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rohstoffe   Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE  unternehmen  Trading   fonds   ZERTIFIKATE Öl Die Ölpreise haben in der letzten Woche dank der eher überraschenden Einigung der OPEC eine formidable Rallye hingelegt. Die Nordseesorte Brent kletterte um über zehn Prozent von 46 auf knapp 54 Dollar je Fass, das US-Leichtöl WTI legte auf rund 51 US-Dollar zu. Der Preis für Rohöl stand seit 2014 wegen eines Überangebots stark unter Druck. Nun konnte sich die OPEC erstmals seit 2008 auf eine Förderbremse einigen. Die Mitglieder des Öl-Kartells haben bei ihrer jüngsten Sitzung in Wien der Grundsatzvereinbarung vom September zugestimmt. Die meist heillos zerstrittenen 14 Ölförderländer beschlossen, knapp 1,2 Millionen Barrel pro Tag weniger – also nur noch 32,5 Millionen Barrel – zu produzieren. „Die OPEC hat geliefert und die Bullen am Markt haben das, was sie sich erhofft hatten“, sagte Jefferies-Experte Jason Gammel. „Momentan haben die Ölpreise eine gewaltige Stütze.“ Die Analysten von Goldman Sachs rechnen, so erfuhr dpa, mit einem Anstieg der Brent-Preise auf 55 Dollar in der ersten Hälfte kommenden Jahres. Die Experten von Morgan Stanley sehen ein Preisband von 50 bis 60 Dollar als wahrscheinlich an, knüpfen diese Erwartung aber an die Bedingung, dass die OPEC die Produktionskürzung auch beibehält. Rallye könnte von kurzer Dauer sein Dauerhaft werde der Preis aber nicht so hoch bleiben, denn die geringeren OPECMengen öffneten den Raum für die USSchieferöl Industrie, die nun wieder attraktiver werde, hieß es in Beobachterkreisen. Dass die OPEC-Entscheidung eher ein kleiner als ein großer Durchbruch ist, zeigt auch das Verfallsdatum des Abkommens: Die Kürzung ist ab Januar zunächst auf ein halbes Jahr begrenzt. Zudem ist die im September dieses Jahres in Algerien beschlossene, prinzipielle Förderkürzung kein allzu großer Deal. Das tägliche Produktionsvolumen soll auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel nach zuletzt geschätzten 33,6 Millionen Barrel gesenkt werden. Besonders der Iran hatte sich gegen eine Drosselung gestellt. Das Land wollte nach dem Ende der Wirtschaftssanktionen sogar mehr Öl fördern, Saudi-Arabien forderte ein Einlenken. Ob die Eingung von Dauer ist, bleibt abzuwarten. Saudi-Arabien und der Iran sind verfeindet, denn in Saudi-Arabien herrscht ein rein sunnitisches, islamisches Regime, das exakt nach Koran ausgerichtet ist und bei Menschenrechten und gesellschaftlichem Fortschritt noch weit hinter den finstersten Zeiten des europäischen Mittelalters rangiert. Der Iran dagegen ist das weltweite Zentrum der schiitischen Moslems, hier bemüht man sich wenigstens in etwas, das finstere Mittelalter hinter sich zu lassen. Saudi-Arabien und Iran sind dementsprechend auch auf unterschiedlichen Seiten im Syrien-Krieg engagiert. Dieser Konflikt darf bei Prognosen zum Ölpreis keinesfalls unbeachtet bleiben, und ab Juli 2017 werden die Karten ohnehin neu gemischt. sig WTI-Öl vs. Brent-Öl Dauerhaft wird der Ölpreis nicht so hoch bleiben, denn die geringeren OPEC-Mengen öffnen den Raum für die US-Schieferöl-Industrie. 31 BÖRSE am Sonntag · 48/1 6


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