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Romantische Zeichnungen explodieren im Preis

Arbeiten auf Papier, bevorzugt aus dem frühen 19. Jahrhundert, sind auf der Herbstauktion von Bassenge der Renner. Vor allem internationale Bieter engagieren sich. Eine Sensation sind 2,6 Millionen Euro für Friedrich Oliviers verwelkte Ahornblätter.

BÖRSE am Sonntag

Arbeiten auf Papier, bevorzugt aus dem frühen 19. Jahrhundert, sind auf der Herbstauktion von Bassenge der Renner. Vor allem internationale Bieter engagieren sich. Eine Sensation sind 2,6 Millionen Euro für Friedrich Oliviers verwelkte Ahornblätter.

Es war wieder einmal eines der elektrisierenden Erlebnisse im Haus an der Erdener Straße. In der Berliner Nachmittags-Auktion bei Bassenge wurden am 28. November 2014 zwei exzeptionelle Handzeichnungen der deutschen Romantik ausgeboten. Erst in diesem Jahr waren Julius Schnorr von Carolsfelds mit dem Bleistift gezeichnetes Bildnis des Malers Friedrich Olivier und Friedrich Oliviers grau lavierte Zeichnung welker Ahornblätter vom Berliner Kupferstichkabinett den Erben von Oliviers Urenkelin Marianne Schmidl restituiert worden.

Schon das erste Blatt schoss mit einem Hammerpreis von 650.000 Euro (Taxe 45.000) in stratosphärische Höhen. Zehn Bieter waren im Einsatz. Strahlender Sieger gegen eine kalifornische Sammlerin und einen anderen amerikanischen Sammler war der Berliner Händler Wolfgang Wittrock. Er ersteigerte gegen dieselben Unterbieter auch Oliviers Blätterstudie für spektakuläre 2,6 Millionen Euro (Taxe 120.000). Beide Zeichnungen wandern in eine namhafte kanadische Sammlung.

Markante Preissteigerungen

In der Auktion der Zeichnungen gab es noch weitere markante Steigerungen. Während ein sitzender männlicher Akt des Florentiners Maso Finiguerra mit netto 24.000 Euro das Doppelte der Schätzung einspielte (an den englischen Handel gegen Sammler aus New York und Florenz), stieg eine als „Italienisch, um 1680“ katalogisierte, weiß gehöhte Federzeichnung der Heiligen Familie durch Münchner Handelsgebot von 1.200 auf 20.000 Euro. Ein New Yorker Sammler ersteigerte für 10.000 Euro die braun lavierte Federzeichnung „Merkur, Argus und Io“ des Klassizisten Michael Köck.

Die alte Graphik wurde paritätisch an den Handel und Privatsammler abgegeben, während bei der Moderne mehr die Privatbieter am Zuge waren. Angelo del Moros „Landschaft mit dem Drachen“ fiel für 8.500 Euro (Taxe 3.500) ans Amsterdamer Rijksmuseum und Enea Vicos monumentaler Kupferstich „Flora“ kommt für 10.000 Euro (6.000) in eine Kölner Privatsammlung. Ein texanischer Privatsammler begeisterte sich mit 13.000 Euro für Adriaen Collaerts alt- und neutestamentarische Landschaften und mit 14.000 Euro für Adriaen van Ostades Radierung „Die Spinnerin“.

Die zwei teuersten Blätter der Rembrandt-Strecke waren die „Landschaft mit der Hütte bei dem großen Baum“, die knapp unter der Taxe für 22.000 Euro an einen Sammler in Luxemburg fiel. Dieser war auch der Unterbieter bei der „Landschaft mit dem Jäger“, die für 42.000 Euro vom New Yorker Handel übernommen wurde. So gut wie keine Ausfälle gab es bei den rund 30 stark bebotenen Piranesi-Veduten, von denen die teuerste 5.500 Euro einspielte.

Starken Aufwind gab es für die Radierungen des Olivier-Lehrers Karl Wilhelm Kolbe, die weit über die Schätzung kamen. Teuerstes Blatt wurde mit 8.000 Euro (1.200) die „Phantastische Eiche in einem Gehölz“, eine fast surrealistisch anmutende Graphik, die dem Spitznahmen des Künstlers („Eichen-Kolbe“) alle Ehren macht.

Londoner und amerikanische Händler hoben die Preise. Die größten Steigerungen gab es wiederum für Blätter des 19. Jahrhunderts, um die ausländische Bieter beharrlich stritten. Ein unvollendeter Zustandsdruck der „Kreuzigung“ von C.H. Merz nach Peter Cornelius ging für 22.000 Euro (1.200) in den Londoner Handel, während J.H.F. Oliviers dreiteiliger Zyklus „Christus, der gute Hirte“ für 26.000 Euro (1.200) in eine kalifornische Privatsammlung wandert. Sie war die Unterbieterin bei dem Cornelius.

Unternehmer als Geldschränke

In der Moderne-Auktion gab es keine großen Überraschungen. Nur die Lithographien des Sozialrealisten Georg Scholz erreichten ein neues Preisniveau. Fünf der bis 1.500 Euro taxierten Blätter übernahm der Berliner Handel bis zum Spitzenpreis von 6.500 Euro für das Hauptblatt „Industriebauern“. „Die Herren der Welt“, in denen die Unternehmer Stinnes und Rathenau als Geldschränke dargestellt sind, verleibte sich Londoner Handel sogar für 15.000 Euro ein.

Stattliche 90 000 Euro erlöste durch die Gebote von sieben tschechischen Bietern die 1964 datierte Komposition „Insel“ des Prager Individualisten Mikulás Medek. Gerhard Richters schwarz übermaltes Offsetliho „Kerze II“ ersteigerte für 68.000 Euro ein monegassischer Sammler und Picassos Zinklithographie „Tête de jeune fille“ von 1947 reist für 47.000 Euro in den Handel nach Baltimore. Den Schlusspunkt setzte ein Bilderbuch-Blatt: Heinrich Zilles aquarellierte Widmungs-Zeichnung „Drücken musste!“ wurde für 30.000 Euro weitergegeben.