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Amazon-Aktie: Erfolg ohne Gewinn

Die Amazon-Aktie hat sich dieses Jahr herausragend entwickelt. Obwohl das Unternehmen kaum Gewinne einfährt, fahren die Aktionäre auf die Anteilsscheine des E-Commerce-Riesen ab. Ein Ende des atemberaubenden Aufwärtstrends ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Das Beste könnte zum Schluss kommen. Schließlich steht das enorm lukrative Weihnachtsgeschäft vor der Tür.

BÖRSE am Sonntag

Die Amazon-Aktie hat sich dieses Jahr herausragend entwickelt. Obwohl das Unternehmen kaum Gewinne einfährt, fahren die Aktionäre auf die Anteilsscheine des E-Commerce-Riesen ab. Ein Ende des atemberaubenden Aufwärtstrends ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Das Beste könnte zum Schluss kommen. Schließlich steht das enorm lukrative Weihnachtsgeschäft vor der Tür.

Die Amazon-Aktie unterm Baum und Weihnachten wird ein Traum? Angesichts der traditionell ausgelassenen Shoppinglaune in der Adventszeit dürfte dieser Gedanke aktuell vielen Anlegern durch den Kopf gehen. Zwar sorgte die OECD durch ihre jüngste Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft 2015 mit einer Herabsetzung um einen halben Prozentpunkt auf 3,3 Prozent nicht sonderlich für Jubel, Trubel, Heiterkeit bei den Börsianern. Doch das Weihnachtsgeschäft ist von dieser Aussicht offenbar wenig tangiert. „Produktion und Investitionen sind weltweit relativ schwach. Konsum und Binnenmärkte treiben zurzeit das Wachstum, nicht nur in der Eurozone, sondern auch in den USA, China und Japan", analysiert Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, die Situation.  Dass E-Commerce-Riese Amazon dabei ganz besonders von der (vor)-weihnachtlichen Konsumfreude profitieren wird, ist dabei so sicher wie der Weihnachtssegen des Papstes. Zumal sich der Online-Anteil am Gesamtumsatz über alle Branchen hinweg inzwischen der 10-Prozent-Marke nähert. Bei Spielwaren, Elektronik, Bücher oder Bekleidung hat er diese Grenze bereits längst überschritten.

Die Entwicklung der Amazon-Aktie spiegelt dabei den Boom des Onlinehandels in außergewöhnlicher Manier wider. Seit Jahresbeginn hat sich das Papier mehr als verdoppelt, und befindet sich aktuell auf bestem Wege 2,5-mal so teuer zu sein wie noch im Januar. Damit beansprucht der E-Commerce-Gigant einen absoluten Spitzenplatz im erlesenen Kreis der Top-Performer im S & P 500. Zuletzt konnte das von Jeff Bezos geleitete Unternehmen in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen Gewinne einfahren. Insbesondere die jüngsten Quartalszahlen, die ein sattes Umsatzplus von 23 Prozent auf 25,4 Milliarden Dollar aufwiesen, sorgen für nachhaltige Begeisterung bei den Aktionären. Der operative Gewinn verzeichnete einen Anstieg auf 406 Millionen Dollar. Nachdem Amazon vor Jahresfrist noch einen operativen Verlust von 544 Millionen Dollar hinnehmen musste, war die Freude über diese Zahl in Seattle besonders groß. Dennoch ist Kennern des Börsengeschehens bewusst, dass sich der Gewinn von Amazon gemessen am Aktienkurs noch immer in extrem niedrigen Bereichen aufhält. Allerdings scheint dieses Phänomen von der Amazon-Unternehmensführung bewusst herbeigeführt, da selbige lieber einen aggressiven Wachstumskurs fährt und auf immer neue Ideen setzt, anstatt hohe Gewinne zu fördern.

Dank Amazons zielstrebig-rastloser Umtriebigkeit gelingt es dem weltweit größte Online-Versandhändler, ständig in neuen Geschäftsfeldern Fuß zu fassen. So wurde beispielweise in Deutschland der Musik-Streaming-Dienst Amazon Prime Music vor wenigen Wochen ins Leben gerufen, der seinen Abo-Kunden ohne Zusatzkosten Zugriff auf rund eine Millionen Songs gewährt. Auch der Vorstoß, Bücher in ganz klassischen Buchläden offline verkaufen zu wollen, sorgte zuletzt für verheißungsvolle Zukunftsaussichten. Als geschäftlich rentabel hat sich inzwischen die Cloud-Sparte herauskristallisiert, die aus der Idee entstand, technische Überkapazitäten für Stoßzeiten wie etwa das Weihnachtsgeschäft den Rest des Jahres zu vermieten. Viele Unternehmen werden durch diese mit Rechenleistung aus dem Netz versorgt und bringen im Gegenzug die Kassen bei Amazon zum Klingeln. Um satte 78% kletterte der Umsatz der Cloud-Sparte zuletzt und knackte damit die 2-Milliarden-Dollar- Marke. Der Gewinn explodierte dabei regelrecht um 432% auf 521 Mio. Dollar. Damit geht über die Hälfte Konzerngewinns auf das Konto der Cloudsparte, die 8% der Amazon-Umsätze ausmacht. Weitere neue, innovative Projekte befinden sich auch schon in der Pipeline. Beispielsweise will Amazon über seinen Lieferdienst Amazon Fresh schon bald im Onlinehandel mit Lebensmitteln vertreten sein. Dass allerdings nicht alles was der Konzern anfasst automatisch zu Gold wird, belegt das Smartphone Fire Phone, das nach nur 14 Monaten wegen anhaltender Erfolglosigkeit vom Markt genommen werden musste.

Dennoch kann weder dieser Flop noch die öffentliche Kritik am Umgang mit den Mitarbeitern den Wachstumskurs der Amazon-Aktie stoppen. Glaubt man den Analysten, könnte das Papier die perfekte Bescherung zu Weihnachten sein. Schließlich empfehlen 34 Experten den Kauf der Anteilsscheine, während acht weitere zum Halten der Aktie raten. Eine Verkaufsempfehlung gibt es dabei von keinem einzigen. Allerdings ist die Amazon-Aktie bereits heute sehr teuer und kann nur durch weiterhin starkes Wachstum diese Bewertung rechtfertigen. Hohe Gewinne fährt das Unternehmen schließlich nach wie vor nicht ein. WIM