Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Analysen >

Handel, kein Wandel

Das 45. Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos will seit dem Bestehen überzeugen durch den Slogan „der Verbesserung der Welt verpflichtet.“ Mag sein, dass die mittlerweile auf 2500 angewachsene Teilnehmerzahl nebst all den Leuten, die das Davoser Kongresszentrum umkreisen wie Satelliten ein Zentralgestirn, die Macht und Möglichkeit hätten, die Welt zu verbessern.

BÖRSE am Sonntag

Das 45. Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos will seit dem Bestehen überzeugen durch den Slogan „der Verbesserung der Welt verpflichtet.“ Mag sein, dass die mittlerweile auf 2500 angewachsene Teilnehmerzahl nebst all den Leuten, die das Davoser Kongresszentrum umkreisen wie Satelliten ein Zentralgestirn, die Macht und Möglichkeit hätten, die Welt zu verbessern.

Manche proklamieren es auch für sich, aber es bleiben am inneren Rand des Treffens mit seinen rund 300 offiziellen Veranstaltungen doch viele übrig, die vor allem durch Sonntagsreden auffallen oder durch schlicht sinnfreie Sprüche, die uns als Deutschen nur deshalb nicht in ihrer ganzen Banalität auffallen, weil sie in der Modesprache Englisch daherkommen. Wie würde etwa jene Botschaft im Deutschen klingen: „Einwirkung, die einen Unterschied macht“? Damit wirbt eine Unternehmensberatung. Das neueste Modewort heißt „disruption“, meinend den Riss, der durch Unternehmenskonzepte gehen wird, sobald die weltweite Digitalisierung erst einmal die herrschenden Geschäftsmodelle erwischt und eine Umwälzung des Gewohnten erzeugt.

Das ist natürlich der große Tag, an dem dann die Gedankengebäude der Unternehmensberater stehen müssen, um sie als rettende Zuflucht verstörter Altunternehmer anbieten zu können. Die Geschäftswelt steht offenbar rund um den Globus vor dieser Art von Herausforderung. Was dabei zu kurz kommt, ist ganz offensichtlich der Konsens im politisch-sozialen Bereich. Stärker als früher hat man hier das Gefühl, als führen zwei Bahnlinien weitgehend parallel, aber unabhängig voneinander auf den Gleisen ins Unbekannte, was man Zukunft nennen kann. Die politischen Botschaften beschränkten sich wie immer auf Mutmacher-Reden, und wenn es Konflikte wie den in Osteuropa zu benennen gab, dann in gesetzten Worten. Davos wäre eine Gelegenheit gewesen, bei welcher die Vertreter aus den arabischen Staaten ihre Zugehörigkeit zur zivilisierten Welt hätten herauskehren können – sie verzichteten darauf.

Kaum ein Wort, schon gar kein vernehmbares, zum Terror im Namen der Staatsreligion solcher Länder wie Saudi-Arabien, Irak, Pakistan oder aus Indonesien. Ägypten fühlt sich auf dem richtigen Weg, ließ der säkulare Diktator Sisi verlauten – und somit für religiösen Fanatismus nicht zuständig. Nordafrika will seine landschaftlichen Schönheiten hervorkehren und Aserbaidschan sein Öl, was in diesen Zeiten nicht mehr ganz so glanzvoll eine finstere Gewaltherrschaft polieren kann, dazu ist es zu billig geworden. Gelegenheit auch deshalb für den Westen, ein paar deutliche Worte zu sprechen: Die wirtschaftliche Abhängigkeit von den –in Davos schweigenden – Golfstaaten ist längst nicht mehr groß genug, um Wohlverhalten bei grausamen Steinzeit-Strafen wie Auspeitschen zum Wohlgefallen einer „Religionspolizei“ und peinliches Schweigen im Westen zu erzwingen. Davos hätte jene deutlichen Worte ermöglicht und auch gut gebrauchen können. In den halbprivaten Treffen abseits der Kongresshalle wird ohnehin Tacheles geredet – das war einst der Sinn des ganzen Treffens, ist schon länger her.