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Der neue Börsenliebling: Xing

Der Aktienkurs des Karrierenetzwerk-Betreibers bricht alle Rekorde. Burda profitiert als Mehrheitsaktionär am meisten. Der Titel ist im Vergleich zum US-Konkurrenten LinkedIn immer noch günstig bewertet.

BÖRSE am Sonntag

Der Aktienkurs des Karrierenetzwerk-Betreibers bricht alle Rekorde. Burda profitiert als Mehrheitsaktionär am meisten. Der Titel ist im Vergleich zum US-Konkurrenten LinkedIn immer noch günstig bewertet.

Xing bedeutet auf Chinesisch soviel wie „es funktioniert“ oder „es klappt“. Auch wenn das IT-Unternehmen aus Hamburg kommt und nicht aus Hongkong, die Übersetzung bringt die jüngste Performance an der Börse der im TecDAX notierten Karriere-Netzwerker auf den Punkt. Zu Jahresbeginn stand die Aktie bei 94 Euro. Bis Mitte März kletterte der Kurs des Sozialen-Netzwerk-Titels auf 160 Euro. Das ergibt einen mächtigen Kursanstieg von 70 Prozent. Kurssprünge wie diese erinnern an die Ära des Neuen Marktes vor der Jahrtausendwende, als IT- und Technik-Werte gekauft wurden, was das Zeug hielt. Dies ist aber längst Geschichte. Was macht nun Xing in diesem Jahr so begehrt?

Die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) trieb zwar generell die Aktienmärkte – aber die liquiditätsgetriebenen Hausse allein kann nicht die Erklärung für die unglaubliche Xing-Rallye sein. Zum Vergleich: Der DAX verbesserte sich im gleichen Zeitraum „nur“ um 20 Prozent.

Xing liegt im Trend

Ein wesentlicher Grund für den Aktienboom des deutschen Karrierenetzwerk-Betreibers ist der allgemeine weltweite Hype um die Sozialen Netzwerke. Facebook, WhatsApp, LinkedIn Instagram – allein die wachsende Popularität der Marktakteure versetzt Anleger in Euphorie. In der Hoffnung, dass dies erst der Anfang der Erfolgsgeschichte des Community-Geschäftsmodells ist. Xing wurde in den vergangenen Jahren oftmals als Facebook-Abklatsch belächelt. Analysten waren sehr skeptisch, vor allem weil dem direkten US-Konkurrenten LinkedIn größeres Potenzial zugetraut wurde, den europäischen Markt zu erobern. Damit lagen die Experten allerdings daneben. Xing hat sich behauptet sich und liegt immer noch vorne. Das Netzwerk aus Hamburg hat rund acht Millionen Mitglieder in Deutschland, Österreich und der Schweiz, bei LinkedIn sind es etwa sechs Millionen.

Im Gegensatz zu Xing macht LinkedIn den Großteil seines Umsatzes mit Angeboten an Unternehmen. Gegen Bezahlung können Firmen auf der Plattform beispielsweise spezielle Werkzeuge nutzen, um neue Mitarbeiter zu finden. Außerdem schalten sie Anzeigen für Produkte oder Dienstleistungen sowie Stellenanzeigen. Bei Xing stammen die Erlöse vorwiegend aus den Beiträgen der Premiummitglieder. Andererseits fungiert Xing auch als Jobvermittler. So bezahlen Firmen Geld, um über Xing Talente zu finden. Zumindest im deutschsprachigen Raum deutet vieles darauf hin, dass Xing auch weiterhin vor LinkedIn liegen wird, da sich Personalchefs und Headhunter immer zuerst bei Xing nach neuen Mitarbeitern umsehen.

Von Analysten unterschätzt

Dadurch dass Xing in den vergangenen Jahren von den Analysten offenbar unterschätzt wurde, gelten die Aktien als unterbewertet. Dafür spricht auch eine fundamentale Kennzahl: das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Das KGV ergibt sich, indem man den Aktienkurs durch den erzielten oder den zu erwarteten Gewinn pro Aktie teilt. Das Verhältnis besagt somit, wie oft der Gewinn im aktuellen Kurs einer Aktie enthalten ist. Je höher das KGV, desto höher ist die Aktie bewertet. Für Anleger heißt das: Je niedriger das KGV, desto mehr Aufwärtspotenzial hat die Aktie.

Im Vergleich zum US-Konkurrenten LinkedIn ist die Xing-Aktie mit einem 2015er-KGV von 47 und einem erwarteten 2016er-KGV 38 weitaus günstiger. LinkedIn kommt auf aktuellem Kursniveau immerhin auf ein 2015er-KGV von 95, das 2016 auf 64 sinken dürfte. Die hohe Bewertung des LinkedIn-Titels resultiert auch aus der starken Wertentwicklung. In den vergangenen zwölf Monaten machte das LinkedIn-Papier ein Plus von rund 75 Prozent. Bei Xing waren es im gleichen Zeitraum plus 66 Prozent.

Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite: Burda Verlag der größte Profiteur/Kursziel angehoben

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Größter Profiteur der Xing-Rallye ist der Burda Verlag, der vor rund zwei Jahren über seine Digitaltochter die Mehrheit an Xing für kolportierte 44 Euro pro Aktie übernahm. Auch nach kleinen Veräußerungen hält Burda Digital weiter rund 53 Prozent an Xing. Bereits Ende 2009 hatte Burda 25,1 Prozent der Xing-Aktien gekauft und wurde damit Hauptaktionär. Für Xing-Gründer Lars Hinrichs war die frühe Veräußerung nicht die beste Investmententscheidung. Sein 25-Prozent-Anteil, für den Hinrichs damals 48 Millionen Euro erlöste, wäre heute 222 Millionen Euro wert.

Immer wieder kursieren Gerüchte, dass LinkedIn an der Übernahme des deutschen Konkurrenten interessiert ist. LinkedIn, so die Experten, könnten Xing aus der Portokasse bezahlen. Der Übernahme müsste allerdings Großaktionär Burda zustimmen, was angesichts des massiven Gewinns, den Burda mit dem Verkauf seiner Anteile erzielen würde, durchaus denkbar ist. Andererseits müsste sich LinkedIn beeilen. Wenn die Bergtour der Hamburger so weitergeht, wird auch die Xing-Aktie nicht mehr als „Schnäppchen“ zu haben sein. Möglicherweise ist den Amerikanern nach der jüngsten Xing-Kursrallye die
Übernahme bereits jetzt zu teuer.

Kursziele angehoben

Die Analysten jedenfalls haben die Karrierenetzwerker aus Hamburg inzwischen auf dem Kurszettel. Die Commerzbank hob das Kursziel für Xing von 120 auf 160 Euro an. Und das war am 5. März, da notierte das Papier noch bei 132 Euro. Nach Ansicht der Commerzbanker hält der Aktienkurs mit der Beschleunigung des Wachstums mit. Die Umsatzdynamik im vierten Quartal habe beeindruckt und stimme mit Blick auf die Ziele für 2016 ausgesprochen zuversichtlich. Der Gesamtumsatz für 2014 stieg um 20 Prozent auf 101,4 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss betrug 15,7 Millionen Euro und ist damit um 49 Prozent gegenüber 2013 (10,5 Millionen Euro) angestiegen.

Das Xing-Papier ist auch für die Analysten von Jefferies ein „Kauf“. Die Investmentbanker haben das Kursziel von 112 auf 170 Euro angehoben. Das war am 9. März als der Kurs noch bei 147 Euro stand. Verglichen mit den Wettbewerbern sei die Aktie des Karrierenetzwerk-Betreibers geradezu billig, so die Experten. Sie biete sogar einen Bewertungsspielraum von mehr als 50 Prozent. Jeffries ist nun viel optimistischer, dass Xing die anvisierte Verdopplung der Umsätze von 2012 bis 2016 gelingen kann.

Die Hausse treibt die Hausse

Die guten Analystenbewertungen dürften wohl auch ein Grund dafür sein, dass die Aktienkurve besonders in der ersten Märzhälfte so steil nach oben zeigt. Innerhalb von zwölf Tagen sprintete das Papier von 124 auf 160 Euro – macht einen Kursgewinn von rund 30 Prozent. Für die Xing-Aktionäre war es ein Fest. Ob sich die Anteilseigner nun täglich mit „Xing“ begrüßen, ist nicht bekannt. Jedenfalls sind Begegnungen in dieser Atmosphäre angenehm, und richtig: im US-amerikanischen Sprachgebrauch steht das Wort als Akronym für „crossing“ – sich begegnen. Ungewiss ist ebenfalls der künftige Kursverlauf der Aktie. Wer aber an das Aufwärtspotential glaubt, das aus dem Aktienchart wie aus der Stimmung bei den Hamburger Netzwerker klar ersichtlich scheint, für den ist dieser Titel ein klarer Kauf.