Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte >

Konjunktur zieht an, Aktienkurse folgen

Welche konkreten politischen Auswirkungen der Sieg Emmanuel Macrons für Frankreich und Europa haben wird, bleibt abzuwarten. Die Stimmung an den Kapitalmärkten zumindest hat sich bereits spürbar entspannt. Denn wie schon bei der Wahl in den Niederlanden Mitte März konnten sich die populistischen und europakritischen Kandidaten nicht durchsetzen. In der Eurozone ziehen Konjunktur und Aktienkurse an, wie Ulrich Stephan erleichtert konstatiert.

BÖRSE am Sonntag

Welche konkreten politischen Auswirkungen der Sieg Emmanuel Macrons bei der Präsidentschaftswahl am 7. Mai für Frankreich und Europa haben wird, bleibt abzuwarten. Die Stimmung an den Kapitalmärkten zumindest hat sich in den vergangenen Wochen bereits spürbar entspannt. Denn wie schon bei der Wahl in den Niederlanden Mitte März dieses Jahres nahmen die meisten Marktteilnehmer erleichtert zur Kenntnis, dass sich die populistischen und europakritischen Kandidaten nicht durchsetzen konnten.

Von Ulrich Stephan

Anfang des Jahres wurden die Wahlen in den Niederlanden und Frankreich von den Marktteilnehmern als Kernrisiken für die Eurozone betrachtet. Beide Herausforderungen sind jedoch nicht eingetreten. Für die Deutsche Bank ist das ein wesentlicher Impuls, ihre Wachstumsprognosen für die Wirtschaft der europäischen Währungsgemeinschaft im Umfeld einer prosperierenden Weltkonjunktur nach oben anzupassen: für das laufende Jahr von 1,3 auf 1,8 Prozent und für 2018 von 1,5 auf 1,6 Prozent.

Beispielhaft für die positive Entwicklung der Eurozone ist die Lage in Deutschland. Die größte Volkswirtschaft Europas wuchs im 1. Quartal 2017 um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal – und die weiteren Aussichten bleiben derzeit positiv. Denn das Wachstum steht auf einem breiten Fundament: Sowohl der private Verbrauch als auch der staatliche Konsum, die Bruttoanlageinvestitionen sowie der Nettoexport legten zu. Gleichzeitig stieg der ifo-Geschäftsklimaindex, einer der wichtigsten Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, im Mai mit 114,6 Punkten auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Auch wenn von Euphorie in Anbetracht der nach wie vor vergleichsweise moderaten Wachstumsraten noch keine Rede sein kann – die aktuellen Zahlen sprechen nach Einschätzung der Deutschen Bank für eine Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland und der Eurozone.

Ein entscheidender Aspekt des europäischen Aufschwungs ist, dass seine Dynamik aktuell maßgeblich zyklisch getrieben zu sein scheint, also vom global positiven Konjunkturklima befeuert wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nach wie vor kaum reformbedingtes und damit nachhaltiges Wachstum generiert wird.

Die von den Wahlen im Euroraum ausgegangenen politischen Risiken der vergangenen Monate haben die wirtschaftliche Dynamik bislang nicht belastet. In Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone, könnten bis zum 1. Quartal 2018 Neuwahlen ins Haus stehen – mit ungewissem Ausgang. Betrachtet man die Stärke europakritischer Strömungen und die auch hier fehlende Reformagenda bestehen durchaus Wachstumsrisiken. Diese könnten zudem zeitlich mit einer geldpolitischen Wende der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammenfallen.

Für die kommenden Monate rechnet die Deutsche Bank jedoch mit einem Anhalten der positiven Weltwirtschaftsdynamik. Im Zuge der aktuell sehr guten Gewinn- und Umsatzsituation der Unternehmen aus der Eurozone könnte sich die Aufwärtsentwicklung an den europäischen Aktienmärkten daher fortsetzen. Entsprechend risikobereite Anleger sollten nach einem möglichen Investment aber sowohl die globale Konjunkturentwicklung als auch die politischen und geldpolitischen Entscheidungen in der Eurozone sehr genau verfolgen – schließlich beinhalten sie zum Jahresende einiges an Überraschungspotential, im positiven wie im negativen Sinne.

Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.