei Monaten für die Automobilwerte im Allgemeinen bergauf gegangen. Mit einem Kursplus in Höhe von 15 Prozent verteuerten sich so auch die BMW-Anteile von 78,37 auf 89,97 Euro. Doch während Daimler wie auch Volkswagen gestützt von starken Zahlen ihre Klettertour bisher fortsetzen konnten, wurde den Bayern ihre Präsentation der Quartalsergebnisse vom vergangenen Dienstag zum Verhängnis.

So sind die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen von Analysten zurückgeblieben und waren nur um einen Prozentpunkt gestiegen, was sich wiederum in schwächeren Umsatz- und Gewinnzahlen wiederspiegeln sollte. Mit Einnahmen in Höhe von 23,4 Milliarden Euro konnte man sich zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,3 Prozent verbessern, präsentierte sich gegenüber dem bisherigen Jahresverlauf aber deutlich verschlechtert. Hier litt man allerdings auch unter einem stärkeren Euro. „Aufgrund von Umrechnungseffekten, vor allem aus dem starken Euro, gehen wir davon aus, dass die Umsatzerlöse im Segment Automobile im laufenden Jahre nicht solide, sondern leicht stiegen werden“, korrigierte Finanzchef Nicolas Peter die Ziele nach unten.

Bisher hatte man in München mit einem Umsatzwachstum von fünf bis zehn Prozent gerechnet, nun erwartet man sich nur noch eines von zirka fünf Prozent. Nicht nur Barclays-Analystin Kristina Church reagierte mit einer Kurszielsenkung von 118 auf 110 Euro enttäuscht auf die Absatzzahlen.  UBS-Experte Patrick Hummel setzt sein Kursziel mit 79 Euro sogar deutlich unter dem derzeitigen Kurswert von 87,98 Euro. Marc-Rene Tonn vom Analysehaus Warburg Research geht mit dem Autobauer dagegen weniger hart ins Gericht. BMW habe die Erwartungen weitgehend erfüllt und angesichts der anstehenden Modelloffensive solide Gewinne erzielt, schrieb er in einer Studie. Sein Kursziel setzt er weiterhin bei 105 Euro.

Anleger dürfte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Höhe von 2,3 Milliarden Euro dennoch unzufrieden dreinblicken lassen. Gegenüber dem Vorjahresquartal bedeutet der Wert ein Minus von 3,2 Prozent. Die zentrale Autosparte des bayerischen Großkonzerns büßte in Sachen Ebit 1,8 Prozent ein, womit 1,79 Milliarden Euro übrig blieben. Damit einhergehend ging auch die so wichtige Ebit-Marge um 0,2 Prozent auf 8,3 Prozent zurück, womit man sowohl hinter Mercedes (9,2 Prozent) als auch hinter Audi (8,9 Prozent) lag. Und das obwohl beide Hersteller mit Abgasskandal-Auswirkungen zu kämpfen haben. Vor allem die Stuttgarter geben mächtig Gas, eroberten sich bereits im vergangenen Jahr die Spitzenposition bei Absatz und Profitabilität im Segment der Premiumautos von BMW zurück und werden sie auch 2017 behalten. Innerhalb der ersten neun Monate des laufenden Jahres kommt Mercedes-Benz auf 1,72 Millionen verkaufte Autos, BMW nur auf 1,54 Millionen.

Vor allem in den USA hatten die bayerischen Motorenwerke zuletzt zu kämpfen. Im bisherigen Jahresverlauf gingen die Verkäufe dort um 5,1 Prozent im Vergleich zu 2016 zurück. Im Oktober verkaufte man 26.877 Neuwagen. 3,9 Prozent weniger als noch im Jahr zuvor. Positive Abhilfe schafft da das Geschäft in China. Hier liegen die Verkäufe bisher 15 Prozent über dem Vorjahreswert. Und auch für den US-Markt ist BMW-Chef Harald Krüger eigentlich guter Dinge: Wenn der Konzern den Modellwechsel hinter sich gebracht habe, werde es auch in den USA wieder Wachstum geben, sagte er. Damit spielt er auf den neuen X3 an, der in den USA als SUV traditionell beliebt ist. Außerdem sollten zum Jahresende hin auch die Verkäufe des neuen 5er-Modells weltweit anziehen.

Dennoch: Insgesamt sind die vorgelegten Quartalszahlen sowohl für BMW selbst als auch für deren Aktionäre an der Börse unbefriedigend. Hinzu kommt, dass sich der Konzern – wie die gesamte Automobilbranche – auf große Umbrüche in der Mobilität vorbereiten muss. War BMW in Sachen E-Autos und autonomem Fahren lange der deutsche Vorreiter, ist es in letzter Zeit immer ruhiger um alternative Antriebe und Co geworden. Die Analysten von Bernstein werfen dem Autobauer gar „fehlenden Schwung“ vor. Nebst ist derzeit jeder dritte verkaufte BMW ein Diesel. Und dessen Aus scheint wohl zumindest langfristig besiegelt.

Andererseits waren die schwachen Quartalsergebnisse auch in hohen Investitions-, Forschungs- und Entwicklungskosten begründet, was wiederum nicht gerade auf einen „fehlenden Schwung“ hindeutet. Eigentlich wollte das BMW-Management fünf bis 5,5 Prozent des Umsatzes investieren, in den kommenden drei Jahren wird es aber wohl mehr werden. Zudem hat CEO Krüger die größte Modelloffensive in der Geschichte des Konzerns ausgerufen. Weltweit sollen 40 neue, respektive überarbeitete Modelle in diesem und dem kommenden Jahr den Absatz ankurbeln und die Renditen steigern. Wenn es nach Krüger geht, soll auch der Anteil der Luxusklasse steigen, um die Marge zu verbessern. Einer der Heilsbringer soll so beispielsweise der Geländewagen X7 werden.

Ob das BMW-Papier in den nächsten Monaten zum Heilsbringer der Aktionäre wird erscheint indes höchstfraglich. Auch wenn JP Morgan-Analyst Jose Asumendi angesichts der Herausforderungen von einem höchst-soliden Jahr spricht, sind eben jene Herausforderungen nicht zu missachten. Gut möglich, dass die Diskussionen um den Diesel und nicht zuletzt die um die Mobilität der Zukunft BMW an der Börse noch lange zu schaffen machen. Und dass man auch in diesem Jahr Daimler relativ deutlich die Spitzenposition im Premiumsegment überlassen muss, ist zumindest eine Warnung. BMW muss am Ende einen Spagat schaffen. Die Zukunft nämlich darf man nicht verschlafen, die Gegenwart allerdings auch nicht.