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Kommentar Aktien und Märkte Probleme im Wunderland Staatsschulden, Arbeitslosigkeit, Krankenversicherungspflicht – das sind die Wunden Amerikas. Die USA sind die mächtigste und reichste Nation. Nahezu alle führenden Technologiekonzerne werden hier gegründet. Ob Microsoft, Apple, Amazon, Facebook, Google oder Twitter – diese Wunderfirmen bauten junge Entrepreneure in wenigen Jahren auf. Selbst Studienabbrecher bekommen hier eine Chance, die Chance ihres Lebens. Seit der Unabhängigkeitserklärung 1776 hat das Land einen unglaublichen Siegeszug hingelegt. Ich finde, dieser Erfolg ist atemberaubend. Jeder Börsianer kann diese Dynamik anhand der Entwicklung des Dow-Jones-Index ablesen. Im vergangenen Jahrhundert explodierte der Index von 66 auf 11.500 Zähler. Das macht ein Plus von mehr als 17.000 Prozent. Es spricht viel dafür, dass sich dieser positive Trend fortsetzen wird. Gleichwohl wird dieser Erfolg immer wieder unterbrochen. Unterbrochen von Depressionen, Weltkriegen, Krisen. Bislang gelang es Washington immer, die Herausforderungen zu meistern. Wo lauern neue Hindernisse? Das Land wird von einer besorgniserregenden Staatsverschuldung gelähmt. Mit 17 Billionen Dollar steht Washington in der Kreide. Zu den größten Geldgebern zählen China und Japan. Circa 75 Prozent des Bruttosozialprodukts sind mit Krediten unterfüttert. Allein die Zinsbelastung ist zu einer Herkulesaufgabe herangewachsen. Bislang erreichte der prozentuale Schuldenanteil am Sozialprodukt nur während des Zweiten Weltkriegs ein höheres Niveau. Republikaner und Demokraten kriegen sich alle paar Monate in die Haare, wie der angehäufte Kreditberg abgetragen werden soll. Beide Parteien wollen natürlich die Verschuldung zurückfahren und sparen. Nur wird endlos darüber debattiert, wo der Rotstift angesetzt werden soll. Am Sozialetat muss gespart werden. Das Renteneintrittsalter muss mit der steigenden Lebenserwartung und angesichts der alternden Gesellschaft heraufgesetzt werden. Es dürften die Rentenansprüche sinken. Daran besteht mittelfristig Tim Schäfer Korrespondent an der Wall Street kein Zweifel, denn die Zusagen lassen sich kaum mehr erfüllen. Gleichwohl wächst das amerikanische Volk um ein Prozent jährlich, was ein Trumpf gegenüber vielen westlichen Industriestaaten ist, deren Bevölkerung schrumpft. Kürzungen bei den Rentenbeziehern vorzunehmen fällt Präsident Barack Obama schwer, weil er sich dem „kleinen Mann“ verpflichtet fühlt. Obama hat eine Krankenversicherungspflicht ab 2014 eingeführt. Es war sein Herzensanliegen. Wer trotzdem ohne Krankenversicherung bleibt, muss mit einer Strafzahlung rechnen. 44 Millionen Menschen sind bislang ohne Assekuranz. Die Demokraten möchten dem Volk, ähnlich wie wir Europäer es haben, flächendeckend einen Versicherungsschutz bieten. Geringverdiener, beispielsweise aus der Gastronomie, werden sich allerdings kaum die Prämien leisten können, was ein Problem werden dürfte. Obwohl sich vier Jahre nach dem Kollaps von Lehman Brothers die Wirtschaft erholt und der Immobilienmarkt stabilisiert, bleibt ein Kernproblem. Es ist die Arbeitslosigkeit. Mehr als sieben Prozent sind offiziell ohne Job. Zwar ist das wesentlich besser als die traurige Arbeitslosenquote von zehn Prozent, die auf dem Höhepunkt der Finanzkrise erreicht wurde. Doch hatten sich Ökonomen eine dynamischere Belebung auf dem Jobmarkt erhofft. Vor allem für Berufsanfänger sind die Aussichten düster. Was für die junge Generation belastend hinzukommt, sind die hohen Einschreibegebühren an den Unis einschließlich der Lebenshaltungskosten, die sie aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Ein Aufwand von 10.000 Dollar pro Jahr ist für Immatrikulierte Usus. Nach vier Jahren sind schnell 40.000 bis 50.000 Dollar Studienschulden zusammen. Dieser private Kreditbetrag kann schnell zum Albtraum werden – besonders dann, wenn wie jetzt Flaute herrscht. 11


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