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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 05

LEBENSART ROHSTOFFE AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN TRADING FONDS ZERTIFIKATE Die sieben Todsünden des Kartellrechts Genau so wie man die sieben Todsünden im Christentum als Grundgefährdungen des Menschen sieht, können die sieben Todsünden des Kartellrechts hier als Grundgefährdungen einer ausbalancierten Wirtschaft gesehen werden. „Ausbalanciert“ definiert sich als Wirtschaft, die mit sich im reinen ist, die Spaß macht, die in voller Breite Grundbedürfnisse befriedigt und gesunde Spaßbedürfnisse – also: Selbstverwirklichung – zulässt, die an die Menschen nach Kompetenz Arbeitsplätze verteilt und sie sodann gerecht mit Geld versorgt, mit dem sie diese Bedürfnisse nach Wollen und Können befriedigen. Was hier in wenigen Worten umschrieben wurde, ist nichts anderes als unsere gute alte Soziale Marktwirtschaft. Und damit sind wir bei den sieben Todsünden des Kartellrechts und der hier zu beweisenden These, dass es ebendieses Gesetzeswerk – und darin insbesondere das Kartellverbot – ist, dass unseren Wohlstand in Gefahr bringt. Weil es dafür verantwortlich ist, dass unsere Wirtschaft immer mehr aus der Balance gerät. Oder anders ausgedrückt: dafür verantwortlich ist, dass sich unsere Soziale Marktwirtschaft nach und nach immer mehr in eine ungemütliche „kapitalistische“ Wirtschaft verwandelt. Achtung! Hier soll nicht der Kapitalismus kritisiert werden, sondern der ausufernde Kapitalismus amerikanischer Provenienz, also der Turbo- oder Raubtierkapitalismus. Der Kapitalismus, also das Privateigentum an sich, ob das Eigentum am eigenen Auto, am eigenen Haus oder an der eigenen Fabrik, soll nicht berührt werden. Ego und BÖRSE am Sonntag · 05/18 Marktgeschehen 52 Eigentum sind untrennbar mit unserer menschlichen Natur verbunden. Jedes Kleinkind weiß schon, was ihm gehört, wenn es sagt: „Das ist meins“. Doch gibt einen Virus, der systematisch und permanent an den gesunden sozialen und wirtschaftlichen Strukturen unseres Landes und den Wohltaten der Sozialen Marktwirtschaft knabbert. Und dieser Virus heißt „Kartellverbot“, seit 1958 theoretisch festgeschrieben im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, allerdings erst seit dem Jahr 2007 mit Wegfall vieler Ausnahmen in seinen desaströsen Auswirkungen auch für Deutschland in vollem Umfang wirksam. Todsünde 1: Das Kartellrecht zerstört Freundschaften und Gemeinschaften. In der ersten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem, was man heute in der Wirtschaft unter „Kartellen“ versteht, stellte der Ökonom Friedrich Kleinwächter im Jahr 1883 fest, dass Kartelle als „Hilfe in der Not“ entstanden waren. Die „Not“, also der konkrete Anlass, das war die Gründerkrise das Jahres 1873 und das waren unendlich viele Konkurse, allein im Bankenwesen 41 innerhalb von nur sechs Monaten. Man kann sich vorstellen, wie es in der übrigen Wirtschaft aussah, als deren finanzwirtschaftlicher Rückhalt zusammenbrach. Das Ganze geschah in einer Zeit, als die großbürgerlichen Freundschaften keine lockere WhatsApp- Fernbeziehungen waren, sondern in der sich die Studentenschaft noch ausnahmslos Studentenverbindungen und über das akademische Milieu hinaus anderen korporierten Gruppen, die aber gesellschaftlich wirksam waren, organisierte. Besonders wirkmächtig waren aber die alten Kontakte von der Universität, einerseits manifestiert durch Burschenschaften, Landsmannschaften und Corps, die durch ihre Mensurbeflissenheit Florian J. Hoffmann Rechtsanwalt mit den Spezialgebieten Wirtschaftsrecht und Kartellrecht


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