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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe_02

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Die Bedeutung der Idiosynkrasie 2017 war, trotz eines nicht unproblematischen Handelsumfelds, ein weiteres gutes Jahr für Schwellenländeranlagen. Der dafür wichtigste Faktor war das außergewöhnlich synchronisierte globale Wachstum, dessen Ende aktuell nicht abzusehen ist. Synchronisiertes Wachstum bedeutet für die Emerging Markets (EM) aufgrund ihres unterentwickelten Potentials exponentielle Vorteile. Dies bedeutet, dass Perioden starker externer Nachfrage ein Wachstum schaffen, das nicht durch die Nähe der Spitzenleistung eingeschränkt wird, wie es in der entwickelten Welt der Fall sein kann. Mit Blick auf das Jahr 2018 sind klare Unterschiede erkennbar, in welcher Zyklusphase sich die wichtigsten Wirtschaftsregionen jeweils befinden. Einerseits scheinen Europa und die Schwellenländer immer noch in einer frühen Wachstumsphase zu sein, während die USA andererseits nahezu mit Sicherheit die zweite Zyklushälfte erreicht haben, möglicherweise sogar in einer noch späteren Phase sind. China hat unterdessen eine leichte freiwillige Verlangsamung der Konjunktur zustande gebracht. Das Land strebt eine Entschärfung des Kreditwachstums an und hofft, eine stabile Basis zu etablieren, auf der die Wirtschaft allmählich wieder Fahrt aufnehmen kann. Mangelnde Inflation als struktureller BÖRSE am Sonntag · 02/18 Kolumne 30 Dauerzustand Doch trotz des synchronisierten globalen Wachstums ist nach wie vor kaum Inflationsdruck entstanden. Dies überrascht nicht, da die gesamte Inf lations-Dynamik kein zyklisches Phänomen mehr ist, sondern eher zu einem strukturellen Dauerzustand geworden ist. Die Nachfrage zieht zwar an, der resultierende Effekt wird jedoch nach wie vor von den Auswirkungen der globalen Digitalisierung ausgeglichen. Dafür gibt es historische Präzedenzfälle. Der außergewöhnlichste korrelierte mit den Erfindungen der Eisenbahn und des Telegraphensystems, die in Kombination eine deflationäre oder disinflationäre Ära verursachten, die gut zwei Jahrzehnte andauerte. Rein aus dieser Perspektive gesehen scheint die niedrige Inflation zum Dauerzustand zu werden – ein schwieriges Umfeld für Fixed Income-Investoren. Hier bieten idiosynkratische Chancen interessante Gelegenheiten. So war die EU beispielsweise unter den grössten Volkswirtschaften der Welt lange Zeit ein Nachzügler bei der konjunkturellen Erholung. Daraus ergibt sich, dass die Anleiherenditen vom aktuellen Niveau aus kräftig steigen müssten und die Kurse deutlich zurückgehen dürften. Infolgedessen erwarten wir, dass sich deutsche Bundesanleihen erheblich schlechter entwickeln werden als US-Treasuries. In gewisser Weise ähnlich ist die Situation in den Schwellenländern. Hier besteht nicht nur Spielraum für eine weitere Erholung, hier ist zusätzlich der Effekt der wieder ins Gleichgewicht gekommenen Wirtschaft noch nicht zur vollen Entfaltung gelangt. Nach einigen harten Jahren, in denen schrumpfende Leistungsbilanzdefizite und ein rückläufiges Enzo Puntillo Head of Fixed Income bei GAM Investments


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