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Gerresheimer - Kurseinbruch gerechtfertigt?

Die Aktie des Spezialglas- und Kunststoffherstellers hielt sich in den vergangenen zwei Monaten eigentlich recht wacker. In der Vorwoche gab es zudem gute Nachrichten. Das Unternehmen soll am 22. Dezember in den MDAX aufsteigen. Daneben bekräftigte der Vorstand die Prognose für das abgelaufene Geschäftsjahr 2007/08 (bis Ende November) und sieht sich auch im nächsten Jahr auf Wachstumskurs, wenngleich hier ein kleiner Dämpfer erwartet wird. Offenbar glauben einige Analysten jedoch, dass es um die Gesellschaft weitaus schlimmer bestellt ist und so gab es jüngst einige negative Kommentare. Sie dürften mit zu den kräftigen Verlusten in der vergangenen Woche beigetragen haben.

BÖRSE am Sonntag

Die Frage ist nun, ob es tatsächlich so düster aussieht und damit die Abschläge gerechtfertigt sind oder ob der jüngste Kurseinbruch lediglich eine Übertreibung war? Gerresheimer selbst bekräftigte am Mittwoch noch einmal seine zuletzt abgegebene Prognose für das im November beendete Geschäftsjahr 2007/08. Der Umsatz soll demnach um 9% bis 11% auf 1,04 bis 1,06 Mrd. Euro gestiegen sein. Bei der Marge auf Basis des bereinigten Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) geht das Unternehmen nach wie vor von etwa 19,5% aus.

Verlust wegen Abschreibungen

Ein kleiner Wermutstropfen ist vielleicht, dass der Konzern unter dem Strich einen Verlust einfahren wird. Grund dafür ist der beschlossene Verkauf des Geschäfts mit technischen Kunststoffen für die Autoindustrie, für den das Unternehmen vorsorglich 33 Mio. Euro abgeschrieben hat. Ein Verkauf der Sparte könnte zwar angesichts der angespannten Situation an den Finanzmärkten schwieriger werden, der Vorstand betonte jedoch: „Wenn ein Verkauf in der jetzigen Situation scheitert, verbrennen wir damit trotzdem kein Cash“. Nach den ursprünglichen Planungen soll der Verkauf im ersten Quartal 2009 über die Bühne gehen. Mit einer erfolgreichen Transaktion würde der Hersteller von Spezialprodukten aus Glas und Kunststoff seine Neuausrichtung abschließen.

Spezialist für Glas und Kunststoff

Spezialist für Glas und KunststoffGerresheimer fokussiert sich vorwiegend auf die Pharma- & Life-Science-Industrie und hat sich dabei in den vergangenen Jahren durch organisches Wachstum, aber auch durch Zukäufe insbesondere im Pharmasegment eine starke Marktposition erarbeitet. Der Konzern entwickelt und produziert Spezialprodukte aus Glas und Kunststoff, wobei sich das vielfältig differenzierte Sortiment von Arzneimittelfläschchen bis zu komplexen sogenannten Drug-Delivery-Systemen erstreckt. Dazu zählen Sterilspritzen, Inhalatoren und an- dere Systeme für eine sichere Dosierung und Applikation von Medikamenten. Parallel dazu liefert das Unternehmen zahlreiche Produkte für die Diagnostik sowie die Medizintechnik, beispielweise Stechhilfen und Lanzetten für das Diabetes-Monitoring und Komponenten für verschiedene Analysesysteme. Hinzu kommt ein breites Spektrum von Spezialprodukten für den Einsatz in wissenschaftlichen und analytischen Laboratorien. Neben der Pharmaindustrie entwickelt und fertigt die Gesellschaft für Kosmetik-, Nahrungsmittel- und Getränkehersteller Glas- und Kunststoffbehälter.

Kundenspezifische Produkte

Eigenen Angaben zufolge liegt die besondere Stärke des Konzerns darin, dass er einerseits kundenspezifische Produkte und Systeme entwickeln und anderseits ein Full-Service-Projektgeschäft anbieten kann. Mit der kombinierten Kompetenz für Glas sowie für Kunststoffe ist Gerresheimer dabei in der Lage, auch werkstoffübergreifende Systemlösungen komplett zu entwickeln und zu realisieren. In der Regel sind die Spezialprodukte für die Pharmazie fester Bestandteil der Zulassung von Arzneimitteln. Gerresheimer erfüllt dabei die von den maßgeblichen Aufsichtsbehörden auferlegten regulativen Standards und arbeitet auch im Rahmen der Zulassungen eng mit den Kunden zusammen. Die starke Positionierung in Märkten, die durch hohe technische und regulatorische Barrieren gekennzeichnet sind, ist ein Pluspunkt. Daneben ist der Konzern vergleichsweise unabhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung durch den vorwiegenden Fokus auf die Pharmaindustrie, die auch in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld zulegen dürfte, und sollte auch künftig weiter wachsen.

Spekulativer Kauf

Auch das Unternehmen selbst bekräftigte jüngst noch einmal das Ziel, im laufenden Geschäftsjahr 2008/09 weiter zulegen zu wollen. Zwar wird es laut den in der Vorwoche gemachten Aussagen von Firmenlenker Axel Herberg einen kleinen Dämpfer geben und das Umsatzplus 2008/09 etwas geringer ausfallen als im Vorjahr, er rechnet aber nur für das erste Halbjahr mit einer schwächeren Nachfrage. Offenbar scheint die Lage, glaubt man den Aussagen vom Vorstand, also nicht sonderlich prekär. Einige Analysten sind indes skeptischer, so war die Rede davon, dass die kurzfristigen Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftslage auf Gerresheimer unterschätzt würden. Der Markt scheint diese Meinung zu teilen, angesichts des kräftigen Einbruchs in der vergangenen Woche. Dieser ist unserer Meinung nach jedoch übertrieben und bietet nun vielleicht eine gute Gelegenheit für Käufe. Womöglich sind nun selbst die schlimmsten Befürchtungen eingepreist. Entsprechend könnten jetzt bei knapp unter 16,70 Euro abgesicherte spekulative Long-Investitionen in Erwägung gezogen werden. Allerdings wäre ein solches Investment sehr spekulativer Natur, dem entsprechend nur mit einer kleinen Positionsgröße und einer dem eigenen Risiko adäquaten Absicherungsstrategie Rechnung getragen werden sollte. Als Kursziel für einen spekulativen Kauf könnte die Marke von 22 Euro angesehen werden.