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BÖRSE AM SONNTAG | Ausgabe 26

das Wachstum ungebremst zu sein. Dazu passt, dass die europäische Statistikbehörde Eurostat ihre Wachstumsprognose für die Wirtschaft Europas aktuell nach oben korrigiert hat. Ein derart starkes Wachstum konnte zuletzt vor zwei Jahren beobachtet werden. Was können die Gründe für den ungebremsten Börsenboom 33 BÖRSE am Sonntag · 26/17 sein? Der stärkste Treiber ist mit Sicherheit das billige Geld, das die Notenbanken seit Jahren in den Markt pumpen. Mit Niedrigstzinsen und QE, dem billionenschweren Aufkaufprogramm, wird dieser mit Liquidität versorgt. Weil andere Anlageformen nichts mehr abwerfen und die Sparer, aber auch die Großinvestoren, massiv unter Druck geraten, fließt das Geld in die Aktienmärkte. Zwar erhöht die US-Notenbank Fed die Zinsen wieder schrittweise, doch im Euroraum ist das nicht absehbar. Wer den Worten von Draghi folgt, wird schnell heraushören, dass sich an der Zins- Situation so schnell nichts ändern wird. Der einzige Ausweg aus dem Dilemma sind daher Aktien und Aktienfonds, zu denen es momentan keine Alternative gibt. Trotz politischer Unsicherheit herrscht hier Unbekümmertheit. Natürlich ist nicht absehbar, wann die nächste große Korrektur an den Märkten erfolgt. Nach Meinung zahlreicher Marktkenner ist es durchaus denkbar, dass die Kurse noch einige Zeit steigen werden. Denn die Gewinnmeldungen vieler Unternehmen sind durchaus solide. Oft verwechselten Investoren nämlich die schwierige Lage eines Staates mit der individuellen Aufstellung der dort heimischen Firmen. Man könnte daher meinen, dass die Hausse vermehrt Anleger anzieht, die sich aus dem Zinstief befreien wollen. Doch überraschenderweise sinkt gerade in Deutschland die Zahl der Aktionäre. Laut Deutschem Aktieninstitut (DAI) investierte im Jahr 2016 nur jeder siebente Bundesbürger in Aktien und/oder Fonds, das entspricht neun Millionen Aktionären und stellt keine Veränderung zum Vorjahr dar. Nimmt man die Zahl der über 14-Jährigen, so investieren 14 Prozent der Bevölkerung in Deutschland am Aktienmarkt. Zum Vergleich: In den USA liegt der Anteil bei stolzen 52 Prozent. So profitieren momentan vor allem institutionelle Anleger von dem Börsenboom, die noch dazu verstärkt aus dem Ausland kommen. Der Großteil der Aktien von Dax- Unternehmen liegt in den Händen von nicht heimischen Investoren. Daher ist es gerade in Zeiten von Niedrigzinsen und drohender Altersarmut wichtig, dass die wirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Bildung bereits in der Schule ansetzt. Anderenfalls kann die große Mehrheit der Deutschen, die weiterhin nur aufs Sparbuch setzt, weiter beim Abschmelzen seines Vermögens zuschauen, während der Rest der Welt den Börsenboom feiert. Thomas Soltau Vorsitzende der wallstreet:online capital AG mit Sitz in Berlin foto © Weerachai Khamfu / Shutterstock.com AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART


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