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Erstklassige Künstler zum Schnäppchenpreis

Anleger aufgepasst: Insolvenzen können eine große Chance sein. Die „XXL“-Auktion aus dem Lagerbestand des inhaftierten Kunstberaters Helge Achenbach hat ihre Erwartungen nur zum Teil eingelöst. Manches wurde zum Dumpingpreis verschleudert. Die umstrittenen Bronzeaffen von Immendorff fuhren jedoch erstaunlich hohe Summen ein.

BÖRSE am Sonntag

Anleger aufgepasst: Insolvenzen können eine große Chance sein. Die „XXL“-Auktion aus dem  Lagerbestand des inhaftierten Kunstberaters Helge Achenbach hat ihre Erwartungen nur zum Teil  eingelöst. Manches wurde zum Dumpingpreis verschleudert. Die umstrittenen Bronzeaffen von  Immendorff fuhren jedoch erstaunlich hohe Summen ein.

Ein weißer Handschuh, in der Branche das Triumphabzeichen für einen Komplettverkauf, wurde Markus Eisenbeis an diesem Abend zwar nicht überreicht. Und auch der Publikumsandrang hielt sich bei dieser dritten und letzten Zwangsversteigerung aus dem Lager des inhaftierten Kunstberaters Helge Achenbach in engeren Grenzen. Dennoch konnte sich der Chef des Kölner Auktionshauses Van Ham am 30. September 2015 über ein Ergebnis freuen, bei dem immerhin die untere Schätzpreissumme verdoppelt wurde.

Eine Million Euro klopfte der Auktionator für 99 Lose mit großformatiger sogenannter „XXL“-Kunst zusammen, mit Aufgeld rund 1,5 Millionen Euro. Drei Lose wurden zurückgezogen, zwei weitere zurückgereicht, darunter unbegreiflicherweise eine attraktive Neon-Installation von Keith Sonnier.


Mit dicken Affen Kasse gemacht

Fünf dicke, große Bronzeaffen aus Jörg Immendorffs „Malerstamm“-Serie, laut Eisenbeis „vertragsgemäß in einer 6er-Auflage“ angefertigt und laut Provenienzangabe „direkt vom Künstler“ erworben, waren auch dabei. Sie erzielten Ergebnisse deutlich über der ordentlichen Taxe von 25.000 bis 35.000 Euro, jedenfalls gemessen an den bekanntermaßen dubiosen Entstehungs- und Verbreitungsumständen. Sämtliche Zuschläge, die zwischen 48.000 und  68.000 Euro (mit Aufgeld 101.388 Euro) lagen, wurden wie im Sommer unter Vorbehalt zugeschlagen, da Nachlass und Rechteinhaber noch ein Wort mitzureden haben. Und zwar an private Bieter im Rhein-Main-Gebiet, in Tschechien und Belgien.


Russen kämpfen um Biennalekunst


Zum Toplos avancierte wie erwartet Pavel Peppersteins 49-teiliger Zyklus „Landscapes of the future“, mit dem er 2009 den russischen Pavillon der Biennale von Venedig bespielt hatte. Nach dem Aufruf mit 80.000 Euro ging es zunächst Schlag auf Schlag, dann wurde lang und zäh um diese, auf Papier gezeichneten und getuschten Visionen zukünftiger Denkmäler gekämpft. Laut Eisenbeis waren allein drei russische Telefonbieter dabei. Zwei von ihnen duellierten sich ab 115.000 Euro, bis bei 165.000 Euro der Hammer zugunsten einer Moskauer Galerie fiel (mit Aufgeld 246.015 Euro). Das ist verglichen mit dem Marktpreis noch immer relativ günstig.

Ausgesprochen lebhaft beteiligt war an diesem Abend der Handel, auch der internationale, allerdings hauptsächlich am Telefon. Das verwundert nicht angesichts einer erklecklichen Anzahl günstig geschätzter, origineller bzw. nicht alltäglicher Werke von Künstlern, an die nicht mehr so leicht heranzukommen ist. Achenbach hatte für sein Lager neben der leicht verkäuflichen Ware eben auch mit gutem Auge eingekauft, unter anderem bei der Galerie Tanja Grunert in New York. Aus dieser Quelle stammte etwa auch ein minimalistisches, rotes Hochformat von Oliver Mosset, um das bis 28.000 Euro gekämpft wurde (8.000 bis 10.000 Euro Taxe).​

Auch der Krefelder Kunstunternehmer Rüdiger K. Weng (Weng Fine Art AG) ließ es sich nicht nehmen, als Franz Erhard Walthers aus rostrotem, schwerem Stoff genähte, von der Idee her für eine Aktion erdachte „Wandformation (No.73) von 1985 aufgerufen wurde. Es ist nicht unbedingt die Art von Kunst, mit der er gewöhnlich handelt. Geschätzt auf 10.000 bis 15.000 Euro, setzte er sich schließlich gegen viele Vorgebote bei 28.000 Euro durch. Für’s erste will Weng sich an der Arbeit erfreuen, gab er anschließend zu Protokoll. Ans Verkaufen denke er noch nicht.

Recht günstig, schon für 13.000 Euro Hammerpreis, kam Weng an ein Gemälde von Stefan Kürten, der von der Galerie Cosar in Düsseldorf vertreten wird (Taxe 8.000 bis 12.000 Euro). Ein Telefonbieter sicherte sich für 22.000 Euro Kürtens Leinwand „Worried Life Blues“, und sorgte damit für einen Auktionsrekord dieses auf diesem Parkett noch weniger präsenten Künstlers.

Wenn sich kein Finger rührt

An einen rheinischen Sammler fiel nach einem rasanten Bietgefecht eine mit verbrannten Drucken, Rauch, Spiegel und Wachs gestaltete Arbeit mit Jackie Kennedy als Protagonistin. Douglas Gordons Werk mit prominenter Provenienz aus der Gagosian Gallery wurde für  33.000 Euro zugeschlagen (8.000 bis 12.000 Euro).

Es gab dennoch so manches, das nicht über seine Taxe kam oder für das sich kein Finger rührte. Mehrfach setzte Auktionator Eisenbeis dann noch einmal an – zum wesentlich  niedriger angesetzten Ausrufpreis. So wurde etwa ein zuvor vergeblich mit 1,2 aufgerufenes Gemälde von Ludger Gerdes mit den Worten „Das sind zwei Leinwände!“ für 500 Euro noch einmal ausgeboten, um bei 1.100 Euro einem Onlinebieter zugeschlagen zu werden.


10,5 Millionen Euro hat Van Ham nun für die Kasse von Insolvenzverwalter Marc d’Avoine mit seinen Achenbach-Auktionen insgesamt erwirtschaftet. Restlos glücklich schien der Jurist allerdings nicht. Für Anleger war es dagegen ein rundum gelungene Auktion.

Handelsblatt / Christiane Fricke