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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 48

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Wiegand: Eine baldige Schuldenkrise in China halten wir für unwahrscheinlich. Chinas Kapitalkonto ist nicht offen und die meisten Schulden werden von einheimischen Investoren gehalten. Das eigentliche Schuldenproblem beschränkt sich auf bestimmte Sektoren, darunter China Railway, die Kohle- und Stahlindustrie, den Baustoff, Schiffbau- und Immobiliensektor, die sich gerade in der Umstrukturierung befinden. Der Großteil des Unternehmenssektors weist hingegen eine niedrige Verschuldung auf. Zudem hat die Verschuldung der Kommunalverwaltungen zwar stark zugenommen, doch dürfte dieser Anstieg im kommenden Jahrzehnt geringer ausfallen. BÖRSE am Sonntag: Haben ETF Investoren den Trend hin zu chinesischen Aktien bisher vernachlässigt? Wiegand: Es ist tatsächlich interessant, dass ETF-Investoren die Gelegenheit in chinesische Aktien zu investieren, bisher weitgehend verpasst haben: Im vergangenen Jahr stiegen die Vermögenswerte der in Europa gelisteten chinesischen ETFs nur um 78 Millionen Euro, und in den vergangenen fünf Jahren sind die in chinesischen Aktien-ETFs investierten Vermögenswerte sogar um 2,1 Milliarden Euro zurückgegangen. Auch 2017 waren die Zuflüsse europaweit in China-ETFs bisher nur verhalten. Dieses Bild dürfte damit zu erklären sein, dass Investoren aktiv verwaltete Fonds und Direktinvestitionen, insbesondere in Aktien der bekannten chinesischen Technologiekonzerne, bevorzugen. Zudem geht die hohe Rendite mit einer sehr großen Volatilität der Aktienkurse einher. Allerdings haben wir bei Xtrackers in den vergangenen Monaten bereits erste deutliche Zuflüsse in China-ETFs gesehen. Ob dies schon eine Trendwende ist, bleibt abzuwarten. BÖRSE am Sonntag: Blicken wir etwas in die Zukunft. Wie ist Ihre Prognose für Chinas Wirtschaft? Wiegand: Insgesamt ist unverkennbar, dass die meisten Wirtschaftsindikatoren 37 BÖRSE am Sonntag · 48/17 in China die Erwartungen zuletzt übertroffen haben, so dass die Deutsche Asset Management ihre Wachstumsprognose für 2017 von 6,5 auf 6,7 Prozent und für 2018 von 6,3 auf 6,5 Prozent anheben konnte. Diese positive Entwicklung spiegelt ein starkes globales Umfeld sowie strukturelle Verbesserungen im Inland wider. Der bisherige Jahresverlauf wurde von soliden Fundamentaldaten, kürzlich angekündigten Reformen staatlicher Unternehmen und Plänen zur Umstrukturierung der Wirtschaft getragen, die alle die langfristigen Wachstumsaussichten der Wirtschaft stützen dürften. Darüber hinaus helfen eine stärkere Importnachfrage in den USA und Europa die Exporte Chinas. Insbesondere jüngere Handelsdaten des chinesischen Zollbüros sprechen für eine Fortsetzung des zuletzt expansiven Exportwachstums. Foto: © Blue Planet Studio - Shutterstock.com


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