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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 31

ROHSTOFFE LEBENSART AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN TRADING FONDS ZERTIFIKATE BÖRSE am Sonntag · 31/17 Kolumne 44 Marcus Landau Derivate-Experte bei der DZ BANK in Frankfurt Gut zwei Monate ist es inzwischen her, dass sich die OPEC-Staaten mit elf weiteren Ölproduzenten auf die Verlängerung ihres Förderbegrenzungspakts bis zum 31. März 2018 geeinigt haben. Der erhoffte Erfolg dieser Maßnahme blieb bisher jedoch mehr als aus. Statt für eine Stabilisierung zu sorgen, haben sich die Preise für das „Schwarze Gold“ weiter verbilligt und zwischenzeitlich sogar neue 6-Monats Tiefs markiert. Nichts ist schlimmer als enttäuschte Erwartungen Den Hauptgrund hierfür sehen die Analysten der DZ BANK in der übertrieben negativen Marktstimmung. Im vierten Quartal 2016 hatte die „Kürzungskoalition“ dem Markt mit einer „fossilen Milchmädchenrechnung“ noch einen recht zügigen Weg zur Normalisierung der globalen Rohölbestände suggeriert. Dies hatte die Notierungen von 45 auf 55 US-Dollar nach oben getrieben. Der verkündete Normalisierungsfahrplan konnte aufgrund eigener Fehler (u.a. Überproduktion im November und Dezember), des zügiger als erwarteten US-Schieferöl-Comebacks und der Produktionserholung in Libyen und Nigeria aber nicht eingehalten werden. So wurde die bereits erwähnte Verlängerung des Förderbegrenzungspaktes notwendig. Der über die Verzögerung enttäuschte Markt schaltete daraufhin zunehmend in den Pessimismus-Modus. Dabei nennen die DZ BANK-Analysten insbesondere fünf Punkte, an denen sie die Marktwahrnehmung derzeit als zu negativ empfinden. So sei der Kürzungsbund aus OPEC- und Nicht-OPEC-Staaten weniger erfolglos, als es derzeit allgemein dargestellt wird. Zudem werde das (objektiv beeindruckende) US-Produktionswachstum überschätzt und die Marktdiagnose einer fortgesetzten Produktionserholung in Libyen und Nigeria sei zu ambitioniert. Davon abgesehen wäre die globale Ölnachfrage stabiler als ihr Ruf und zuletzt seien die geopolitischen Gefahren zu gegenständlich, um sie (nahezu) vollständig zu ignorieren. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass aus verschiedenen Gründen, wie etwa dem saisonal bedingten Anziehen der Nachfrage, bereits im laufenden Halbjahr mit einem spürbaren Abbau der globalen Lagerbestände zu rechnen ist, können schon veränderte Markterwartungen bei einem oder zwei der genannten Punkte zu einem Stimmungswandel – und somit wieder über die 50-US-Dollar-Marke hinaus kletternden Rohöl vor dem Comeback? Die aktuelle Stimmung an den Ölmärkten ist überzogen pessimistisch. Schlechte und sogar gemischte Nachrichten werden umgehend negativ eingepreist, positive praktisch vollständig ignoriert. Das kann sich allerdings auch schnell wieder ändern.


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