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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstofe   Denkzeit Lebensart Bescheidenheit ist nicht ihre Stärke. Wenn die Manager von Rocket Intenet ihre Ziele definieren, dann klingt das so: „Unsere Mission: Das größte Internet- Unternehmen außerhalb der USA und Chinas werden.“ Dieser Satz prangt auf der Website von Rocket Internet ganz obenan und unterstreicht die wahrlich großen Ambitionen der Internet-Holding. 2007 gründeten die schillernden Samwer Brüder Rocket Internet und vergrößerten es jährlich, bis sie 2014 an die Börse gingen. Momentan beträgt die Marktkapitalisierung schon beeindruckende 4,7 Milliarden. Klingt gut – aber es sind zwei Milliarden Euro weniger als nach dem Börsengang. Die Aktionäre der ehrgeizigen Berliner müssen bislang vor allem zwei Eigenschaften beherrschen – leiden und hoffen. Die Strategie von Rocket Internet ist es, Anteile neugegründete Unternehmen aus der Internet-Branche zu erwerben, finanzieren und zu vergrößern. Das Unternehmen ist eine Mischung aus Heuschrecke, Investmentbank und Start-Up. Dabei werden gerne Erfolgsgeschichten verkündet und Portfoliobewertungen mit stolzen Zuwachsraten kommuniziert. So soll der Wert des Portfolios aus den vorgelegten Halbjahreszahlen um 3,4 auf 6,0 Milliarden Euro gestiegen sein. Wie nachhaltig und realistisch diese „Bewertungen“ freilich sind, darüber streiten sich Analysten. Das Unternehmen teilt sich in zwei große Sparten mit schicken Bezeichnungen: Die „Proven Winners“ und „Emerging Stars“. Proven Winners sind solche Firmen, deren Geschäftsmodell schon fortgeschritten ist. Aktuell hat Rocket Internet Anteile an zwölf dieser selbsternannten Proven Winners, wie zum Beispiel die Online Einrichtungshäuser Home 24, Westwing, den Kochbox-Anbieter „Hello Fresh“ oder auch der Essenslieferdienst „Food Panda“. Zu den „Emerging Stars“ gehört das Online Zahlungsmittel Paymill oder die Ferienhäuser und Wohnungsvermittlung Wimdu. Doch so „proven“ sind die „Winner“ nicht. Denn die gewaltigen Wachstumszahlen täuschen nicht über das Hauptproblem des Berliner Unternehmens hin: Verluste und immer wieder Verluste. Im ersten Halbjahr verzeichnete Rocket Internet ein Minus von 45,9 Millionen Euro nach einem Gewinn von 91,9 Millionen Euro im gleichen Vorjahreszeitraum. Bei einem derzeitigen Umsatz von bescheidenen 71,3 Millionen, der im ersten Halbjahr praktisch stagnierte, ist dieser Verlust enorm hoch. Auch die wichtigsten Beteiligungen bleiben tief in den roten Zahlen. Allein Westwing und Home 24 machten im ersten Quartal zusammen 38,5 Millionen Verluste. Die Zahlen sind nicht schlecht – nein, sie sind miserabel. Darum mussten auch die Anleger seit dem Börsengang 2014 leiden. Das Papier verlor in nur einem Jahr mehr als 35 Prozent an Wert. Im gleichen Zeitraum legte die Aktie von Ebay um 25 Prozent zu, und Amazon schaffte gar ein Plus 84 Prozent. Doch kaum steht der nächste Rocket-Börsengang an, läuft die PR-Maschine wieder rund die Aktie legt plötzlich zu. Trotz der schlechten Zahlen des Unternehmens stieg die Aktie um über 20 Prozent in nur zwei Wochen. Der Kurs hat sich wieder an die Marke von 30 Euro heran gepirscht. Die Analysten der Schweizer Großbank UBS stufen die Aktie auf „Buy“ ein – mit einem Kursziel von 50 Euro. Die Umsatzsteigerungen bei den Portfolio-Unternehmen seien erfreulich. CEO Oliver Samwer will mit dem Börsengang des Kochbox-Anbieters Hello Fresh nun dem Gesamtkonzen neuen Rückenwind verschaffen und eine Wende beim taumelnden Aktienkurs einleiten. Der Wert von Hello Fresh wird von Rocket Internet auf 2,8 Milliarden geschätzt, nachdem von einem Investor 75 Millionen Euro bereitgestellt worden seien. Nun scheint das Unternehmen an die Börse zu wollen, und das muss ja auch so sein, denn schließlich hatte Rocket Internet Stand: 02.10.2015 11 BÖRSE am Sonntag · 40/1 5 Aktie der Woche


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