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BÖRSE AM SONNTAG | Ausgabe 26

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Frankfurt und London – Stellt der Brexit vieles auf den Kopf? 28 BÖRSE am Sonntag · 26/17 Gastbeitrag Seit dem 29. März ist es endgültig. Es scheint unumkehrbar. Das United Kingdom verlässt die europäische Union. Damit kehrt auch London der EU den Rücken. Nun bangt die Finanzmetropole um Unternehmenssitze, Arbeitskräfte, Forschungseinrichtungen und nicht zuletzt ihr Image. Viele Finanzinstitute denken über Sitz- und Jobverlagerungen nach. Wer profitiert wie? Und wer verliert was? Im Mittelpunkt steht der Zugang zum europäischen Finanzmarkt. Bisher profitierte das UK als EU-Mitgliedsland von den vier Freiheiten des europäischen Binnenmarktes und London damit zuvorderst von der Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit. Durch sogenannte Finanzpässe waren Banken, Investmentfonds und Co. berechtigt, von London aus, Dienstleistungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten anzubieten, ohne weitere Regularien beachten zu müssen. Das galt auch für Banken aus Nicht-EU-Ländern mit Sitz in London. Frankfurt dagegen könnte seine internationale Wertschätzung durch Londons ungewollte Hilfe aufpolieren. Historisch bedingte Skalen- und Größenvorteile machten die britische Metropole zum Eintrittstor für Kapitalflüsse in die EU. Genau dieses Tor könnte sich nun verschließen. Durch den Brexit drohen die Pässe ihre Gültigkeit zu verlieren. Vom Entzug jener wären wohl über 5.500 Finanzinstitute und damit einhergehend um die 336.000 Passregelungen betroffen. Da sieht auch Sandra Navidi von BeyondGlobal Gefahr: „Viele haben London als Zentrale genutzt, als europäisches Passport. Wie es da weiter geht, ist völlig unsicher“, so Navidi. Auch große Banken hätten schon angekündigt, dass sie wahrscheinlich Arbeitsplätze und Aktivitäten aufs Festland verlegen müssen. Hinzu kommt der wahrscheinliche Verlust von Clearing-Aktivitäten. Dabei handelt es sich um die Abwicklung von auf Euro lautenden Finanzgeschäften. Das Clearing von Finanzprodukten darf zwar in Ländern vonstattengehen, die nicht Teil des europäischen Währungsraumes sind, nicht aber in Ländern, die kein Teil mehr der EU sind. Das Londoner Problem: Der Finanzplatz ist bisher das mit Abstand wichtigste Zentrum für


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