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Endlich wieder Börsenluft bei Rocket Internet?

Kann Rocket Internet die Börsenwelt in Zukunft vielleicht doch noch rocken? Die jüngsten Zahlen zu ausgewählten Start-Up-Beteiligungen stimmen positiv. Die Fehlbeträge gehen zurück, die Umsätze steigen. Das Rocket-Papier könnte wieder einen Kauf wert sein. Der kluge Anleger aber sollte vorsichtig sein: Der Berliner Start-Up-Konzern macht immer noch hohe Verluste. Und allmählich läuft Gründer und CEO Oliver Samwer die Zeit davon.

BÖRSE am Sonntag

Kann Rocket Internet die Börsenwelt in Zukunft vielleicht doch noch rocken? Die jüngsten Zahlen zu ausgewählten Start-Up-Beteiligungen stimmen positiv. Die Fehlbeträge gehen zurück, die Umsätze steigen. Das Rocket-Papier könnte wieder einen Kauf wert sein. Der kluge Anleger aber sollte vorsichtig sein: Der Berliner Start-Up-Konzern macht immer noch hohe Verluste. Und allmählich läuft Gründer und CEO Oliver Samwer die Zeit davon.

In der näheren Vergangenheit hielten sich die positiven Meldungen um die Start-Up-Schmiede Rocket Internet mehrheitlich in Grenzen. Immer wieder aufs Neue mussten Samwer und Co. ihre Strategie gegenüber Anlegern und Aktionären rechtfertigen. Die Umsätze waren zwar kontinuierlich angestiegen, damit einhergehend aber auch die Verluste. Im vergangenen Jahr steigerten die Berliner jene um 198 Millionen auf 741 Millionen Euro. Die vielen Zukäufe und Beteiligungen an Start-Ups aus den verschiedensten Branchen und die daran anschließenden Investitionen, kosteten und kosten viel Geld. Und viele funktionieren bis heute mehr schlecht als recht.

Kein Wunder also, dass es für Rocket Internet auch an der Börse nicht wirklich funktionieren will. Auf die anfängliche Euphorie kurz nach dem Börsengang folgte ein kontinuierlicher Kursabsturz. Stand im November 2014 noch ein Kurs von über 56 Euro pro Anteilsschein zu Buche, war die Rocket-Aktie Anfang April 2017 nur noch knapp 16 Euro wert. Anschließend erholte sich das Papier zwar wieder und besitzt nun einen Wert von 21,28 Euro, das ist aber immer noch niedrig und kann sowohl den Ansprüchen der Rocket-Gründer als auch denen von Anlegern und Aktionären nicht genügen. Vor allem im Vergleich mit den Kurssprüngen der amerikanischen Tech-Aktien ist die Entwicklung des Rocket-Papiers miserabel.

Dagegen sind die nun veröffentlichten Zahlen für das erste Quartal 2017 als überraschend positiv zu bewerten. Sie bringen der Internet-Firma die dringend benötigte frische Luft zum Atmen. In Bezug auf seine fünf wesentlichen Beteiligungen, zu denen der Kochboxenanbieter „Hellofresh“, das Afrika-Portal „Jumia“, die Online-Möbelhändler „Westwing“ und „Home 24“ wie auch die Modeversandgruppe „Global Fashion Group“ gehören, konnte Rocket den Verlust um 20 Millionen auf zirka 100 Millionen Euro eindämmen. Der Umsatz jener stieg um 28 Prozent auf 617 Millionen Euro. Die bereinigte Ebitda-Marge legte im Durchschnitt um acht Prozent zu und war in der Folge nur noch mit knapp 15 Prozent im Minus. Insgesamt reduzierte das deutsche Tech-Unternehmen seinen Verlust im ersten Quartal 2017  auf 86 Millionen Euro. In den ersten drei Monaten des Vorjahres hatte man noch ein Minus von 342 Millionen Euro ausweisen müssen.

Vor allem das Online-Geschäft mit Lebensmitteln läuft immer besser. „Hello Fresh“ konnte seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um fast 50 Prozent auf 205 Millionen Euro steigern. Demgegenüber steht ein Verlust von 29,6 Millionen Euro, welcher sich im Vorjahresvergleich aber nur geringfügig um 2,3 Millionen Euro erhöht hat. Und auch die „Global Fashion Group“ zeigt sich, was ihre Zahlen betrifft, verbessert. Die Erlöse kletterten von 197 Millionen auf 265 Millionen Euro, den operativen Verlust konnte man von 46,5 Millionen auf 33,2 Millionen Euro drücken.

„Wir sind davon überzeugt, dass unsere ausgewählten Unternehmen in diesem Jahr weitere Fortschritte auf dem Weg in Richtung Profitabilität verzeichnen und in nachhaltiges Wachstum investieren werden“, sagte Vorstandschef Samwer. Damit einhergehend sollen drei der fünf genannten Beteiligungen bis zum Jahresende profitabel gemacht werden. Das zumindest gab Finanzchef Peter Kimpel als Ziel vor. „Hello Fresh“ und der ebenfalls im Lebensmittelgeschäft beheimatete Lieferdienst „Delivery Hero“, an denen Rocket Internet mit 53 Prozent beziehungsweise 37 Prozent beteiligt ist, könnten sogar noch in diesem Sommer den Sprung an die Börse schaffen. „Delivery Hero“ konnte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 79 Prozent auf 297 Millionen Euro steigern.

Das sind alles in allem erfreuliche Nachrichten. Das Problem ist nur: Die Verluste sind immer noch hoch. Und selbst wenn daraus irgendwann einmal Gewinne werden, erscheint es fraglich ob diese ausreichen, um Rocket Internet in Zukunft zu einem konstant profitabel wirtschaftenden Konzern zu machen. Einer der Grundsätze von Star-Investor Warren Buffett war und ist: Man sollte das Geschäftsmodell der Firma kapieren, in die man investieren will. Was die Berliner wollen, ist schnell klar: In Start-Ups investieren, diese groß und erfolgreich machen und im Anschluss durch die Beteiligungen daran profitieren. Doch wie man damit langfristig Gewinne erzielen möchte, ist mehr als unklar.

Analysten raten immerhin größtenteils zum Kauf. Das dürfte aber auch daran liegen, dass die Aktie derzeit günstig bewertet ist und man im Zuge des andauernden Tech-Hypes auf eine kurzfristige Erholung oder sogar einen zwischenzeitlichen Ausbruch des Papiers hofft. Langfristig gesehen ist der Aktie von Rocket Internet dagegen nur wenig abzugewinnen. Zu risikoreich und undurchsichtig erscheint die Unternehmensstrategie, zu gut laufen die Aktien der großen Konkurrenten aus den USA. Wieso also ausgerechnet bei Rocket zuschlagen? Es fehlen die handfesten Argumente. OG