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Singulus: Trotzreaktion oder berechtigte Hoffnung?

Die Aktie des Spezialmaschinenbauers fliegt zum 21. September aus dem TecDAX. In der Regel zieht ein solches Ausscheiden sinkende Kurse nach sich. Nicht so bei Singulus, deren Aktien in der vergangenen Woche förmlich nach oben katapultiert wurden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dies eine Trotzreaktion war oder ob vielleicht doch berechtigte Hoffnung auf weiter steigende Notierungen besteht?

BÖRSE am Sonntag

Treibende Kraft für den jüngsten Aufwärtsimpuls scheinen die Aussagen vom derzeitigen Firmenchef Roland Lacher zu sein. Eigentlich 2007 in den Ruhestand gegangen, kehrte der Gründer jüngst interimsweise wieder in die Konzernführung zurück. Er übernahm das Ruder von Stefan A. Baustert, der im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat Ende August aus der Gesellschaft ausschied. Während seiner Amtszeit seit November 2007 hatte er offenbar wenig erfolgreich agiert und als Kaufmann vor allem auf Einsparungen gesetzt. Singulus brauchte jedoch wieder einen Ingenieur an der Spitze, wie es aus dem Unternehmen hieß. Mit Dr.- Ing. Stefan Rinck ist auch bereits einer gefunden, der Lacher ablöst, wenn dieser am 1. April 2010 wieder in den Aufsichtsrat zurückkehrt. Wie es hieß, ist der Aufsichtsrat davon überzeugt, dass Singulus mit diesen Veränderungen in der Führung sehr kurzfristig zu Stabilität und Kontinuität zurückfinden wird, um die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

2010 wieder mit Gewinn

In einem Interview erläuterte Roland Lacher jüngst zudem, dass er bereits im nächsten Jahr unter dem Strich wieder schwarze Zahlen erwartet. Nach dem dicken Minus von 49,3 Mio. Euro im Vorjahr und einem Verlust von 13,9 Mio. Euro in den ersten sechs Monaten 2009 wird auch für das Gesamtjahr ein deutlicher Fehlbetrag erwartet. Die Anpassung der Produktionskapazitäten, wozu auch Stellenstreichungen gehörten, was zu Restrukturierungskosten von einmalig etwa 7 Mio. Euro führte, sollen aber 2010 zu Einsparungen von 11 bis 12 Mio. Euro führen und damit neben einer Belebung des Geschäfts helfen, in die Gewinnzone zurückzukehren. Sollte dies gelingen, hätte nach Ansicht des Vorstandes auch die Aktie wieder Chancen auf eine Rückkehr in den Tec- DAX. Dies kam an bei den Investoren.

Hoffnung „Blu-ray“

Für diejenigen, die den Verfall des Aktienkurses in den vergangenen Jahren mit ansehen mussten, ist das jüngste Aufbäumen aber sicher nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das Allzeithoch von Juli 2000 von 76 Euro ist nach wie vor weit entfernt, auch wenn sich der Kurs von dem im März dieses Jahres markierten Allzeittief von 1,75 Euro wieder etwas erholt hat. Der derzeit amtierende Firmenlenker machte aber auch mit Blick auf die erwartete Geschäftsentwicklung Mut. Die Hoffnungen liegen auf dem DVDNachfolger „Blu-ray“, für das der Konzern Produktionsmaschinen herstellt. Er rechnet im nächsten Jahr mit einem spürbaren Anstieg der Bestellungen und geht von 30 bis 35 ausgelieferten Maschinen aus, nach etwa 20 im laufenden Jahr. Der eigenen Angaben zufolge zweitgrößte Hersteller von Anlagen für optische Speichermedien will dazu auch Marktführer Sony als Kunden gewinnen. Daneben will der Konzern das Geschäft mit Anlagen zur Solarzellenproduktion forcieren. Alles zusammen Bemühungen, die zum erklärten Ziel passen, Singulus wieder auf einen Wachstumskurs zurückzuführen und damit an die früheren Erfolge anzuknüpfen.

Formatstreit

Entstanden 1995 durch ein Management- Buy-out aus der Leybold AG, entwickelte sich Singulus durch technische Innovationen und Zukäufe binnen weniger Jahre zum weltweit führenden Komplettanbieter für Maschinen zur Herstellung von optischen Datenträgern. Dazu gehörten zunächst die CD und später die DVD. Heute setzt das Unternehmen auf das Format der dritten Generation namens „Blu-ray“, das sich nun offenbar als Standard für Filme in High-Definition-Auflösung etabliert hat. Bereits 2005 mit der Auslieferung an erste Großkunden begonnen, ließ der Durchbruch aber auf sich warten. Zwar war Singulus auch für das Konkurrenzformat „HD-DVD“ gerüstet und hatte entsprechende Maschinen in petto, der mehrjährige Formatstreit und die Unsicherheit, welches Format sich schließlich durchsetzen würde, sorgte bei den Herstellern von optischen Speichermedien jedoch für Zurückhaltung beim Kauf neuer Maschinen. Zusammen mit der bereits nachlassenden Nachfrage nach Produktionsanlagen für die bislang gängigen Formate sorgte dies für rückläufige Ergebnisse. Nachdem 2004 mit 439,5 Mio. Euro der bisher höchste Umsatz erzielt wurde, waren es ein Jahr später weniger als 250 Mio. Euro. Zuletzt gesellte sich die weltweite Wirtschaftskrise hinzu und 2008 nahm Singulus 212,1 Mio. Euro ein. Zudem gab es 2008 große Verluste. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erreichte minus 46,2 Mio. Euro. Unter dem Strich waren es 49,3 Mio. Euro Miese.

Fokus auf Optical Disc und Solar

Das dicke Minus resultierte aber in erster Linie aus Sonderabschreibungen und Restrukturierungskosten von insgesamt 48,2 Mio. Euro. Singulus war es in den vergangenen Jahren nur bedingt gelungen, mit der eigenen Beschichtungstechnologie in andere Segmente vorzudringen. So ging die Rechnung nicht auf, sich im Bereich der Halbleiter- und Festplattenspeicherindustrie als Lieferant von speziellen Beschichtungsanlagen oder in alternativen Bereichen wie Brillenglas-Beschichtungsanlagen zu etablieren. Daher zog der Vorstand im September 2008 einen Schlussstrich unter diese Aktivitäten und kündigte an, sich künftig auf die Geschäftsfelder Optical Disc und Solar auszurichten. In Letzterem will sich Singulus vom wachsenden Photovoltaikmarkt eine Scheibe abschneiden. 2007 erwarb man dazu 51% der Geschäftsanteile an der STANGL Semiconductor Equipment AG, deren Produktpalette auf verschiedenen nasschemischen Prozessen für Silizium- und Dünnschichtsolarzellen fußt. Neben der Ausweitung dieser bereits im Markt etablierten Systeme verfügt Singulus eigenen Angaben zufolge über das nötige Know-how bei Vakuum-Beschichtungstechnologien und in der Automatisierung, um komplexe Maschinen für neuartige Zellkonzepte zu entwickeln und kostengünstig zu fertigen. 2008 entwickelte die Gesellschaft eine Maschine zum Beschichten von Siliziumsolarzellen namens SINGULAR, deren Einführung für das zweite Halbjahr 2009 vorgesehen ist. In den nächsten Jahren will der Konzern dann weitere Prozessschritte bei der Herstellung von Solarzellen durch eigene neu entwickelte Maschinen abdecken und so die Wertschöpfung im eigenen Solarbereich erweitern.

Fazit:

Das jüngste Aufbäumen des Aktienkurses spricht für zunehmende Hoffnung, dass Singulus mit der Fokussierung auf die beiden Bereiche Optical Disc und Solar wieder auf einen profitablen Wachstumskurs zurückkehren kann. Um diese Zuversicht zu bewahren, muss die Rechnung mit dem Format „Blu-ray“ aufgehen. Weitere Aufträge in diesem Bereich würden dabei die Erwartung untermauern, dass sich dieses nun tatsächlich etabliert hat. Dies sollte sich schließlich auch in barer Münze auszahlen, wird dem Markt für „Blu-ray“ doch rasantes Wachstum beschieden. Laut Singulus schreitet die Marktdurchdringung von „Blu-ray“ in den USA und Europa wesentlich schneller voran als ursprünglich erwartet. Dabei ist die Nachfrage fast doppelt so hoch wie die für DVD bei ihrer Einführung in den Jahren 1997 bis 1999. Für Investoren, die daran glauben, dass Singulus nun wieder zu einem profitablen Wachstum zurückkehrt, könnte die Aktie somit ein spekulativer Kauf sein.