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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKAT E  Rohstofe  Lebensart Glaube, Hoffnung, Liebe Gibt es eigentlich einen Punkt, an dem Politiker irgendwie merken, dass sie sich lächerlich machen? Die Erfahrung scheint das Gegenteil zu belegen. Im Falle der jüngst begebenen Staatsanleihe Griechenlands, die dem Anleger 4,95 Prozent risikoloses Geld über fünf Jahre beschert, äußerte sich der EU-Währungskommissar Joaquin Almunia dergestalt, dass er das „Vertrauen in Europa zur Überwindung der Krise“ gestärkt sah. Jene Krise, nebenbei bemerkt, die seine Kommissionskollegen schon vor Jahr und Tag als beendet erklärt hatten. Was aber war geschehen, dass Almunia ebenso begeistert war wie der griechische Finanzminister? Griechenland hat sich Geld geliehen, eben jene Staatsanleihe ausgegeben, die einen ersten Schritt zurück an den Kapitalmarkt bedeutet. Es ist inzwischen aber nicht mehr so, dass Anleger einen Schuldenschnitt fürchten müssen, und einen Staatsbankrott auch nicht, das hat Bundesfinanzminister Schäuble ja schon ein für alle Mal ausgeschlossen. Das Griechen-Rettungspaket läuft unterdessen munter weiter, gerade hat Athen mehr als sechs Milliarden Euro ausgezahlt bekommen, also doppelt so viel wie nun die neue Staatsanleihe eingebracht hat. Hinter dem begeistert aufgenommenen Schritt an die internationalen Märkte steckt also wenig mehr als Glaube, Hoffnung und vielleicht ein bisschen Liebe. Die Wiege der Demokratie ist allerdings auch ein wenig die Kinderkrippe der Schlaumeier. Nach wie vor hat Griechenland wenig getan, um aus der Dauermisere zu kommen. Und schafft zwar Gesetze, etwa zur Besteuerung, tut aber wenig, sie in der maroden Verwaltungswelt auch umzusetzen. Die Vermeider und Vertuscher sind allemal pfiffiger als der osmanisch geprägte Staat, der wie eine Art Familienunternehmen betrieben wird. So gibt es denn auch zwei beliebte Möglichkeiten, den Nationalstolz des Landes zu heben: Die eine hat man gerade praktiziert, mit einer Staatsanleihe, die den Staat teuer zu stehen kommt; die andere ist noch beliebter: Das Beschimpfen jener, die dem Land aus der Patsche helfen, vorzugsweise Deutschland, notfalls halt ganz Schliekers Woche Europa. Flankieren trickst und täuscht man, was das Zeug hält. So etwa der immer wieder in den Schlagzeilen auftauchende „Primärüberschuss“ im Haushalt: Der sagt sowieso schon wenig aus, denn Zinskosten sind nicht darin enthalten – das aber ist als Haushaltsposten eine drückende Summe (wie in Deutschland, mit Verlaub, auch). Außerdem hat man zum Jahreswechsel einige Ausgaben schlicht auf 2014 geschoben – und fertig ist die Statistik. In einem Land, wo die Besitzer von Swimmingpools dunkelgrüne Folie in Massen kaufen, um ihre sonst luxusbesteuerten Bäder aus der Luft unsichtbar zu machen, ist halt fast alles möglich, oder zumindest denkbar. Eine richtig gute Nachricht ist es da schon, wenn man den Grund für die erneut auf 177 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen Staatsverschuldung erfährt: Die Zahl ist nur deshalb so hoch, weil die Wirtschaftsleistung des Landes so stark gesunken ist. Na denn. Liebe Leser, am Ostersonntag pausiert Ihre BÖRSE am Sonntag, denn auch die Aktienmärkte – und vor allem viele von Ihnen, den Anlegern und Akteuren auf dem Börsenparkett – legen eine österliche Verschnaufpause ein. Am 27. April sind wir wieder frischgestärkt mit Berichten und Analysen für Sie da. Herzlich Ihre Redaktion der BÖRSE am Sonntag Reinhard Schlieker ZDF Wirtschaftskorrespondent Was denken Sie über dieses Thema ? Schreiben Sie direkt an den Autor, Herrn Reinhard Schlieker unter schlieker@boerse-am-sonntag.de 04 BÖRSE am Sonntag · 15/1 4 Kolumne


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