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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Marktwirtschaftler auf der Todesliste Je mehr der Staat reglementierend in die Wirtschaft eingreift, desto dringender bedarf es des Wortes von Nationalökonomen, die für die Freiheit sprechen. Denn ein freier Warenverkehr ist weit mehr als eine Quelle des Gewinns für Unternehmer und Händler. Es ist vor allem die Möglichkeit aller Menschen, sich nach ihren ganz individuellen Wünschen und Bedürfnissen zu entfalten. Heute wird die Gefahr, die von einer immer weiter steigenden Regelungsdichte ausgeht, von vielen Menschen im Euroraum als sehr präsent empfunden. Doch das ist überhaupt kein Vergleich zu den Gefahren, denen sich diejenigen, die für die Freiheit kämpften, vor rund 80 Jahren ausgesetzt sahen. Anfangs der 1930er Jahre beschäftigte sich ein junger Wissenschaftler namens Franz Böhm mit der Frage, wiel der Wirtschaft möglichst viel Freiheit gegeben werden könne. Seine Habilitationsschaft katapultierte ihn mit einem Schlag in die erste Riege seiner Zunft. In „Wettbewerb und Monopol“ beschrieb er, wie vieler gesetzlicher Regelungen es mindestens bedürfe, um einerseits die Entfaltung des freien Marktes zu garantieren, andererseits aber der Bildung von Kartellen zulasten der Verbraucher einen Riegel vorzuschieben. Mit dieser bahnbrechenden Arbeit wäre Franz Böhm auch heute noch ein Star der Nationalökonomie – und er war es damals, 1933, gerade 38jährig. Doch Franz Böhm hatte Feinde. Die verfolgten eine sozialistische Politik, planten Kartelle, wollten die freie Wirtschaft der Weimarer Republik politisch einhegen, ihren Zielen dienstbar machen. Und diese Feinde waren gefährlich – es waren die Nationalsozialisten. Kaum war Hitler an der Macht, erhielt Böhm Lehrverbot. Zusammen mit seinen Kollegen Alfred Müller-Armack, von dem übrigens die Wortschöpfung „soziale Marktwirtschaft“ stammt, mit Walter Eucken, Constantin v. Dietze sowie Adolf Lampe forschte er weiter – im Verborgenen. Die Professoren dieser „Freiburger Schule“ der Nationalökonomie durften keine Vorlesungen mehr halten, und unter dem erschütternden Eindruck der Reichspogromnacht, bei der auch in Freiburg die Synagogen brannten, gründeten sie aus christlicher Verantwortung heraus das „Freiburger Konzil“. Diese Gruppe fiel nun denjenigen auf, die als „Freundeskreis“ – so nannten sie sich selbst – öfter in Berlin und in gelegentlich Im Widerstand gegen Hitler: Franz Böhm auch im niederschlasischen Kreisau zuammentrafen. Diese Gründer dieses Kreises, in dem wenig später der Umsturz und der Tyrannenmord für ein Deutschland nach Hitler wesentlich mitgeplant werden sollte, waren Peter Graf Yorck v. Wartenburg und Helmuth James Graf v. Moltke. Bekannt wurde dieses wohl wichtigste Gesprächforum im deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialsimus als „Kreisauer Kreis“. Bei diesem Kreis, der intensiv und umfassend über das Deutschland anch Hitler nachdachte, waren auch oft Carl-Friedrich Goerdeler und Dietrich Bonhoeffer wichtige Gesprächspartner. Und als dort die Frage aufkam, wie die Wirtschaft nach Überwindung des Hitler-Regimes organisiert sein sollte, fielen denen sofort die Freiburger ein. Man kannte sich aus Studienzeiten, fast alle der beteiligten Widerstandskämpfer gehörten entweder Tübinger oder Freiburger Studentenverbindungen an: Kösener Corps, dem Tübinger „Igel“ und einer Turnerschaft, ebenfalls in Tübingen. Auf dieser Basis arbeitete man schnell und effizient zusammen, und ein streng geheimes Papier, von dem ein Exemplar, das der Freiburger Professor Gerhard Ritter versteckt hatte, erhalten ist, wurde erstellt. Es enthielt alle Forderungen nach einem freien Markt in einer freien, auf christlichen Grundsätzen aufgebauten Gesellschaft, die die Freiburger Nationalökonomen aufgestellt hatten. Franz Böhm und seine Kollegen hatten ein klares Ziel. Sie wollten alles tun, was in ihre Macht stand, um das NS-Regime 04 BÖRSE am Sonntag · 29/1 4 Kopf der Woche


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