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Celesio: Gang nach Schweden wird gefeiert!

Nach der Schlappe im Mai im Zusammenhang mit dem Urteil, dass in Deutschland das Verbot von Apothekenketten zulässig ist, was dem Aktienkurs einen herben Dämpfer verpasste, scheinen die Investoren nun wieder Mut zu fassen. Offenbar können sie den jüngsten internationalen Expansionsvorhaben etwas Positives abgewinnen. Vielleicht werden damit auch Geschäftsmodell und Aussichten des Pharmagroßhändlers jetzt wieder besser beurteilt.

BÖRSE am Sonntag

 

Zuletzt hatten einige Analysten das Geschäftsmodell von Celesio infrage gestellt, angesichts des endgültigen Aus für eigene Apotheken in Deutschland. Nach jahrelangem Rechtsstreit der Tochter DocMorris mit den Apothekern entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass das bestehende deutsche Apothekengesetz zulässig ist. Nur Pharmazeuten mit Kammerzulassung dürfen somit Apotheken betreiben und maximal drei Filialen besitzen. Für Celesio war dies ein herber Dämpfer. Am Markt sprach man hier und da sogar von einer Fehlinvestition, hatte der Konzern 2007 die Versandapotheke DocMorris doch mehrheitlich (90%) für rund 200 Mio. Euro übernommenen, um damit eine eigene Kette in Deutschland aufziehen. Firmenchef Fritz Oesterle wollte von einer Fehlinvestition aber nichts wissen. Er sprach von einer strategisch richtigen Entscheidung und betonte, dass sich Europas größte Versandapotheke gut entwickelt.

Richtig Gas geben

Auch will er bei der Tochter nun offenbar anderweitig richtig Gas geben. Er kündigte an, neben dem Versandhandel auch die Markenpartnerschaft von DocMorris auszubauen. Bis 2011 soll es demnach 500 Apotheken mit DocMorris-Logo geben, derzeit sind es knapp 150. Dabei arbeitet das Unternehmen mit selbständigen Apothekern in einer Art Franchise-Modell zusammen. Dieses Konzept will Celesio auch außerhalb Deutschlands etablieren, und mit dem Einstieg in den irischen Markt Ende Mai startete ein Pilotprojekt für die Internationalisierung von DocMorris als Franchise-Marke oder als Marke für eigene Apotheken. Zudem wird die Tochter ihr Portfolio an Eigenmarken ausbauen, welche die Apotheken in ihr Sortiment nehmen könnten, wie frei verkäufliche Arzneimittel oder elektronische Diagnosegeräte. Für Euphorie sorgten diese Nachrichten aber allesamt nicht. Offenbar fehlt es an Fantasie und man stellte sich die Frage, wie Celesio nun weiter wachsen und die langfristigen Geschäftsziele erreichen will, wenn man im Heimatmarkt keine eigene Apothekenkette aufbauen darf.

Sprung nach Brasilien

Da nützte es auch nichts, dass Celesio das Ziel bekräftigte, im Jahr 2015 ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von mehr als 1 Mrd. Euro erwirtschaften zu wollen. Die jüngsten Nachrichten bezüglich der Pläne im bestehenden Pharmagroßhandel sowie neuen Geschäftsfeldern zu wachsen und dabei auch die Internationalisierung voranzutreiben, scheinen da schon auf größeres Echo zu stoßen. So wagte der Konzern in der Vorwoche mit dem Kauf eines Anteils von 54% am brasilianischen Pharmagroßhändler Panpharma erstmals den Sprung nach Übersee. Den Angaben zufolge ist die Firma mit einem Marktanteil von rund 17% und einem Umsatz von 1 Mrd. Euro größter Pharmahändler des Landes. Celesio hat zudem die Option für eine vollständige Übernahme zu einem späteren Zeitpunkt. Angaben zum Kaufpreis gab es nicht.

Eigene Apotheken aufbauen

Wenige Tage nach der Übernahme gab der Konzern in der vergangenen Woche nun bekannt, in Schweden einzusteigen. Wie der Vorstand erläuterte, nutzt man dort den Fall des Apothekenmonopols, um eine völlig neue Apothekenkette mit langfristig mehr als 100 Apotheken aufzubauen. Dabei entschied sich Celesio gegen den Kauf von staatlichen Apotheken, die derzeit privatisiert werden. Stattdessen will der Konzern die Erfahrungen aus Norwegen nutzen und schrittweise die Präsenz erweitern. Eine Strategie, die das geringste Startkapital erfordert. Mehrere Verträge für künftige Standorte sind bereits unterschrieben, hieß es. Die ersten Apotheken sollen eröffnet werden, sobald die Zustimmung der schwedischen Pharma-Regulierungsbehörde erfolgt ist.

Agenda 2015

Der Markteintritt in Schweden ist Teil der sogenannten Agenda 2015, mit der Celesio durch die Erschließung neuer Märkte die Abhängigkeit des EBITDA vom britischen Pfund von derzeit 48% auf 30% bis 40% reduzieren will. In Großbritannien ist der Konzern mit eigenen Apotheken und im Pharmagroßhandel stark präsent. Gemessen am Umsatz ist es der drittgrößte Markt hinter Frankreich und Deutschland. Die britische Währung wertete 2008 massiv ab und belastete die Ergebnisse. Hinzu kamen andere Sondereffekte, wie staatliche Maßnahmen in einigen Ländern, um die Kosten des Gesundheitswesens zu drücken, was dazu führte, dass der Konzern 2008 zum ersten Mal nach 21 Jahren Rückgänge bei Umsatz und Ertrag verbuchen musste. Der Umsatz schrumpfte um 2,3% auf 21,83 Mrd. Euro. Das EBITDA verringerte sich um 22% auf 657,3 Mio. Euro. Unter dem Strich fiel wegen hoher außerplanmäßiger Abschreibungen auf Geschäfts- oder Firmenwerte sogar ein Verlust von 18,5 Mio. Euro an, nach 435,4 Mio. Euro Gewinn im Vorjahr. Um die Abschreibungen bereinigt sank der Profit um 38,3% auf 268,5 Mio. Euro.

Fazit :

Nach 2008 dürfte auch 2009 schwierig werden. Allerdings sollte Celesio langfristig vom Wachstum des Pharma- und Gesundheitsmarktes profitieren. Gründe dafür sind eine immer älter werdende Bevölkerung, steigende Einkommen in Osteuropa und den Entwicklungsländern sowie neue Produkte. Die sich bietenden Chancen will man dabei auch durch die Wandlung vom Händler zum integrierten Handels- und Dienstleistungskonzern nutzen. Künftig soll dabei auch das EBITDA ausgewogener über die drei Geschäftsbereiche Pharmagroßhandel, Apotheken und Manufacturer Solutions (Logistik, Marketing, Vertrieb und andere Dienstleistungen) verteilt werden. Während Letztere 2008 rund 3% zum EBITDA beisteuerten, sollen es 2015 rund 15% sein. Gleichzeitig will Celesio die Abhängigkeit von staatlich regulierten Vergütungen von 62% (2008) auf 50% bis 60% senken. An der Börse scheinen die Geschäftsaussichten mit dem Einstieg in den schwedischen Apothekenmarkt nun wieder besser beurteilt zu werden. Das Vorhaben in Schweden scheint zudem gut finanzierbar und sollte daher die Sorgen vor möglichen Kapitalmaßnahmen dämpfen. Eventuell kommt der Aktienkurs daher nun nachhaltig in Schwung. Aus charttechnischer Sicht gäbe es zunächst Spielraum bis in den Bereich von 20,00 Euro. Kann diese Hürde geknackt und auch die aktuell bei etwa 22,30 Euro verlaufene langfristige Abwärtstrendlinie überwunden werden, wäre dies zudem mittelfristig bullisch. Soweit ist es zwar noch nicht, erste spekulative Käufe könnten angesichts des jüngst zunehmenden Interesses aber bereits jetzt in Erwägung gezogen werden.