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Der mächtigste Fonds der Welt knackt die Billionen-Grenze

Der norwegische Staatsfonds verwaltet die Milliardengewinne aus dem Ölgeschäft. Nun hat der größte Staatsfonds der Welt die Marke von einer Billionen US-Dollar geknackt. Die Renditen sind enorm stark, und zwar durchgehend – wie machen die Norweger das genau? Wo engagieren sie sich? Und wie stark? Und vor allem: Können wir alle das nachmachen?

BÖRSE am Sonntag

Der norwegische Staatsfonds verwaltet die Milliardengewinne aus dem Ölgeschäft. Nun hat der größte Staatsfonds der Welt die Marke von einer Billionen US-Dollar geknackt. Die Renditen sind enorm stark, und zwar durchgehend – wie machen die Norweger das bloß?

Der norwegische Staatsfonds erreicht dank einer Rekordrendite im ersten Halbjahr eine Bewertung von über einer Billion US-Dollar. Die Investitionen werfen im zweiten Quartal eine Rendite von 2,6 Prozent ab. Die Quartalsrendite entspreche einem Gegenwert von 202 Milliarden norwegischen Kronen, das sind umgerechnet 25,6 Milliarden Dollar, so teilte das Norges Bank Investment Management (NBIM) mit. Dank seiner Aktien entwickele sich der Fonds schon seit längerer Zeit sehr gut, obwohl ultraniedrige Zinsen auf die Renditen drückten und die niedrigen Ölpreise die Einnahmen ressourcenreicher Länder schmälerten. „Die Aktienmärkte haben sich in diesem Jahr besonders gut entwickelt und die Rendite des Fonds in den ersten beiden Quartalen lag bei 6,5 Prozent“, spezifizierte Trond Grande, Vize von Norges Bank Investment Management. Damit beläuft sich die Gesamtrendite auf 499 Milliarden Kronen, das ist die beste Halbjahresrendite gemessen in norwegischen Kronen in der Geschichte des Fonds. Nach Aussage seiner Verwalter hat der Fonds der norwegischen Regierung zum Ende des Quartals zu 65,1 Prozent in Aktien investiert. 32,4 Prozent entfielen auf festverzinsliche Wertpapiere und 2,5 Prozent auf Immobilien.

Norwegen verfügt derzeit über den größten Staatsfonds der Welt. Seit Jahren müssen Milliarde und Milliarde aus den Gewinnen der Ölgeschäfte angelegt werden. Nun sind die Norweger zu einer enormen Macht auf globalen Kapitalmärkten gewachsen. Viele institutionelle Anleger orientieren sich an den Entscheidungen der Norweger, die ein Ethikrat streng kontrolliert. Während arabische und asiatische Staatsfonds nur spärlich Einblicke gewähren, macht Norwegen kein Geheimnis aus seinen Investments. Als demokratischer Staat ist Transparenz selbstverständlich. Dadurch bekommen Privatanleger gratis Anregungen für die Aktienauswahl geliefert.

Der norwegische Staatsfonds war zu Beginn des Jahres an 8.985 börsennotierten Unternehmen in 77 Ländern der Welt beteiligt und besaß 1,3 Prozent an allen börsennotierten Unternehmen der Welt und 2,3 Prozent an allen börsennotierten Unternehmen in Europa. Auch wenn der Staatsfonds seine Investments breit streut, verfolgt er keinen rein passiven Ansatz, bei dem sich die Investitionen zum Beispiel nach der Marktkapitalisierung der jeweiligen Unternehmen richten. Aktives Management ist erlaubt, wird aber dadurch eingeschränkt, dass nur eine bestimmte Abweichung vom Benchmark-Index FTSE Global All Cap Index erlaubt wird. Die Aufteilung des Fondsvolumens auf Anlageklassen und Anlageregionen wird vom norwegischen Finanzministerium festgelegt. In der Realität streut der norwegische Pensionsfonds seine Aktieninvestments sehr stark, bevorzugt werden aber Aktien von großen und soliden Unternehmen mit einer langen Historie.

Die zehn größten Aktienpositionen des norwegischen Staatsfonds zum Stichtag 30. Juni 2017 sind für Anleger ein höchst interessanter Leitfaden. An der Spitze steht Apple mit einem Anteilswert von 58,2 Milliarden Norwegischen Kronen – diese Spitzenposition hat der iPhone-Hersteller übrigens auch bei Donald Trump. Der Norwegische Staatsfonds knapp halb so viele Apple-Aktien wie Warren Buffetts Berkshire Hathaway, wo für rund 18 Milliarden US-Dollar Apple-Anteile liegen. Bei den Norwegern folgt aber – anders als bei Trump und Buffett – auf Platz 2 der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé mit einem 50,7 Milliarden Norwegerkronen schweren Paket. Die google-Mutter Alphabet komplettiert das Osloer Siegertreppchen mit einer Beteiligung, die 42,7 Milliarden Kronen wert ist.

Eine wahre Liste internationaler Blue Chips

Auf den Plätzen vier bis zehn in der Liste der wichtigsten Beteiligungen des Norwegischen Staatsfonds folgen Royal Dutch Shell mit 40,1 Milliarden, Microsoft mit 39,3 Milliarden, Novartis mit knapp 37,4 Milliarden, Roche mit gut 36,6 Milliarden, Amazon mit 29,7 Milliarden, HSBC mit 28,5 sowie Johnson & Johnson mit 26,9 Milliarden norwegischen Kronen. Eine Krone entspricht dabei rund 13 Dollar-Cent.

Folgende Branchen sind in den Aktienpositionen der Norweger schwerpunktmäßig vertreten: Finanzen bilden mit 24,3 Prozent die Spitze, gefolgt von Industrie mit 14,4 Prozent, Konsumgüter mit 13,5 Prozent und Gesundheit mit 10,5 Prozent. Die Technologie ist mit erstaunlich niedrigen 10,4 Prozent gewichtet, Dienstleistungen dagegen mit beachtlichen zehn Prozent sowie Rohstoffe allgemein mit 5,5 und Öl und Gas mit nochmals 5,3 Prozent der Investments. Die Telekommunikation mit drei Prozent und die Versorger mit 2,8 Prozent sind lediglich als Ergänzungen berücksichtigt.

Seit seiner Gründung haben die Manager des Fonds eine Durchschnittsrendite von knapp sechs Prozent erzielt, die allerdings in den letzten Jahren größer geworden ist: Im Jahr 2013 erwirtschafteten sie stolze 16 Prozent. Doch das ist den Norwegern nicht genug, deswegen setzt der Fonds neuerdings zunehmend auf riskantere Anlagen, etwa in Schwellenländern. Investitionen in Europa werden dafür zurückgefahren. Von den Erträgen darf die norwegische Regierung jedes Jahr vier Prozent ausgeben. Der Rest wird angelegt, damit die Norweger auch dann noch von ihrem Reichtum zehren können, wenn ihre Ölreserven einmal erschöpft sind.

Wenn der Fonds seine Investitionsentscheidungen bekanntgibt, zittern deswegen regelmäßig die Manager großer Konzerne auf der ganzen Welt. Denn der Ethikrat führt eine schwarze Liste mit Unternehmen und Staaten, deren Papiere der Fonds nicht kaufen darf, weil sie den ethischen Ansprüchen der Norweger nicht genügen. Darauf stehen zum Beispiel Waffenfirmen und Tabakkonzerne, aber auch Bergbauunternehmen, die nach Ansicht der Norweger nicht umweltfreundlich genug agieren, oder Textilproduzenten, die nicht genug für die Menschenrechte tun. Nach der Finanzkrise kritisierte der Fonds offen die Bonuszahlungen bei Banken wie Goldman Sachs, an denen er Anteile hält.

Nach eigenem Bekunden will sich der Staatsfonds zwar aus der Politik heraushalten und nicht als Propagandist des norwegischen Gesellschaftsmodells agieren. Doch letztlich hat die schwarze Liste kombiniert mit den Ölmilliarden genau diese Funktion. Und die Liste wird länger: Im Moment wird diskutiert, ob die Investitionen des Fonds in Russland angesichts der Krise in der Ukraine noch tragbar sind. Bislang bleiben die Norweger den Russland-Investitionen treu.

Jüngst hat der Fonds angekündigt, dass er den Einfluss, den seine Unternehmensbeteiligungen ihm über die Entscheidungen der jeweiligen Firmen geben, künftig noch aktiver nutzen will. Bislang warteten die Norweger immer bis nach der Hauptversammlung der Unternehmen, an denen sie Anteile halten, um ihr Abstimmungsverhalten bekanntzugeben. Nun wollen sie das schon im Vorfeld tun. Weil die Anlagestrategie und die ethischen Prinzipien des Fonds als vorbildlich gelten, dürften sich viele Anleger in Zukunft an seinem Stimmverhalten orientieren. Damit hätte der Fonds einen starken Einfluss auf wichtige Geschäftsentscheidungen. Und da die Norweger transparent operieren, kann ihnen jeder Anleger zugucken und alles genauso machen, mit geringen Verzögerungen zwar, aber dank des langfristigen Ansatzes, mit dem der Staatsfonds operiert, sicher auch mit Erfolg.