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Nach Katastrophenzahlen – Wohin steuert BMW?

Erstmals seit zehn Jahren rutscht die Autosparte der Münchner ins Minus. Die groß angekündigte, neue Modelloffensive scheint zu verpuffen. Hohe Rückstellungen und in vielerlei Hinsicht steigende Kosten drücken schwer auf das Ergebnis. BMWs Fahrt in die Zukunft wird zu einer auf der Holperpiste.

BÖRSE am Sonntag

Erstmals seit zehn Jahren rutscht die Autosparte der Münchner ins Minus. Die groß angekündigte, neue Modelloffensive scheint zu verpuffen. Hohe Rückstellungen und in vielerlei Hinsicht steigende Kosten drücken schwer auf das Ergebnis. BMWs Fahrt in die Zukunft wird zu einer auf der Holperpiste.

Es sind Zahlen des Grauens, die BMW am Dienstag mit Blick auf das erste Quartal 2019 veröffentlicht hat. Zumindest auf Ergebnisseite. Im Kerngeschäft, sprich dem mit Automobilen, wurden aus rund 1,8 Milliarden Euro Gewinn im Vorjahr, 310 Millionen Euro Verlust. Zum ersten Mal seit 2009, als die Münchner im dritten Quartal ein Minus von 76 Millionen Euro angehäuft hatten, rutschten sie damit wieder in die roten Zahlen. Als Hauptursache gelten Rückstellungen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro, die sie an der Isar in Anbetracht drohender Strafen aus dem EU-Kartellverfahren wegen illegaler Absprachen bei der Abgasreinigung gegen Daimler, Volkswagen und sich selbst, bilden mussten.

Ohne diesen wohl einmaligen negativen Sondereffekt, hätte das Ergebnis deutlich, mit weit über einer Milliarde Euro, im Plus gelegen. Und auch das Konzerngesamtergebnis wäre nicht derart drastisch, um 75 Prozent auf 762 Millionen Euro, in die Tiefe gestürzt. Hinzu kommt, dass BMW mit zirka 605.000 verkauften Fahrzeugen in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres den mit Blick auf erste Quartale neunten Absatzbestwert in Folge verbuchen konnte. Damit haben die Bayern als einziger von drei deutschen Premiumherstellern keinen Rückgang verzeichnen müssen, sondern ein kleines Plus von 0,1 Prozent. Und auch den Umsatz konnten sie bei BMW stabil halten. Er sank nur geringfügig um ein Prozent auf 22,46 Milliarden Euro.

Operative Rendite sinkt dramatisch

Alles halb so wild und doch nicht ganz so grau, mag man da meinen. Dabei werden die Schlaglöcher in der Bilanz erst offenbar, blättert man etwas tief rein ins Zahlenwerk des Autobauers. Besonders eine Angabe wirkt als Stolperstein. Die zur operativen Rendite, bei Automobilherstellern traditionell ein wichtiger Kennwert, zuvorderst für diejenigen, die im Premiumsegment tätig sind. Bei BMW lag sie im abgelaufenen Quartal bei 5,6 Prozent. Und damit nicht nur 4,1 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, sondern auch noch um 0,8 Prozent niedriger, als bei Großkonzern Volkswagen, der neben Audi vor allem viele günstigere Marken für die breite Masse im Portfolio hat. Die Rückstellungen sind dabei nicht eingerechnet. Auf diesem Niveau habe die Marge zuletzt 2006/2008 gelegen, schrieb Bernstein Research-Analyst Max Warburton. „Aus BMW-Sicht eigentlich inakzeptabel“, sagte Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Mit Blick auf das Gesamtjahr rechnet BMW nun nur noch mit einer operativen Marge zwischen 4,5 und 6,5 Prozent, statt wie bisher mit sechs bis acht Prozent.

Zu hohe Kosten, zu viele Baustellen

Vorstandschef Harald Krüger muss schlicht die Kosten senken, gleichzeitig auf Mehreinnahmen durch neue Modelle setzen und den Absatz steigern. Auch wenn der im Konkurrenz-Vergleich solide ist, birgt er stagnierend wenig Wachstums- und Ergebnispotenzial. Letzteres soll sich spätestens ab dem zweiten Halbjahr bessern, so zumindest hat es Krüger im Rahmen der Zahlenvorlage angekündigt. Dann rollen nochmal neue Modelle auf die Straße. Bislang jedoch – das zeigen Absatz, Umsatz und Ergebnis – verpufft die groß angekündigte Modelloffensive des BMW-Chefs. So hängt wohl auch seine Zukunft beim Münchner Konzern an einer spürbaren Verbesserung in den zweiten sechs Monaten des Jahres. Sein Vertrag läuft 2020 aus.

Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hat sich BMW ein Programm auferlegt, das bis 2022 zwölf Milliarden Euro einsparen soll. Angesichts der großen Investitionen, die mit Blick auf den Mobilitätswandel zu tätigen sind, dürfte das jedoch ebenfalls zur Herausforderung werden. Allein im abgelaufenen Quartal stiegen die Ausgaben für Investitionen in E-Mobilität um 100 Millionen Euro, die für die Werksmodernisierung um 200 Millionen Euro. Hinzu kamen Mehrkosten von noch einmal 100 Millionen Euro durch negative Währungseffekte und höhere Rohstoffpreise. Letztere dürften sich im Gesamtjahr – stand jetzt – auf bis zu 650 Millionen Euro aufsummieren.

Mit Blick auf die Absatzmärkte bleibt der Handelskonflikt zwischen China und den USA weiter ein Risiko. Die sich abschwächende Weltkonjunktur sowieso. Natürlich nicht nur für BMW, aber eben auch. Strenger werdende Klimavorgaben machen die Sache zusätzlich kompliziert.

„BMW ist in eine Schwächephase geraten“, sagt Arndt Ellinghorst von Evercore ISI. Die Frage sei, wie lange die nun dauere. CEO Krüger ist da recht optimistisch, gibt sich kämpferisch: „Auch für 2019 gilt: Wir wollen erneut mit unseren drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce das Premiumsegment weltweit anführen. Wir wollen Marktanteile gewinnen.“ Und: „Es gibt keine Tabus. Wir drehen jeden Stein um.“

Wie gut ist die Aktie noch?

Jeden Stein umdrehen – um im Bild zu bleiben – sollten jedoch auch Anleger mit Blick auf die Aktie des Konzerns. Ob das eigene Geld in BMW-Anteilen derzeit gut angelegt ist, das ist derzeit nur eine sehr schwer zu beantwortende Frage.

Entsprechend uneins sind sich die Analysten. Berenberg-Experte Alexander Haissl sprach mit Blick auf die Quartalszahlen von erfüllten Erwartungen, die jedoch keinen Anlass zur Euphorie lieferten. Das Chance-Risiko-Verhältnis, so Haissl weiter, sei nun ausgeglichen. Sein Kursziel beließ er bei 71 Euro. Auch Frank Schwope von der Nord LB sah sich mit schwachen Ergebnissen konfrontiert und änderte nichts an seinem Kursziel von 73 Euro. Ganz anders Daniel Schwarz von der Schweizer Bank Credit Suisse, der die Aktie bei 92 Euro sieht. Als Begründung für seinen Optimismus nannte er die sehr negative Stimmung in den letzten Monaten, was die Aktie anbelangt. Darüber hinaus glaube er, so Schwarz weiter, dass Quartal eins in diesem Jahr als Profitabilitätstiefpunkt anzusehen sei.

Der Kursverlauf gibt Schwarz Recht. Bereits seit März 2015, als eine BMW-Aktie rund 120 Euro wert war, fällt der Wert des Papiers. Inzwischen kostet die Aktie nur noch 69,50 Euro. Auf Jahressicht liegt sie mit 23 Prozent im Minus. 2019 präsentiert sich ihr Kurs praktisch unverändert, während der Dax bereits um rund 16 Prozent zulegen konnte. Eins Kursziel in Höhe von 92 Euro wirkt dennoch äußerst optimistisch, entspräche dies immerhin einem Steigerungspotenzial von 32 Prozent. Und die derzeitige Stimmung mit Blick auf die Aktien der Automobilhersteller im Allgemeinen ist alles andere als rosig. Argumente sind aber mit Sicherheit eine ordentliche Dividende von 3,50 Euro je Aktie und eine daraus resultierende Dividendenrendite in Höhe von 4,95 Prozent. Damit bietet es sich durchaus an, sich BMW-Papiere zu günstigen Kursen und bei einem KGV von 7,9 ins Depot zu legen, die Dividende einzupacken und abzuwarten. Was die nahe Zukunft von BMW anbelangt, deuten die Zahlen, Aussichten und großen Herausforderungen aber allesamt auf eine holprige Fahrt hin.

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Oliver Götz