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Sanktionen – die Waffe ohne Wunder

Sanktionen sind Käse. Oder vielmehr, sie betreffen ihn. Wie auch Schwarzwälder Schinken oder Zwiebeln. Wobei – Zwiebeln haben die Russen ja genug, die meisten sind auf orthodoxen Kirchen montiert. Aber genug nun aus Kalau. Die jüngsten Gegensanktionen Moskaus gegenüber Europäischer Union und den angelsächsischen Ländern betreffen im wesentlichen Lebensmittel.

BÖRSE am Sonntag

Sanktionen sind Käse. Oder vielmehr, sie betreffen ihn. Wie auch Schwarzwälder Schinken oder Zwiebeln. Wobei – Zwiebeln haben die Russen ja genug, die meisten sind auf orthodoxen Kirchen montiert. Aber genug nun aus Kalau. Die jüngsten Gegensanktionen Moskaus gegenüber Europäischer Union und den angelsächsischen Ländern betreffen im wesentlichen Lebensmittel.

Der eher kleine Diktator einer eher potemkinschen Großmacht verbittet sich Waren, die sich in seinem maroden Reich ohnehin nur wenige leisten können; die Normalbevölkerung muss wie seit Jahrhunderten darben, denn wie zu seligen Sowjetzeiten fließen die Ressourcen des Landes in Schwerindustrie, Militär, Polizei und andere sogenannte Sicherheitskräfte. Außerdem hat man ja gerade noch eine Halbinsel annektiert, die jede Menge Alimente braucht, und eine bunte Truppe am Hals, die im Osten der Ukraine eine perfekte Mischung aus Dummheit und Gewalttätigkeit zur Schau stellt.

Europa, vor allem Deutschland, haben in der Tat für einige Milliarden Lebensmittel geliefert, regelmäßig, aber so richtig besorgt sind weder Industrie noch Bauernverband. So wie Russland nun auf der Suche nach Blockadebrechern ist, wobei Südamerika sich eilfertig als Gemüsehändler zur Verfügung stellt, so werden deutsche Unternehmen andere Abnehmer finden, denn der internationale Handel, die Fortschritte in der Logistik, machen vieles möglich. Vor Jahren galt es als aussichtslos, etwa Chinesen einen deutschen Joghurt schmackhaft zu machen – das ist heute keine Frage mehr. Etwas brisanter sieht es dagegen schon mit jenen Unternehmen aus, die im Gürtel rund um Moskau eigene Werke aufgebaut haben und dort von Deutschland aus zugelieferte Rohlebensmittel verarbeiten. Deren Schicksal war schon immer auf Gedeih und Verderb den Launen des Kreml ausgeliefert. Dies Risiko sollte indes jeder Kaufmann einkalkuliert haben.

Die über das aktuelle Wirtschaftsgeschehen hinausgehende Frage aber ist, inwieweit politische Friktionen künftig rein wirtschaftlich ausgetragen werden; ob Sanktionen bald die Rolle jener unseligen Schutzzölle übernehmen, die ja dem Vernehmen nach die ganze Welt nicht mehr will: Freihandel, das weiß man seit David Ricardo, nutzt allen, aber nicht alle haben es in den paar Jahrhunderten seitdem begriffen. Sanktionsblöcke rund um den Globus nutzen nur den diversen Egos. Leider ist der Menschheit noch nicht viel eingefallen, wenn es um die Ahndung gewalttätigen interstaatlichen Unrechts geht, und sobald eine der sogenannten Vetomächte betroffen ist, erweist sich die UNO als noch nutzloser als ohnehin schon. Russland unter Putin wird sich durch Sanktionen nicht vom Kurs abbringen lassen – das beweist die Geschichte. Das Land leistet sich seit Jahrhunderten ein Versagen nach dem anderen, opfert seine Menschen, wie es gerade passt, kommt weder wirtschaftlich noch politisch vom Fleck. Die Rolle als internationaler Paria spielt Putin derzeit mit stoischer Ruhe. Es ist ihm herzlich egal. Hauptsache, die Machtverhältnisse bleiben, wie sie sind.