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Russland - „gefallener“ BRIC-Star vor dem Comeback?

Zu Beginn der Euphorie um die BRIC-Staaten zählte Russland klar zu den künftigen Hoffnungsträgern in Sachen Wirtschaftswachstum. In den Jahren 2000 bis 2008 wurde das Land diesem Anspruch mit einem durchschnittlichen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 6,9% auch gerecht. Doch im gleichen Tempo wie sie zuvor gewachsen war, stürzte die russische Wirtschaft im vergangenen Jahr ab.

BÖRSE am Sonntag

Prompt wurden Zweifel darüber laut, ob man Russland überhaupt noch in einem Atemzug mit Brasilien, Indien und China nennen sollte. Aus BRIC wurde kurzerhand BIC. Der wirtschaftliche Aufschwung, den Russland seit der Jahrtausendwende erlebte, beruhte hauptsächlich auf der hohen Nachfrage nach fossilen Brennstoffen. Die Erdöl- und Gasproduktion wurde in den letzten Jahren stark ausgeweitet, was durch deutliche Preissteigerungen zu einem ebenso starken Anstieg der Exporterlöse für die Rohstoffe führte und die wirtschaftliche Expansion vorantrieb. Insbesondere der Anstieg der Erdgaspreise sorgt zwischen Russland und seinen Nachbarstaaten für alljährlich wiederkehrende Streitigkeiten, da Russland beim Ergas quasi eine monopolähnliche Stelle innehat. Immerhin verfügt das Land nicht nur über die größten Erdgasreserven überhaupt, sondern besitzt damit zugleich mehr als ein Fünftel der weltweiten Reserven.

Öl und Gas ist nicht alles

Die Abhängigkeit von der Nachfrage nach Rohstoffen – der Exportanteil von Erdöl, Ölprodukten und Erdgas liegt bei 67,4% – erwies sich während des globalen Konjunktureinbruchs und dem damit einhergehenden Preisverfall an den Rohstoffmärkten jedoch als Bumerang. Russland stürzte in eine schwere Rezession, in der auch die übrigen Wachstumsstützen wie Investitionen, Privatkonsum und Bauwirtschaft wegbrachen und den Abschwung verstärkten. Die russische Regierung unter Führung von Präsident Dmitri Medwedjew reagierte darauf mit direkten Subventionen, zinsgünstigen Krediten und weiteren Erleichterungen für wichtige Unternehmen sowie den Bankensektor. Dennoch brach die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 7,9% ein. Der Rückgang des Wirtschaftswachstums in den Industrieländern betrug 2009 dagegen im Schnitt nur 3,2%, Indien und China wiesen sogar vergleichsweise hohe Wachstumsraten auf.

Nachdem die Probleme der Wirtschaft in der Krise verstärkt zu Tage traten, will die Regierung die Fixierung auf den Rohstoffreichtum und damit die Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen für fossile Brennstoffe reduzieren. So kündigte Präsident Medwedjew die Modernisierung des Landes an, wobei die Wirtschaft vor allem besser diversifiziert und mehr Wertschöpfung im Inland erzielt werden soll. Dafür will man die Entwicklung innovativer und weltmarktfähiger Produkte fördern und mehr Hightech ins Land holen. Schwerpunkte bilden die Energiewirtschaft und Energieeffizienz, Medizintechnik und Pharmazeutik, die Informationstechnik und Telekommunikation sowie der Ausbau von Straßen, Schienenwegen, Flug- und Schiffshäfen. Besonderes Augenmerk legt die Regierung auf das Gesundheitswesen, wo in den nächsten zwei Jahren zusätzlich rund 10,5 Mrd. Euro investiert werden sollen. Denn pro Jahr verliert Russland ein Fünftel seines BIPs allein durch den schlechten Gesundheitszustand seiner Bürger.

Rückschlag durch Waldbrände hält sich in Grenzen

Angesichts der Wiederbelebung der Weltkonjunktur und steigender Öl- bzw. Gaspreise, befindet sich die russische Wirtschaft seit Anfang 2010 wieder auf Wachstumskurs. Getragen wird dieser Aufschwung allen voran vom deutlich anziehenden Außenhandel. Zudem hellt sich das Konsumklima, begünstigt durch Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst, der Rentenanhebung und einer Erhöhung der Arbeitslosenhilfe, auf.

Die schweren Waldbrände von Mitte Juni bis Mitte August 2010 konnten die Erholung nicht stoppen. Gleichwohl dürfte das BIP im dritten Quartal etwas schwächer ausfallen als im Vorquartal. Die Gesamtverluste, die durch die Brände entstanden sind, schätzt das russische Wirtschaftsministerium auf 8 Mrd. bis 9 Mrd. Euro, wodurch das BIP 2010 um 0,7% bis 0,8% niedriger ausfallen dürfte. Für das Gesamtjahr 2010 rechnet man nun mit einem BIP-Wachstum von 4,0%, da die Wirtschaftsleistung bereits im ersten Halbjahr 2010 real um 4,2% gestiegen ist. In den kommenden Jahren soll sich das Wachstum dann jeweils zwischen 3,9% bis 4,5% einpendeln.

ETFs auf Russland

Anleger, die in das künftige Wachstum des Riesenreichs investieren wollen, können auf ETFs zurückgreifen, welche sich jedoch nicht auf den russischen Leitindex RDX, sondern meist auf den MSCI Russia beziehen. Dieser Referenzindex soll die Performance des russischen Aktienmarktes reflektieren, indem er den Schwerpunkt auf alle Unternehmen legt, deren Marktkapitalisierung – vorbehaltlich eines vorgeschriebenen globalen Mindestvolumens – innerhalb der oberen 85% des russischen Aktienuniversums liegt. Die dominierende Branche im MSCI Russia ist nach wie vor der Öl- und Gassektor, wie die hohe Gewichtung von Gazprom (25,81%) und Lukoil (11,69%) zeigt.

Der dem ComStage-ETF zugrunde liegende MSCI Total Return Net Russia-Index 30% Capped (TRN)-Index ist ein marktkapitalisierungsgewichteter Index, der sich aus den Bestandteilen des MSCI Russia-Index zusammensetzt. Bei der Gewichtung sämtlicher Indexkomponenten gilt jedoch eine Tagesobergrenze von 30% und eine Quartalsobergrenze von 25%. Beim ETF von db x-trackers, der sich ebenfalls aus den Bestandteilen des MSCI Russia zusammensetzt, gilt für Indexmitglieder mit einer Gewichtung von über 25% eine niedrigere Tagesobergrenze von 22,5% und eine Quartalsobergrenze von 20%. Auf diese Weise soll die Dominanz der Öl- und Gasunternehmen begrenzt werden.

Der Lyxor-ETF Russia hingegen bildet die Wertentwicklung des DJ RusIndex Titans 10 nahezu eins zu eins ab. Dieser Index beinhaltet die zehn liquidesten und größten Aktien Russlands. Die Wertentwicklung der 30 nach Marktkapitalisierung größten und liquidesten im Ausland notierten Unternehmen Russlands bildet der von MarketAccess angebotene ETF auf den DAXglobal Russia-Index ab. Die Unternehmen werden jeweils durch ADRs (auf Dollar lautende, von US-amerikanischen Depotbanken in den USA ausgegebene Aktienzertifikate auf ausländische Aktien) und GDRs (Hinterlegungsscheine für ausländische Aktien, die stellvertretend für die Original-Aktie weltweit gehandelt werden) repräsentiert. Das maximale Gewicht eines Unternehmens liegt hier anfänglich bei 10%.

Fazit:

Die Anfälligkeit der russischen Wirtschaft durch die starke Fixierung auf Eröl und Erdgas bzw. durch die geringe Diversifikation ist 2009 offen zu Tage getreten. Mittlerweile ist das Land auf den Wachstumspfad zurückgekehrt, allerdings mit einem moderateren Wachstumstempo im Vergleich zum Vorkrisenniveau. Als Depotbeimischung können Anleger in Russland über verschiedene Russland-ETFs investieren oder alternativ auf einen BRIC-ETF zurückgreifen und damit zusätzlich am Wachstum in Brasilien, Indien und China partizipieren.