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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Pro & Contra Gold Viel Spekulation um nichts Wir hatten zehn Jahre lang einen steigenden Goldpreis, der immer wieder mit den Sorgen vor Inflation – oder breiter gefasst – mit Sorgen ums Geld, um einen Zusammenbruch des Euro etwa, begründet wurde. Gold galt also als Schutz vor Geldentwertung, egal ob durch Zusammenbruch einer Währung oder durch Inflation. Jetzt ist das Gespenst der Inflation gewichen und hat dem der Deflation Platz gemacht. Da Deflation aber nun gerade nicht den Wert des Geldes mindert, greifen die beliebtesten Erklärungen für einen Gold-Rausch nicht mehr. Es müssen also neue Erklärungen her bei den Propagandisten des Goldkaufs. Krisen sind immer gut, denn sie machen Angst. Und Angst verkauft Gold. So zumindest das Kalkül, das derzeit aber sichtbar nicht aufgeht. Denn trotz der großen Krisen fehlt im Markt die Angst. Das mag fahrlässig sein, ist Vorsicht doch bestimmt angebracht derzeit. Es zeigt aber den Zustand der Märkte: Satt und zufrieden mit den guten Jahren, die hinter dem Markt liegen. Und deshalb mit unerschütterlichem Zutrauen ausgestattet, was die Zukunft angeht. Es wird schon alles nicht so schlimm werden. Gold ist also nur noch eines: ein Spekulationsobjekt. Es gibt keinen Verbrauch, keine wirkliche Verwendung in der Industrie. Es dient zum Schmuck und zum Schutz fauler Zähne. Und als Geldanlage. Als eigene Asset-Klasse fast. Und das reizt. Das reizt die Gier der Spekulanten, sie wittern, hier lässt sich Geld verdienen. Das gilt umso mehr, als auf der anderen Seite oft private Käufer stehen, die bei ihrer Angst gepackt werden können. Warum sollte eine Bank, die definitionsgemäß große Geldwerte verwaltet, Gold verkaufen, wenn sie selbst doch von einem Szenario ausgeht, in dem man Gold zum Schutz des Geldes braucht? Warum kurz gefragt sind es die Verkäufer von Gold die immer wieder die Notwendigkeit des Goldbesitzes propagieren? Weil sich damit schön spekulieren lässt. Und wenn viele spekulieren bewegt sich der Kurs stärker. Derzeit bewegt er sich nach unten. Eine echte, massive Unterstützung bietet die Linie bei 1.000 Dollar. Hier hat der Goldpreis fünf Anläufe gebraucht, um sie von unten zu nehmen. Nach oben liegen bei 1270 und 1280 Widerstände, diese zu knacken braucht schon viel Schwung. Aber die starken Bewegungen dazwischen bieten natürlich Chancen – wenn Spekulanten die richtigen Zeitpunkte für Kauf und Verkauf treffen. Als Versicherung wichtiger denn je Nach einer dreijährigen Korrekturphase mit teils heftigen Bewegungen scheinen die Argumente für den Besitz von Gold zunehmend zu schwinden. In all den Debatten und Diskussionen sollte aber zunächst eine zentrale Frage beantwortet werden: Welche Ziele werden mit dem Kauf von Gold verfolgt? Werden kurz- und mittelfristige Kursgewinne angestrebt oder sucht der Anleger eine Versicherung, die sein Vermögen in Zeiten systemischer Risiken schützt? Wir plädieren weiterhin dafür, Gold primär als Schutz vor systemischen Risiken zu betrachten. Die westliche Welt ist nach wie vor geprägt von stark steigenden Schulden und schwachem Wirtschaftswachstum. In einer Welt mit chronischen Budgetdefiziten sind die Kosten der Staatsapparate strukturell höher als die jeweiligen Volkswirtschaften tragen können. Es entsteht ein Schneeballsystem, in dem die Wahrscheinlichkeit schwindet, dass es jemals zu einer nominalen Rückzahlung kommt. In diesem Umfeld ist die Währung von entscheidender Bedeutung, denn eine schwache Währung kann zumindest kurzfristig Wettbewerbsvorteile sichern. Es ist ein Wettlauf um die schwächste Währung entbrannt, der die internationalen Notenbanken zu drastischeren Maßnahmen greifen lässt, wie jüngst in Japan und Europa zu beobachten war. In diesem Umfeld hat Gold als ultimative Währung und liquides Wertaufbewahrungsmittel außerhalb des Finanzsystems seine Berechtigung. Es kann, anders als herkömmliche Währungen, nicht vervielfältigt werden und ist nicht abhängig von den Interessen einer Regierung oder Zentralbank. Aber auch für Anleger, die Gold als Spekulationsobjekt betrachten, bieten sich nach den Kursverlusten wieder Perspektiven. Nach der von Finanzinvestoren, überwiegend mittels Derivaten, ausgelösten Abwärtsbewegung erscheint der Wendepunkt nicht mehr allzu fern. Dafür sprechen Sentimenterhebungen sowie das technische Gesamtbild. Für Anleger im Euroraum hat sich das Blatt schon gewendet, in Euro gerechnet steigt der Goldpreis bereits seit Jahresanfang. Wer also heute sein Vermögen gegen systemische Risiken schützen will, sollte die aktuellen Goldpreise nutzen. Die Versicherung ist in den letzten drei Jahren billiger geworden, notwendig ist sie leider mehr denn je. Uwe Zimmer Vorstand der Vermögensverwaltung Meridio AG, Köln Markus Steinbeis Leiter Fondsmanagement der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung GmbH, München 09 BÖRSE am Sonntag · 46/1 4


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