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ZERTIFIKAT E  ro hstofe  Lebensart  AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN Trading  FONDS Kolumne Wer braucht schon Zertifikate? Zertifikate sind zu komplex, um sie zu verstehen. Es gibt viel zu viele Papiere mit viel zu vielen unterschiedlichen Bedingungen, um ein geeignetes Zertifikat auszuwählen. Und wenn die Bank pleitegeht, ist das Geld weg. Zertifikate braucht daher kein Mensch. Oder doch? Mehr als 450.000 Anlagezertifikate auf Hunderte von Basiswerten, dazu noch einmal fast 650.000 Hebelpapiere; Caps, Barrieren, Laufzeiten und bei Hebelpapieren gefühlt das halbe griechische Alphabet für eine Vielzahl von Kennzahlen, die die Wertentwicklung beeinflussen: Die Zertifikate-Welt erscheint auf den ersten Blick ein undurchschaubarer Dschungel zu sein. Tatsächlich ist es für viele Anleger zunächst nicht einfach, sich bei dieser Produktvielfalt zurechtzufinden. Entsprechend viele glauben daher, besser ganz ohne die Papiere auszukommen. Zugegeben: Nicht jede Struktur jedes Zertifikats ist überzeugend, einige sind in der Tat komplex und für Privatanleger nur schwer zu durchschauen. Und der ein oder andere Basiswert wie „mageres Schwein“ oder der Aktienindex von Bangladesch mag nur für sehr wenige Anleger interessant sein. Komplexe und exotische Papiere aber als Beleg dafür zu nutzen, dass Zertifikate überflüssig sind, führt in die Irre. Schließlich zählt es gerade zu den Stärken der Papiere, dass sich mit ihnen fast jede Investmentidee umsetzen lässt. Neben der Möglichkeit der einfachen Partizipation an der Entwicklung fast jedes denkbaren Basiswertes bieten sie Anlegern auch die Chance, von Seitwärtsbewegungen und Verlusten dieser Basiswerte zu profitieren – und damit Investmentstrategien umzusetzen, die lange Zeit institutionellen Anlegern vorbehalten waren. Gerade mit den weit verbreiteten und etablierten Strukturen wie etwa Bonus- und Discountzertifikaten lassen sich erwiesenermaßen hervorragende Ergebnisse erzielen. Anders als bei vielen anderen Anlageformen steht die Wertveränderung dieser Produkte für verschiedene Entwicklungen der jeweiligen Basiswerte dabei schon vor dem Kauf fest. Das erlaubt es, Zertifikate auch zur Absicherung bestehender Portfolios einzusetzen und zur Feinjustierung von Risiken zu verwenden. Besonders kurz- und mittelfristig können sie ein Direktinvestment aber auch ersetzen, weil sie häufig für eine ganze Bandbreite von Kursentwicklungen attraktive Erträge versprechen.Beim Direktinvestment hingegen entscheideneinzig der Kauf- und Verkaufskurs direkt über Erfolg oder Misserfolg. Natürlich müssen sich Anleger Gedanken über Basiswerte und deren künftige Entwicklung machen. Dann aber werden sie meist gleich mehrere Zertifikate finden, mit denen sich diese Meinung umsetzen lässt. Diese Produktvielfalt hat einen weiteren Vorteil: Sie sorgt für faire Preise. Weil häufig mehrere Emittenten das gleiche Produkt anbieten, konkurrieren sie über günstige Konditionen um die Kundschaft. Das geht so weit, dass einfache Indexzertifikate heute häufig ohne Verwaltungsgebühr und sogar ohne Spread zwischen Kauf- und Verkaufskurs angeboten werden und andere verbreitete Strukturen auf institutionellem Niveau gepreist werden. Und was schließlich das Risiko einer Bankenpleite angeht, das Branchenkritiker interessanterweise erst seit „Lehman“ besonders betonen: Wie auch für jede Anleihe gilt, dass sich das Ausfallrisiko des Emittenten anhand von Ratings und Risikoaufschlägen einschätzen lässt. Zudem gilt, was für Kapitalanlagen ohnehin immer zutrifft: Eine breite Streuung – in diesem Fall über unterschiedliche Emittenten – senkt das Risiko erheblich. Christine Romar ist bei der Citigroup Global Markets Deutschland AG verantwortlich für den Bereich strukturierte Investmentprodukte. Christine Romar Citigroup Global Markets Deutschland AG Von Christine Romar 43 BÖRSE am Sonntag · 16/1 5


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