Page 6

BaS_29-14

AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Boom in China ist keine Eintagsfliege Die Aktienmärkte schielen zunehmend auf das Geschehen in China. Zu Recht wird es als das Land der unterschiedlichen Geschwindigkeiten beschrieben. Die Skyline von Pudong in Shanghai steht in krassem Kontrast zu den Hütten in den immer noch die Hälfte der Chinesen lebt. Da ist besonders irritierend, dass eine Vielzahl der gebauten Wohntürme, nicht bewohnt sind. Finanziert wird ihr Bau mit Hilfe des grauen Kapitalmarktes. Angesichts Pro & Contra regulierter Habenzinsen auf Sparkonten haben viele Chinesen Teile ihrer Guthaben in diesen Markt kanalisiert. Also eine Blase? Der wichtige Unterschied zur letzten amerikanischen Wohnimmobilienblase ist, dass die chinesische Mittelschicht finanziell gut aufgestellt ist und durchaus Interesse an den neu entstehenden Wohnungen besteht. Kaum jemand kann jedoch den vollen Kaufpreis aus Eigenmitteln stemmen. Und hier liegt der Schlüssel: Die chinesischen Banken sind sehr restriktiv bei der Vergabe von Immobilienkrediten. Anders als in den USA, würde eine Lockerung der Kriterien für Immobiliendarlehen wahrscheinlich den erhofften 06 BÖRSE am Sonntag · 29/1 4 Konsumboom in China befeuern. Wer eine neue Wohnung erwirbt, benötigt auch neue Möbel oder Elektrogeräte. So plant beispielsweise IKEA, Anzahl der Filialen bis 2015 zu verdoppeln. Aber auch im lange gescholtenen Bereich der Solar industrie ist China für eine Überraschung gut. 2013 wurden neue Solaranlagen mit ca. 12.000 Megawatt Leistung installiert. Zum Vergleich: Im Boomjahr 2012 wurden in Deutschland gerade mal 7.600 Megawatt neu ans Netz angeschlossen. Mit solchen Beispielen zeigt China, dass es durchaus Potenzial hat auch in der Hochtechnologie eine Rolle zu spielen, die viel diskutierte „Middle Income Trap“ überwinden und den Vorbildern Südkorea und Japan nacheifern kann. Natürlich ist ein schnelles Wachstum nicht vor Fehlallokationen des Kapitals gefeit, noch ist die politische Struktur selbst für die Chinesen zufriedenstellend. Der demografische Wandel wird sehr bald eine wichtige Herausforderung darstellen. Trotzdem dürften Unternehmen wie Lenovo, Huawei, Tencent oder Alibaba eher die Vorhut einer neuen chinesischen Wirtschaftskraft darstellen. China ist definitiv keine Eintagsfliege. China verschiebt Probleme in die Zukunft Die jüngsten Wirtschaftsdaten aus China haben viele Experten hörbar aufatmen lassen. Die Konjunkturlokomotive der Weltwirtschaft scheint wieder auf Kurs. Im zweiten Quartal konnte das chinesische Bruttoinlandsprodukt um 7,7 Prozent zulegen. Die Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze stiegen im Juni im Vergleich zum Vorjahr um 9,2 Prozent bzw. 12,4 Prozent. Hat China damit die Wachstumsschwäche überwunden? Wir bezweifeln dies. Zunächst einmal fragt man sich, wie zuverlässig die vom Staat publizierten Wirtschaftsdaten sind. Darüber lässt sich nur spekulieren. Viel wichtiger aber ist Chinas sukzessiver Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Ein stark steigendes Lohnniveau in Kombination mit einer nachhaltigen Aufwertung des Renmimbi hat die Zahlungsbilanz in letzter Zeit deutlich verschlechtert. Der kreditfinanzierte Investitionsboom der vergangenen Jahre ist nur schwer aufrecht zu erhalten. Die Reformagenda der neuen Regierung sah eigentlich vor die Immobilienmärkte abzukühlen und die Kreditvergabe zu begrenzen. Diese erweist sich schwieriger als geplant. Es zeigt sich, dass die Führung in Peking nur zwei Alternativen hat. Versucht sie das Kreditproblem mit Entzug von Liquidität zu reduzieren, hat das enorme ökonomische Konsequenzen bis hin zu rezessiven Entwicklungen, Bankrotten und deflationären Gefahren. Alternativ kann sie die Kreditvergabe weiter vorantreiben, Infrastrukturprojekte finanzieren, um die gesteckten Wachstumsziele zu erreichen. Genau diesen Weg scheint Peking zu gehen, mit all den größer werdenden Problemen an den Kredit und Immobilienmärkten. Man kauft sich also Zeit und verschiebt, wie im Westen, die Probleme in die Zukunft. Konsequenterweise wurde die Aufwertung der Währung beendet – der Renmimbi fällt zum US-Dollar seit Jahresbeginn. Wir gehen von einer nachhaltigen Trendwende aus, mit entsprechender globaler Auswirkung. Wertet der weltweit größte Exporteur sein Währung ab, führt das zu einem enormen deflationären Druck auf den Rest der Welt. Hubert Thaler TOP Vermögen AG, Starnbergh Markus Steinbeis Leiter Fondsmanagement, Huber, Reuss & Kollegen, München China


BaS_29-14
To see the actual publication please follow the link above