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Nikkei mit Fantasie - trotz oder gerade wegen der fundamentalen Probleme?

Die Sorgenfalten beim Gedanken an die Perspektiven Japans sind in den vergangenen Jahren nicht kleiner geworden: Eine alternde Gesellschaft, Probleme der Exportindustrie trotz des schwachen Yen, und eine gleichzeitig weiter steigende Verschuldung, aktuell 230 Prozent des BIP, sind wohl die Hauptprobleme Nippons.

BÖRSE am Sonntag

Die Sorgenfalten beim Gedanken an die Perspektiven Japans sind in den vergangenen Jahren nicht kleiner geworden: Eine alternde Gesellschaft, Probleme der Exportindustrie trotz des schwachen Yen, und eine gleichzeitig weiter steigende Verschuldung, aktuell 230 Prozent des BIP, sind wohl die Hauptprobleme Nippons.
 
Irgendwann in der Zukunft droht Japan mit der aktuellen Strategie gegen die Wand zu fahren, sollte keine Wirtschaftsdynamik aufkommen. Es bleibt aktuell nur zu hoffen, dass die lockere Geldpolitik und ein damit verbundener schwacher Yen dann immer noch als Airbag funktionieren, um Schlimmeres zu verhindern. 


Viel Hoffnung ruhte auf den „Abenomics“ bei ihrer Lancierung vor drei Jahren. Das nach dem konservativen japanischen Premierminister Abe Shinzo benannte Programm, das Japan wiederbeleben sollte und aus den drei „Pfeilen“ geldpolitische Lockerung, Konjunkturstimuli und Reformen besteht, aber ist ins Stocken geraten. Während die ersten beiden Maßnahmen schnell implementiert wurden, hakt es immer noch an den Strukturreformen. 


Aber trotz oder gerade wegen dieser „fundamentalen“ Probleme könnte der japanische Aktienmarkt in den kommenden Monaten zu den Gewinnern gehören. Denn zuletzt spielten als dominierende Marktkräfte ohnehin vor allem die Geldpolitik oder genauer die Divergenz der Geldpolitik verschiedener Wirtschaftsräume und auch der Kampf um die günstigere Währung und einem damit verbundenen Deflationsexport die beherrschende Rolle.

Corporate-Governance-Praktiken als Triebfeder

Die Äußerung des Premiermister Abe auf die Yuan-Abwertung im August sprach Bände: Man wolle sehr genau auf die Zahlen zum dritten Quartal schauen, und wenn das Wachstum weitere drei Monate schwach bliebe und die Inflationserwartungen sinken, dann wüchse der Druck hin zu einer weiteren Lockerung. 

Sprich: Man könnte das Staatsanleihekaufprogramm, das jedes Jahr umgerechnet knapp 400 Milliarden US-Dollar in den Markt spült, noch ausweiten. Auf Fragen danach, was passieren würde, wenn in Japan das Zinsniveau steigt und der Staat dann noch mehr für Zinszahlungen berappen müsste, oder wer das irgendwann bezahlen soll, wenn die Bevölkerung wie prognostiziert bis 2050 von nun 127 Millionen auf 100 Millionen Japaner sinkt, haben Regierung und Notenbank allerdings noch keine Antwort gefunden.

Erneuter Angriff auf 21.000 Punkte möglich

Neben der Geldpolitik dürfte die weitere Adaption von westlichen Corporate-Governance-Praktiken eine Triebfeder für steigende Kurse an der Tokioter Börse sein. So ist es auch ein Ziel der Abenomics, die Return-on-Equity-Rate japanischer Unternehmen zu steigern. In den USA liegt dieses Niveau bei 14 Prozent, in Japan nur bei knapp über acht Prozent. Die Firmen im Land der aufgehenden Sonne sitzen auf Unmengen von Cash: Allein die börsennotierten japanischen Unternehmen horteten im Sommer 2015 knapp 750 Milliarden Euro. Ein Mittel, um diese Rate anzuheben, liegt in Aktien-Rückkaufprogrammen, die zuletzt an Popularität in Japan gewonnen haben.

Auch der Blick auf die Charttechnik lässt Spekulationen auf neue Hochs im Nikkei zu. Denn die Aufwärtstrendlinie von 2012 bleibt trotz der jüngsten Abgaben weiterhin unangetastet. Kann diese Marke weiter verteidigt werden, ist ein erneuter Angriff auf die 21.000-Punkte-Marke möglich. Einen Knacks erhielte das Chartbild allerdings bei einem Bruch der genannten Trendlinie und einem nachhaltigen Rückfall unter 17.100 Punkte. Dann allerdings könnte immer noch die darunter liegende Trendlinie von 2013 greifen und das potentielle Unterstützungs-Level bei 15.600 halten. Auf diesem verbilligten Niveau ist dann aber gut vorstellbar, dass Schnäppchenjäger wieder einsteigen oder der japanische Staat das selbst in die Hände nimmt.

Andreas Paciorek, Marktanalyst bei CMC Markets/MM