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UNTERNEHMEN  Fonds   ZERTIFIKATE  rohstoffe   Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE Die Werke in Übersee wurden mit einem komplizierten System aus Firmenkonstrukten und über weitere Anleihen finanziert – ein Kartenhaus, das nun in sich zusammengefallen ist. Das Internetportal „Anlegerplus“ hatte schon am 15. Juli des letzten Jahres gewarnt: „Die Anleger sollten genau hinsehen bei der German Pellets GmbH, einem der größten Emittenten von sogenannten Mittelstandsanleihen in Deutschland. Intransparente Vorgänge, eine hohe Verschuldung und die operativen Risiken könnten die Rückzahlung der von der Gesellschaft begebenen Unternehmensanleihen zum Verlustgeschäft machen.“ Die Bestätigung kommt dieser Tage. Die Finanzlage des Unternehmens und das Geschäftsgebaren des Firmeneigners schürten „nicht gerade die Hoffnung, dass man viel von seinem Geld zurückbekommt“, sagte Marvin Müller-Blom von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, DSW. Zum 1. April wäre die nächste Anleihe fällig gewesen Das deutsche Unternehmen German Pellets wurde 2005 in Wismar gegründet. Es hat derzeit mit 15 Standorten in Deutschland, Österreich und den USA eine geschätzte Produktionskapazität von rund 2,2 Millionen Tonnen Pellets pro Jahr. Rund 650 Mitarbeiter standen im abgelaufenen Jahr auf der Lohnliste, und die Bilanz aus dem Jahre 2014 weist einen Umsatz von 593 Millionen Euro aus. Zum 1. April wäre eine Anleihe mit einem Volumen von 52,4 Millionen Euro fällig gewesen, die Verzinsung lag bei komfortablen 7,25 Prozent. Diese Anleihe notierte zu Jahresbeginn noch bei 96 Prozent, sie crashte inzwischen auf rund 1,5 Prozent – umgangssprachlich bedeutet dies: Totalverlust. Die Investmentbank Houlihan Lokey hat diesbezüglich eine „illustrative Wertaufholung“ erstellt; die Gläubiger müssen demzufolge auf eine Erfüllungsquote von 0,4 Prozent befürchten. Eine weitere, ebenfalls mit 7,25 Prozent verzinste Anleihe mit einem Volumen von 172 Millionen Euro, die German Pellets spätestens 2019 zurückzahlen müsste, steht ebenfalls im Feuer. Insgesamt bangen rund 17.000 deutsche Anleger um insgesamt 270 Millionen Euro, die Leibold über Unternehmensanleihen zu Höchstzinsen eingesammelt hatte. Unbeschadet dessen unternahm der Unternehmer im Februar eine Europa-Tour in einer Privatmaschine, wie das Handelsblatt berichtete. Die geschätzten Kosten für sieben Flüge belaufen sich demnach auf rund 25.000 Euro. Die Frankfurter Allgemeine bezifferte derweil die Schulden, die Leibold aufgehäuft hat, mit rund 350 Millionen Euro. Und die Summe der Verbindlichkeiten könnte sich noch empfindlich erhöhen, denn in den USA werden wegen der geplatzten Anleihen bereits Klagen gegen German Pellets vorbereitet. Wie war das damals bei Prokon? Der Vergleich zu Prokon drängt sich auf. 1,4 Milliarden Euro waren es dort, die vom Winde verweht wurden. Auch German Pellets positionierte sich als Ökokonzern und beschwor die Nachhaltigkeit – gegen das Öl, gegen die „old economy“. German Pellets lud seine Investment-Idee mit einem Trendthema auf. Das blendete offenbar viele Anleger. Zudem lag die Eigenkapitalquote bei German Pellets zuletzt bei schmalen 8,7 Prozent, inzwischen dürfte sie sich marginalisiert haben. Auch dies ist übrigens eine Parallele zu Prokon, wo das 19 BÖRSE am Sonntag · 09/1 6 Unternehmen der Woche


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