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War das etwa der große Wurf?

Die Tatsache, dass die amerikanische Notenbank die Zinsen zaghaft angehoben hat, ist sicherlich positiv – Kritiker des Zentralbank-Geldsystems glauben dennoch nicht daran, dass es jemals wieder zu aussagekräftigen Zinsen als Preis für Geld und als Steuerungsmechanismus kommen wird.

BÖRSE am Sonntag

Kurz gesagt: Die Tatsache, dass die amerikanische Notenbank die Zinsen zaghaft angehoben hat, ist sicherlich positiv – eine nochmalige Verschiebung der Zinswende nach gut neun Jahren ohne steigenden Zinssatz hätte niemand mehr verstanden. Im Gegenteil, die meisten Kommentatoren betrachteten den Schritt nun als überfällig. Immerhin sei das ein Zeichen dafür, dass eine Normalisierung der Zinswelt zumindest möglich erscheine – Kritiker des Zentralbank-Geldsystems glauben dennoch nicht daran, dass es jemals wieder zu aussagekräftigen Zinsen als Preis für Geld und als Steuerungsmechanismus kommen wird.

Aber das ist eben eine grundsätzliche Haltungsfrage. Wer nur goldgestützte Währungen oder private Geldemittenten für glaubwürdig hält, dem wäre auch ein größerer Zinsschritt als die nun verkündeten 25 Basispunkte gerechtfertigt, aber sicher nicht beweiskräftig gewesen. Oder eben mehrere Schritte, aber wie ursprünglich erwartet bereits seit 2014. Volkswirte dieser Denkrichtung orakeln, dass die Zinswelt nie wieder in Ordnung kommen wird: Zu sehr sind die Staaten weltweit auf das billige Geld angesprungen und nun angewiesen. Nicht ganz zu Unrecht wird die Flutung der Märkte immer wieder mit der Verabreichung von Drogen verglichen.

In der Tat bleiben eine Menge Probleme: Selbst wenn Fed-Chefin Janet Yellen ihr Ankündigung ernstmeint, in langsamen Schritten in den nächsten Jahren einen Zinssatz von gut drei Prozent erreichen zu wollen, so könnten die realen Verhältnisse ihr doch schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Denn so stark wie geglaubt ist auch die US-Wirtschaft nicht mehr. Die Weltkonjunktur, die sie ziehen soll, ist eine schwere Last. Und ausgerechnet die für Verbraucher, auch und besonders in den USA, sehr angenehm niedrigen Rohstoffpreise lassen das angestrebte Inflationsziel von rund zwei Prozent eher unwahrscheinlich erscheinen – da müsste schon ein Konsumfeuerwerk abbrennen. Bei Inflationsraten um oder unter einem Prozent aber dürfte sich keine weitere Zinserhöhung rechtfertigen lassen. Schließlich führt der tendenziell stärker werdende Dollar zum Aufstöhnen der US-Exportindustrie.

Wegen der vielen Unwägbarkeiten also blieb die Zinserhöhung an den Märkten auch ohne riesige Resonanz – sie wird die Verhältnisse kaum nennenswert ändern. Kapital auf der Suche nach Rendite wird zudem auch in den USA kaum so leicht fündig, dass sich Währungsrisiken lohnen. Gut lachen haben könnte nun Mario Draghi, der genau in die Gegenrichtung der Fed marschiert. Aber seine Politik der grenzenlosen Ausweitung der Geldschwemme stößt – zumindest in Deutschland – immer stärker auf Kritik, denn sie scheint auch sechs Jahre nach ihrem Beginn nichts zu zünden, was man sich davon versprochen hatte. Allenfalls unsolide Haushälter in den Eurostaaten dürfen sich beruhigt und gefördert fühlen – Investitionen nennenswerter Industriebereiche sieht man nicht.

Das Inflationsziel bleibt in weiter Ferne, während Sparer weiter enteignet  und Reformen in den Mitgliedsstaaten nirgendwo auch nur diskutiert werden. Zugegeben, es ist alles ein ziemliches Dilemma, und Neid auf den Job des Notenbankers ist unangebracht. Aber so langsam könnte mal jemand eine gute Idee bringen, wie man aus den verwickelten Problemlagen jemals herauskommen wird.