Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Kapitalmarktausblick 2017: Alle Augen auf die USA

Die Deutsche Bank hat ihre Jahresprognose veröffentlicht. Die politischen Herausforderungen in den USA und Europa werden demnach das Anlagejahr 2017 prägen. Die Weltwirtschaft dürfte um 3,5 Prozent steigen, aber das deutsche BIP steuert auf eine Halbierung auf 1,0 Prozent zu. Der US-Dollar wird sicher deutlich zulegen, und zwar über die Parität zum Euro hinaus. Das DAX-Ziel für Ende 2017 liegt quasi unverändert bei 11.300 Punkten, die Seitwärtsbörse könnte sich demnach fortsetzen.

BÖRSE am Sonntag

Die Deutsche Bank hat ihre Jahresprognose veröffentlicht. Die politischen Herausforderungen in den USA und Europa werden demnach das Anlagejahr 2017 prägen. Die Weltwirtschaft dürfte um 3,5 Prozent steigen, aber das deutsche BIP steuert auf eine Halbierung auf 1,0 Prozent zu. Der US-Dollar wird sicher deutlich zulegen, und zwar über die Parität zum Euro hinaus. Das DAX-Ziel für Ende 2017 liegt quasi unverändert bei 11.300 Punkten, die Seitwärtsbörse könnte sich demnach fortsetzen.

Nach Einschätzung der Strategen der Deutschen Bank werden Weltwirtschaft und Kapitalmärkte im Jahr 2017 maßgeblich durch politische Entscheidungen bestimmt. Ihr Augenmerk richten die Experten der Bank in ihrem „Kapitalmarktausblick 2017“ vor allem auf die Situation in den USA. „Donald Trump hat im Wahlkampf sehr deutlich Stellung bezogen. Jetzt muss er zeigen, welche Maßnahmen er als Präsident tatsächlich umsetzen kann. Klar ist, dass die US-Konjunktur von seiner Politik zumindest temporär profitieren wird“, sagte Oliver Rakau, Volkswirt bei Deutsche Bank Research. Im Mittelpunkt stünden neben einer unternehmensfreundlichen Steuerreform auch Pläne für ein umfassendes Investitionsprogramm. Nur das Ausmaß und der zeitliche Rahmen seien noch unklar.

Kritisch sehen die Experten vor allem Tendenzen hin zu einer restriktiveren Einwanderungs- sowie einer zunehmend protektionistischen Wirtschaftspolitik – Entwicklungen, die auch in anderen Ländern zu beobachten sind. „In Europa sind solche Positionen nicht erst seit dem Brexit-Votum auf dem Vormarsch“, sagte Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. „Sie finden insbesondere bei Menschen Zustimmung, die sich zu den Verlierern der Globalisierung zählen oder fürchten, bald zu ihnen zu gehören.“ Das Grundproblem sei die ungleiche Verteilung des in den vergangenen Jahrzehnten erwirtschafteten Wohlstands. „Tatsächlich haben Teile der Mittelschicht in vielen Industrieländern von der Globalisierung zu wenig profitiert – ihre Reallöhne sind mitunter sogar gesunken“, erläuterte Rakau.

Politik: Notwendige Reformen werden weiter verschleppt

Statt gegenzusteuern und die Ursachen zu beheben, versuchen die jeweiligen Regierungen weiterhin, die größten Probleme mit geldpolitischen und fiskalischen Maßnahmen zu überdecken. „Das sind wählerfreundliche Maßnahmen. Die Politik verschleppt notwendige wirtschaftliche Einschnitte, die anfangs schmerzhaft wären“, sagte Stephan. „Es ist ein Teufelskreis: Wenn wenig produktive Unternehmen künstlich am Leben gehalten und Strukturreformen auf die lange Bank geschoben werden, führt das langfristig dazu, dass die Wirtschaft stagniert und sich die Situation verschärft.“

Die seit Beginn der Finanzkrise hartnäckige weltweite Wachstumsschwäche wird sich fortsetzen. „Solange die Politik nicht konsequent Strukturreformen auf den Weg bringt, sehe ich keine Chancen für ein langfristiges und spürbar anziehendes Wachstum“, sagte Rakau. 2017 könnten konjunkturstützende Maßnahmen, etwa in den USA, China und Japan, die Wirtschaft zumindest regional stimulieren. Demgegenüber stehe eine schleppende Entwicklung in Europa. Zusätzlich belasten dürfte das globale Wachstum der seit der Finanzkrise stockende Welthandel. Dieser stellt das Wachstumsmodell vieler Schwellenländer – und exportorientierter Industrienationen wie Deutschland – vor Herausforderungen. Insgesamt könnte das Weltwirtschaftswachstum, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, im kommenden Jahr nach Prognosen der Deutschen Bank mit 3,5 Prozent dennoch leicht höher ausfallen als im Jahr 2016.

Europa: Viele Fragezeichen, kaum positive Impulse

Der Wirtschaft in Europa stehen turbulente Monate bevor. Italien wird Anfang Dezember ein Verfassungsreferendum abhalten. Weitere Belastungsfaktoren dürften die 2017 stattfindenden Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland sein. Auch der ungewisse Fortgang der Brexit-Verhandlungen könnte die Investitionsbereitschaft der Unternehmen weiter bremsen. Angespannte Arbeitsmärkte – insbesondere in den europäischen Peripherieländern – könnten moderat steigende Inflationsraten und die reale Einkommensentwicklung dämpfen. Positive Wachstumsimpulse scheinen nur von außerhalb Europas kommen zu können.

USA: Boom dank Trump

Sollte sich das US-Wachstum beschleunigen, ohne dass gleichzeitig neue Handelsbeschränkungen aufgebaut werden, würde dies die europäische Exportwirtschaft stützen. Für die Eurozone rechnet die Deutsche Bank im kommenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent – rund 0,5 Prozentpunkte weniger als 2016. Die Prognose für die deutsche Wirtschaft liegt bei 1,0 Prozent und halbiert sich damit gegenüber den Erwartungen für das laufende Jahr.

Werden in den USA zeitnah wichtige Punkte wie die Steuerreform und das Investitionsprogramm angestoßen, rechnen die Strategen der Deutschen Bank für 2017 mit einem spürbar anziehenden Wachstum. Zudem könnte die geplante Rückführung regulatorischer Maßnahmen, etwa im Finanz- und Energiesektor, zu einer erhöhten Investitionsbereitschaft von US-Unternehmen führen. Die Prognose der Deutschen Bank für das US-Wirtschaftswachstum 2017 beträgt 2,3 Prozent.

Schwellenländer: Kaum spürbare Fortschritte

In den Schwellenländern wird es nach Einschätzung der Deutschen Bank kaum spürbare Fortschritte geben. China baut seine Volkswirtschaft weiter um. Dadurch verlangsamt sich das Wachstum: „Aufgrund fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen rechnen wir für 2017 dennoch mit einem Wirtschaftswachstum von starken 6,5 Prozent“, so Stephan. Für das laufende Jahr erwartet er 6,6 Prozent. Sollten die Schwellenländer Russland und Brasilien ihren Weg aus der Rezession finden, ist mit positiven Impulsen zu rechnen. Risiken bestehen vor allem in steigenden US-Zinsen und den dadurch womöglich induzierten Kapitalabflüssen sowie einer protektionistischeren Handelspolitik.

Dollar auf der Überholspur

Auch wenn die US-Notenbank in ihren Entscheidungen unabhängig agiert: Es ist noch offen, welchen indirekten Einfluss die neue Politik aus dem Weißen Haus auf die Währungshüter haben wird. „Bislang positioniert sich Trump klar gegen die Politik der amtierenden Fed-Chefin Janet Yellen. Dennoch rechnen wir für 2017 mit moderaten Zinsschritten der Fed“, sagte Stephan. Gleichzeitig dürfte die Geldpolitik anderer wichtiger Notenbanken expansiv bleiben. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank ihr Anleiheankaufprogramm über März 2017 hinaus ausweitet. Die zunehmende Zinsdifferenz zwischen Europa und Amerika wird im Jahresverlauf zu Kapitalflüssen Richtung USA führen. Damit wird der US-Dollar gegenüber dem Euro weiter zulegen“, so Stephan. Für Ende 2017 erwartet die Deutsche Bank, dass der Euro bis auf 0,95 US-Dollar sinken kann, also unter die Parität.