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BÖRSE AM SONNTAG | Ausgabe 26

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART 30 BÖRSE am Sonntag · 26/17 Gastbeitrag die Clearinghäuser bei einer Standortverlegung wohl für Deutschland entscheiden dürften. Und: Der Anteil von Auslandsbanken an der Banken-Gesamtzahl ist nach Einschätzung der hessischen Landesbank mit 50 Prozent sogar dem von London entsprechend. In Paris beträgt er nur 30 Prozent. Diese höhere Dichte könnte dazu führen, dass sich ausländische Banken bei Abwanderung aus London für Frankfurt entscheiden und nicht für Paris. Als weiterer Vorteil darf die Deutsche Börse AG mit Sitz in Frankfurt gelten. Der Helaba zur Folge lag deren Marktkapitalisierung 2015 bei zirka 15,7 Milliarden Euro. Damit lag das Unternehmen vor der LSE (13 Milliarden Euro) und der „Euronext“ (3,3 Milliarden Euro). Frankfurt liege ebenso in Sachen Innovationskraft vorn. Hinzu kämen relativ geringe Lebenshaltungskosten und vergleichsweise günstige Mieten für Bürogebäude, wie die Helaba in ihrer Studie mitteilt. Vergleichsweise kurze Wege, der Frankfurter Flughafen und ein gut funktionierendes Verkehrsnetz heben Frankfurt weiter von Konkurrent Paris ab. Unter anderem im Devisenhandel, auf dem Beteiligungsmarkt und im Geschäft mit Unternehmensübernahmen und Fusionen dürfte sich demzufolge einiges an Aktivität von London nach Frankfurt verschieben. Er sei zuversichtlich, dass von den fünf größten US-amerikanischen Bankhäusern drei ihre Geschäfte von London nach Frankfurt verlagern werden, so Hubertus Väth, Geschäftsführer der für das Standortmarketing zuständigen Frankfurt Main Finance. Von einem großen Finanzdienstleister- Zustrom kann deshalb aber nicht gesprochen werden, dafür dürften die Zugewinne zu moderat ausfallen. London verliert – Frankfurt könnte gewinnen Alles in allem könnte London durchaus im kleinen Rahmen an Bedeutung und internationalem Image verlieren, Frankfurt etwas davon hinzugewinnen. Das Verhältnis zwischen den Finanzplätzen wird sich deshalb aber kaum verändern. London mag Arbeitskräfte, Unternehmenssitze und Marktanteile verlieren, in Frankfurt werden diese damit aber nicht um den gleichen Faktor mehr werden. Die Erklärung dafür ist einfach: Nicht alle Geschäfte werden sich – trotz guter Ausgangsposition – von London nach Frankfurt verlagern. Zum Ende des laufenden Jahres rechnet Väth mit etwa 1000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. 2021 mit rund 10.000 Stellen mehr als heute. Was sehr optimistisch ist. Und selbst das wären gerade einmal ein bis zwei Prozent der gesamten Londoner Beschäftigung. Frankfurt kann also vielleicht minimal gegenüber London aufholen. Deshalb ändert sich aber nicht gleich das Verhältnis. Dafür ist London zu groß und weltweit einfach zu bedeutend. Geschäfte, die unabhängig vom europäischen Markt sind, werden von Finanzdienstleistern sehr wahrscheinlich weiterhin von London aus gesteuert. Damit bleibt der Finanzplatz ein extrem wichtiges Zentrum für Finanzaktivitäten. Am Ende bleiben die Auswirkungen für beide Finanzplätze schwer vorherzusagen. Klar aber ist: Es gibt sie. Früher oder später. Stärker oder schwächer. Und mit großer Sicherheit werden sie für Frankfurt positiver ausfallen als für die Stadt an der Themse, die sich im Zuge des Brexit mit einigen Herausforderungen konfrontiert sieht. Oliver Götz Foto: © shocky - Fotolia.com


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