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AirBnB, Booking.com, Hometogo & Co.: Lieber Aktionär als Gast?

„Ich kenne kein einziges Urlaubsziel, das weniger Geld verdienen will“, sagt der Chef von Ryanair, Michael O’Leary, jüngst im Interview mit einer Hamburger Illustrierten. Auf die Frage hin, ob Massentourismus nicht doch allmählich eher unbeliebt sei. O’Leary also bringt sie hin, die Touristen, damit sind sie erstmal weg und der Mann mit seiner irischen Billiglinie verdient Geld wie verrückt.

„Ich kenne kein einziges Urlaubsziel, das weniger Geld verdienen will“, sagt der Chef von Ryanair, Michael O’Leary, jüngst im Interview mit einer Hamburger Illustrierten. Auf die Frage hin, ob Massentourismus nicht doch allmählich eher unbeliebt sei. O’Leary also bringt sie hin, die Touristen, damit sind sie erstmal weg und der Mann mit seiner irischen Billiglinie verdient Geld wie verrückt.

Von Reinhard Schlieker

An der Börse gibt es derzeit keinen Run auf die Aktie wie etwa auf deren Billigtickets (Kurs bei 16 Euro, hektisch pendelnd zwischen 14 und 18). In puncto Chef-Interviews könnte wohl manchmal die Börsenaufsicht vorbeischauen – da O’Leary aber meist über andere lästert, ist das noch nicht so wie beim irrlichternden Tesla-Boss Elon Musk und seinen spontanen kursjagenden WhatsApps betreffend eigene Unternehmen. Der ist übrigens auch bald im Tourismusgeschäft, mehrmals rund um den Globus in großer Höhe, allerdings ohne Umsteigemöglichkeit. Ebenfalls neuerdings kurz mal schwerelos anzutreffen: Amazon-Chef Bezos und Virgin-Gründer Branson. Wenn es denen schon auf der ganzen Erde zu eng wird, dann wäre Ryanair erst recht nichts für sie. Zumal O’Leary seine Fluggäste behandelt (schlecht) ähnlich wie Journalisten (sehr schlecht) oder Flugbegleiter (miserabel). Aber das ist eine andere Geschichte.

Nachdem Corona inzwischen je nach Interpretation harmloser, gefährlicher oder einfach gleichbleibend lästig ist, fallen doch fast überall Beschränkungen weg, und die Touristik nimmt Anlauf. Gewinner sind aber (noch) nicht die etablierten Anbieter von Hin & Weg, sondern eher die bei jüngeren Kunden beliebten Vermittler via Internet, also AirBnB, Booking.com oder Hometogo, der jüngst an die Börse gegangenen Ferienhaus-Suchgehilfe. AirBnB ist bekannt für Dissonanzen aller Art. Corona hin oder her, Kulanz gibt es nicht. Wer sich da eine Unterkunft sucht, muss zahlen und kann je nach Termin mit keinerlei Erstattung bei einer Stornierung rechnen. Trotz vielerlei Lamentierens der Kundschaft ist die Aktie gefragt. Allerdings gab es in der kurzen Börsenkarriere von AirBnB allein in diesem Jahr Höchstkurse um die 175 Euro und Tiefpunkte um 102. Derzeit stehen etwa 120 Euro zu Buche, was für mehrere Analysehäuser wieder Einstiegskurse sind. Ein Hoffnungswert für Nach-Corona-Zeiten.

Noch spekulativer sicher die Papiere des SPAC „Lakestar 1“, bei dem Hometogo in den Börsenmantel schlüpfen wird, wenn nicht in letzter Minute noch etwas dazwischenkommt. Der „Börsengang“ steht damit für September an. Lakestar hat sich seit Februar, als die leere Hülle erstmals notiert wurde, von etwa 11,50 Euro auf nun knapp unter zehn verbilligt. Die Aussicht auf den verlustreichen Ferienhausvermittler hat sich also nicht euphorisierend auf die Aktie ausgewirkt. Allerdings hat Hometogo einiges an Chancen, wenn die Internetaffinität unter den Reisewütigen zunimmt wie bisher.

Ebenso wie AirBnB arbeitet Booking.com, der Hotelbuchungsservice mit Expansionsplänen, auch dort sieht man sich möglicherweise weniger im Urlaub als vielmehr vor Gericht. Erst jüngst musste Booking gerichtlich gezwungen werden, eine Preiswettbewerbsklausel aus dem Regelwettbewerb zu nehmen – in Deutschland dürfen nun angeschlossene Hotels wieder eigene niedriger Preise anbieten als sie Booking.com verzeichnet. Doch das ist nur ein winziger Fauxpas des ursprünglich niederländischen Milliardengiganten, dessen Hauptsitz weiterhin Amsterdam ist. Bisher mit wirklich so gut wie nur Übernachtungen im Angebot, expandiert der Mutterkonzern Booking Holdings nun in alle wichtigen touristischen Zweige. Mietwagen, Restaurants, Rundumversorgung via Internet ist die Strategie; der Konzern nennt es „Connected Trip“. Der Reisende wird via Web über alles informiert, was sein Fortkommen behindern könnte und kann Tipps annehmen, wie dies zu bewältigen ist – sei es Umbuchung, Zeitvertreib während Verspätungen oder Verschiebung von Restaurant-Reservierungen. Tüftelei am Schalter des Reisebüros soll in immerhin mehr als 200 Ländern bald Vergangenheit sein. Das Konzept überzeugt – die Aktie kostet derzeit 1855 Euro, einen Höchststand bei 2067 erreichte sie im Mai dieses Jahres. Bei rund 90 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung kann man beim Größenvergleich glatt mehrere Touristikriesen zusammenfassen, bis man die Booking-Größe abgebildet hat.

Bei allen dieser Internetriesen, und Booking ist da kaum mehr einzuholen, geht Größe allerdings mit Automatisierung aller Prozesse einher, dies ist ja nun auch Sinn der Sache. Im täglichen Rennen um den Spitzenplatz zählt da weniger die Kundenbetreuung auf individueller Ebene. Diesen Stein der Weisen hat da noch niemand gefunden: Plattformvorteile mit Tante-Emma-Erlebnis zu kombinieren. Möglicherweise eine Frage der Zeit, bis die Touristik-Tech-Riesen auch dieses Feld als förderlich erkennen. Wenn man sich die Vorreiter der Technologie ansieht, etwa Facebook oder Microsoft, Twitter oder Amazon, erscheint die Quadratur des Kreises weiterhin undenkbar. Man kann es allerdings auch halten wie Ryanair-Boss O’Leary: „Ich hasse Urlaub“, verkündet er. Wundert’s jemanden? Da hat er dann natürlich auch kein Buchungsproblem.

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