Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

Börsenstart bei Covestro – holprig, aber geglückt

Es ist geschafft. Covestro ist nun an der Börse. Trotz vieler Hürden ist der Börsenstart geglückt und auch das Risiko in den Auslandsmärkten trübt die positiven Zukunftsaussichten nicht. Als Bonus wird sogar um die Aufnahme in den DAX spekuliert.

BÖRSE am Sonntag

Es ist geschafft, Covestro ist nun an der Börse. Trotz vieler Hürden ist der Börsenstart geglückt und auch das Risiko in den Auslandsmärkten trübt die positiven Zukunftsaussichten nicht. Als Bonus wird sogar um die Aufnahme in den DAX spekuliert.

Bayers Unternehmenstochter ist der Start auf das Börsenparkett geglückt. Am Dienstag, 6. Oktober 2015, war es soweit. Beinahe ist dieses Datum historisch zu nenne, denn dies ist der größte deutsche Börsengang seit 2000. Zum Handelsbeginn legte die Aktie kräftig zu und steigerte ihren Kurs von 24 auf 26,50 Euro.

Der Handelsstart war überraschend gut, denn zunächst schien alles gar nicht so glatt zu verlaufen. Nicht nur die schwächelnde chinesische Wirtschaft machte dem Unternehmen zu schaffen, sondern auch die Volkswagens manipulierten Abgastests sorgten für schlechte Stimmung an der Börse - branchenübergreifend. „Das Marktumfeld ist gegen uns gelaufen“ beschrieb Covestro Finanzchef Frank Lutz die mäßige Lage an der Börse. Am vorherigen Donnerstag hatte Bayer den Start wegen fehlender Nachfrage verschoben, danach sind die Leverkusener den Anlegern beim Preis deutlich entgegengekommen. Ein Preis von 35,50 Euro pro Anteil war zunächst geplant, das wurde auf 24 Euro korrigiert.

Beim Erlös des Börsengangs musste Bayer anstatt erhofften 2,5 mit 1,5 Milliarden Euro zufrieden seinn. Der Start war demnach etwas holprig, ist aber letztendlich geglückt, was auch Covestro Chef Patrick Thomas selbstbewusst sprechen lässt: „Wir sind stolz, jetzt ein börsennotiertes Unternehmen zu sein.“ Und das ist wirklich ein großer Erfolg, denn das Klima für Börsengänge ist derzeit sehr schlecht. Auch der Autozulieferer Schäffler musste seine Pläne abspecken und den Börsengang verschieben. Einen negativen Börsengang hingegen hat der Online Marktplatz Scout 24 hingelegt, die Aktie notierte unter dem Ausgabepreis von 30 Euro.

Der Börsengang ist Teil eines großangelegten Umbaus bei Bayer. Vor der Eigenständigkeit war Covestro als „Material Science“ ein wesentlicher Baustein in einem der drei Teilbereiche des Konzerns. Nun ist Bayer ein reines Life-Science-Unternehmen, das fortan nur noch aus den Sparten „Health Care“ (Gesundheit) und „Crop Science“ (Pflanzenschutz) besteht. Obwohl Covestro auf dem Papier nun ein eigenständiges Unternehmen ist, hat die Bayer Aktiengesellschaft mit rund 70 Prozent die Mehrheit des Unternehmens.

Covestro selber besteht im Kern aus drei Segmenten. Zum einen werden Polyurethane produziert, die etwa für Fassadendämmung, in Kühlgeräten, Matratzen oder Polstermöbeln eingesetzt werden. Sodann gibt es eine Polycarbonat-Produktion, die die Grundstoffe zum Beispiel für CD-Hüllen, Brillengläser, Autokarosserien oder Sportgeräten liefert. Im dritten Segment (CAS) stellt der Konzern Inhaltsstoffe für Farben, Klebstoffe und Spezialprodukte her. Und diese Geschäfte laufen gut. Die damalige „Material-Science“-Sparte von Bayer konnte ihr Ergebnis im zweiten Quartal beeindruckend um nahezu 90 Prozent steigern. Im Jahr 2014 machte das einen Umsatz von 11,651 Milliarden Euro. Covestro ist somit der viertgrößte Chemiekonzern Europas.

Auch die Marktkapitalisierung von 5,4 Milliarden und eine Mitarbeiterzahl von 15.700 ist fast auf DAX-Niveau. Genau hier liegen auch das große Ziel und Hoffnung des noch frischen Unternehmens. Denn eine Aufnahme in den größten Deutschen Aktienindex würde Anleger erfreuen. Viele Institutionelle Investoren und Index Fonds würden dann einsteigen und den Kurs in die Höhe treiben. Börsenexperten sehen die Aufnahme als durchaus wahrscheinlich.

Bemerkenswert ist der Stil, den der Vorstand von Covestro pflegt. Das Modell „Lanxess“ soll es nicht geben. Während Lanxess von Beginn an auf Abgrenzung aus war und zum Beispiel die Zentrale nach Köln verlegte, setzt Covestro bewusst auf die Tradition des Bayer-Konzerns. „Wir sind stolz auf unsere Mutter, aber jetzt ist es an der Zeit, auf eigenen Füßen zu stehen“ hatte Patrick Thomas schon vor einigen Monaten betont.

Obwohl das Geschäft in den letzten Jahren durchaus erfolgreich war, gibt es große Risikofaktoren für Anleger. Vor allem die ausländischen Märkte sind in diesem Zusammenhang zu nennen, allen voran China. Rund 15 Prozent des Covestro-Umsatzes, das sind also knapp zwei Milliarden Euro, wird im Reich der Mitte erwirtschaftet, und das ist aufgrund der undurchsichtigen und momentan negativen Wirtschaftslage durchaus eine große Unsicherheit.

Viele Analysten sehen aber einen großen Vorteil darin, dass anders als zuvor bei Bayer das Management direkt am Erfolg beteiligt werden kann. Dadurch werden Anreize geschaffen, die sich – auch für Anleger! – positiv auswirken könnten, wenn der Aktienkurs durch gute Geschäfte steigt.

Der neue Leverkusener Chemiegigant Covestro hat sich einen sehr ungünstigen Zeitpunkt für den Börsengang ausgesucht und musste deshalb die hohen Erwartungen etwas reduzieren. Umso bemerkenswerter ist es, dass der Start trotzdem, augenscheinlich mit einer positiven Überraschung, geglückt ist. Dies ist aber bei genauem Hinsehen das Ergebnis jahrelanger seriöser Arbeit. Mit der Option auf den DAX-Eintritt erhoffen sich Anleger noch größere Kurssprünge, und sie sind mit dieser Erwartung keinesfalls träumerisch unterwegs. Der Anfang ist trotz Stolperstart geglückt. Die Bahn ist frei, um Covestro auf den langen Weg zu hohen und erwünschten Zielen zu bringen. VAL