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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Kolumne US-Dollar vor weiterer Stärkephase Mit den Augen eines Anlegers aus dem Euroraum betrachtet, war beim US-Dollar in den vergangenen Jahren wenig Spektakuläres zu beobachten: Der Euro-Wechselkurs schwankte lange Zeit ohne klaren Trend. Gegenüber anderen Währungen, etwa dem japanischen Yen, zeigt der Greenback bereits eine ausgeprägte Stärke. Dass die Weltleitwährung gegenüber dem Euro bislang keinen Boden gut machen konnte, liegt in meinen Augen weniger an einer möglichen Schwäche des US-Dollars, sondern vielmehr an der Stärke des Euros, der sich durch überraschend positive Wachstumszahlen einzelner Euroländer behaupten konnte. Das Blatt scheint sich aber zu wenden: Seit dem Euro-Hoch bei 1,3925 im Mai hat der US-Dollar um knapp 7 Prozent aufgewertet – dieser Trend sollte sich meiner Ansicht in den kommenden Monaten fortsetzen. Geschuldet ist der positive Dollar-Ausblick in erster Linie der anziehenden Konjunkturdynamik in den USA. Nach einem sehr schwachen Jahresstart meldete sich die größte Volkswirtschaft der Welt im zweiten Quartal eindrucksvoll zurück: Das annualisierte Wachstum von 4,2 Prozent übertraf die Erwartungen der Analysten deutlich. Dieser Positivtrend hat die US-Notenbank auf den Plan gerufen: Nachdem sie ihre monatlichen Käufe von US-Anleihen sukzessive gedrosselt hat, wird das endgültige Auslaufen des „Quantitative Easing“ nun für Oktober erwartet. Dann wäre auch der Weg für eine Anhebung der historisch niedrigen Leitzinsen frei, mit der ich für Mitte 2015 rechne. Im Gegensatz dazu hat EZB-Chef Mario Draghi nach wie vor mit sehr gemischten Konjunkturaussichten in der Eurozone zu kämpfen: Unserer Prognose nach könnte die Wirtschaft in diesem Jahr zwar um 0,8 Prozent zulegen. In Frankreich und Italien zeichnet sich ein sehr schwaches oder sogar ein Minuswachstum ab. Draghi hat daher jüngst bekräftigt, dass die Zinsen im Euroraum für längere Zeit auf niedrigen Niveau verharren könnten. Dies untermauerte er zuletzt mit einer abermaligen Zinssenkung und kündigte sogar den Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere und Pfandbriefe an. Die in Europa und den USA entstehende Zinsdifferenz könnte bei Investoren zu einem höheren Interesse an US-Anleihen führen. Entsprechend würden die Kapitalströme vermehrt in die USA fließen – damit würde die Nachfrage nach US-Dollar steigen und die Leitwährung gegenüber dem Euro aufwerten. Tatsächlich beobachten wir bereits eine Ausweitung des Zinsabstandes: Während die Zinsen für deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren zuletzt in den negativen Bereich abgerutscht sind, bewegt sich das Niveau entsprechender US-Papiere derzeit bei gut 0,5 Prozent. Neben der Geldpolitik ist die Energiepolitik der USA der zweite wichtige Faktor für die zukünftige Dollar-Entwicklung. Nach Angaben der US-Energie-Informationsbehörde deckten die USA im Jahr 2012 noch rund 16 Prozent ihres Energiebedarfs durch Importe ab, könnten nach Einschätzungen der Internationalen Energieagentur aber bereits ab 2020 ein Netto-Erdgas-Exporteur sowie der größte Ölproduzent der Welt werden. 2035 könnten die Vereinigten Staaten sogar ihren kompletten Energiebedarf selber decken. Positive Effekte dieser Entwicklung auf die US-Haushaltsbilanz sind bereits zu spüren: So fiel das Defizit im Juni laut USHandelsministerium aufgrund sinkender Ölimporte so gering aus, wie seit Januar nicht mehr. Anleger sollten diese Entwicklungen sehr genau beobachten. Denn neben Risiken können Wechselkursschwankungen auch neue Anlageoptionen eröffnen. Ich rate Anlegern daher zu in US-Dollar notierenden Investments – je nach Risikoneigung kommen dabei festverzinsliche Anleihen, flexibel gemanagte Rentenfonds oder eben auch chancenorientierte Aktienfonds oder Zertifikate in Betracht. Für den USD sehe ich weiteres Aufwertungspotential auf EURUSD 1,25 zum Jahresende. Dr. Ulrich Stephan Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank 05 BÖRSE am Sonntag · 37/1 4


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