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Schwellenländer: Auf zu neuen Anlageufern

Die so genannten Emerging Markets waren in den letzten Jahren die Favoriten der Anleger, allen voran Brasilien, Russland, Indien und China, die dank Goldman Sachs-Chefvolkswirt Jim O’Neill als BRIC-Staaten bekannt sind.

BÖRSE am Sonntag

Große Binnenmärkte mit viel Nachholpotenzial, Rohstoffreichtum, steigende Investitionen oder Exportstärke beflügelten die Aktienkurse so stark, dass schon von Übertreibungen die Rede war. Doch der Ausbruch der weltweiten Finanzkrise stoppte auch die Höhenflüge der Schwellenländer-Börsen, die Anleger zogen sich von diesen Märkten zurück, die Kurse bröckelten ab. Doch nun feiern die Emerging Markets ein beeindruckendes Comeback. Nicht nur die BRIC-Staaten sind einen Blick wert. In den letzten Jahren konnten die neuen Märkte die Industrieländer klar schlagen. Während das Plus des MSCI World in den letzten fünf Jahren magere 3% betrug, konnte sich der MSCI Emerging Markets-Index sogar verdoppeln. 2008 war allerdings nicht nur für die entwickelten Länder, sondern auch für die aufstrebenden jungen Volkswirtschaften ein verheerendes Jahr. So stürzte der MSCI World- Index zwischen Ende Oktober 2007 und Ende November 2008 um rund 46% ab, während der MSCI Emerging Markets-Index im gleichen Zeitraum sogar etwa 60% einbüßte. Dabei wurden Experten nicht müde zu betonen, dass sich an den langfristig rosigen Aussichten der Schwellenländer nichts geändert habe und die Wachstumsstories nach wie vor intakt seien. Doch die taumelnden Finanzmärkte machten die Anleger immer nervöser, und darüber hinaus brauchten sie auch Liquidität, so dass sie Kapital aus den Schwellenländern abzogen.

Günstiges Marktumfeld für Schwellenländer

Inzwischen hat sich aber das Blatt wieder gewendet. Mit den Kurszuwächsen wichtiger Aktienindizes wie DAX oder Dow Jones seit Anfang März kehrte auch der Risikoappetit der Investoren wieder zurück. Viele Anleger befürchten allerdings trotz erster Silberstreifen am Konjunkturhorizont, dass die meisten Industrienationen im laufenden Jahr noch mit der Rezession zu kämpfen haben dürften. Sowohl Unternehmen als auch Privatverbraucher müssen sparen und Schulden abbauen, zudem ist mit steigender Arbeitslosigkeit zu rechnen. Auch die steigende Staatsverschuldung vieler westlicher Länder birgt Risiken. Im Gegensatz dazu sieht das Marktumfeld für Emerging Markets günstiger aus. So haben viele Schwellenländer Fortschritte beim Abbau ihrer Schulden gemacht, einige erzielen sogar Haushaltsüberschüsse. Eine junge Bevölkerung, Verbraucher ohne hohe Schulden, weitgehend gesunde Bankensysteme und eine um Öffnung und Liberalisierung der Wirtschaft bemühte Politik gehören zu den weiteren Pluspunkten. Zudem konnten viele Länder ihre Abhängigkeit vom Export und damit von der Entwicklung der Industriestaaten reduzieren. Stattdessen gewinnen die Binnenmärkte an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund setzte seit den Tiefständen Ende Oktober bereits wieder eine deutliche Kurserholung an den Schwellenländer- Börsen ein. Doch kurzfristig kann es durchaus zu Korrekturen kommen, meint der Emerging Markets-Experte Allan Conway von der britischen Fondsgesellschaft Schroder. In einem Marktkommentar bezeichnete er die jüngste Aufwärtsentwicklung als „Zwischenerholung in einem Bärenmarkt“. Sobald es aber handfeste Beweise für eine wirtschaftliche Erholung gebe, sei mit überzeugenden Renditen aus den Schwellenländern zu rechnen, so Conways.

Quartett der Großen

Zu den klaren Favoriten der meisten Experten gehört das BRIC-Quartett, dem zugetraut wird, dass es bis 2050 die etablierten Industriestaaten überholen könnte und dann den Löwenanteil zum globalen BIP beitragen wird. Heute sind die vier Länder für 15% der weltweiten Wirtschaftsleistung verantwortlich. Brasilien ist vor allem wegen seines Reichtums an Bodeschätzen spannend. Energie- und Rohstofftitel stellen rund 55% des Aktienmarktes. Mit dem Verfall der Rohstoffe kam es daher im zweiten Halbjahr 2008 auch zu heftigen Kursverlusten an der Börse von Sao Paolo. Allerdings macht auch eine starke Binnennachfrage das lateinamerikanische Land interessant, was die Abhängigkeit vom Welthandel reduziert. Sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch bei der Entwicklung der Reallöhne wurden zuletzt Aufwärtstendenzen beobachtet, was für anhaltende Konsumlust spricht. Unterdessen entstehen auch in Indien und China dank steigender Einkommen neue Käuferschichten mit wachsendem Bedarf an Konsumgütern. Insbesondere China gilt bei vielen Experten als der künftige Wachstumsmotor schlechthin. Die ehrgeizige chinesische Regierung brachte im Zuge der Finanzkrise milliardenschwere Konjunkturprogramme auf den Weg, die ihre Wirkung offenbar nicht verfehlten. Im zweiten Quartal wurde offiziell ein Wachstum um 7,9% bekannt gegeben, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Im ersten Quartal war das BIP um 6,1% angestiegen.

Neue Länder entdecken

Auch wenn China das bedeutendste Land unter den Schwellenländern ist, gibt es darüber hinaus auch andere Regionen, die aus Anlegersicht interessant sein dürften. Aus Sicht von Maarten-Jan Bakkum, Schwellenländer-Experte bei ING Investment Management, sind unter asiatischen Ländern insbesondere Taiwan mit einer Exportquote von 70% sowie Thailand und Korea in einer guten Position, von einer Wiederbelebung des Welthandels profitieren zu können. Außerdem zeigte er sich zuversichtlich für die Türkei sowie für Ungarn und Südafrika, unterer anderem, weil diese Länder am stärksten von der Liquiditätskrise im letzten Jahr betroffen gewesen waren und nun von steigendem Risikoappetit profitieren dürften. Eine günstige demografische Entwicklung, starke Inlandsnachfrage, allmähliche wirtschaftliche Liberalisierung und umfangreiche strategische Infrastruktur-Investments sprechen aus Sicht des Experten des Weiteren für Länder wie Indonesien, Indien und China.

Große ETF-Vielfalt

Für gezielte BRIC-Investments sind ETFs auf dem Markt, mit denen sich an der Entwicklung regionaler Indizes wie dem MSCI Brazil, dem Hang Seng China Enterprises-Index, dem MSCI Russia oder dem MSCI India teilhaben lässt. Diese Produkte lassen sich je nach der persönlichen Markteinschätzung des Investors miteinander kombinieren und unterschiedlich gewichten, was allerdings mit einem erhöhten Aufwand verbunden ist. Mit ETFs auf den DAXglobalBRIC kann an der Wertentwicklung der 40 größten Unternehmen aus den BRIC-Staaten partizipiert werden, wobei aus jedem Land zehn Konzerne vertreten sind. Für Investoren, die möglichst breit gestreut im Bereich der Emerging Markets agieren wollen, bieten sich ETFs auf den MSCI Emerging Markets- Index an. Dabei handelt es sich um einen Index, der nach Marktkapitalisierung der im Streubesitz befindlichen Aktien gewichtet ist Enthalten sind derzeit über 700 Wertpapiere aus 22 Ländern. Neben den vier BRIC-Staaten sind auch Chile, Kolumbien, die Tschechische Republik, Ägypten, Ungarn, Indonesien, Israel, Korea, Malaysia, Mexiko, Marokko, Peru, die Philippinen, Polen, Südafrika, Taiwan, Thailand und die Türkei enthalten.

Fazit:

Ein sicherer Hafen sind die Schwellenländer nicht, wie die Kurseinbrüche im Jahr 2008 gezeigt haben. Die Perspektiven der Schwellenländer gelten jedoch als deutlich besser, verglichen mit den Aussichten der meisten Industriestaaten. Aus Sicht von Experten werden sich diese jungen Märkte in den nächsten Jahren zu den Wachstumsmotoren der globalen Konjunktur entwickeln.