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Ferrari: Börsengang mit nagelneuem Kultobjekt

Der italienische Autobauer Ferrari erwirtschaftet Milliarden und will nun aufs Börsenparkett – standesgemäß, mit Vollgas. Noch im vierten Quartal 2015 soll Ferrari an der Wall Street gelistet werden. New York, natürlich. Etwas anderes kommt nicht in Frage! Mit den Einnahmen will die Konzernmutter Fiat ihre Expansionspläne realisieren. Dies ist allerdings eine Entwicklung, die vielen Anhängern der Kultmarke Sorgen bereitet.

BÖRSE am Sonntag

Der italienische Autobauer Ferrari erwirtschaftet Milliarden und will nun aufs Börsenparkett – standesgemäß, mit Vollgas. Noch im vierten Quartal 2015 soll Ferrari an der Wall Street gelistet werden. New York, natürlich. Etwas anderes kommt nicht in Frage! Mit den Einnahmen will die Konzernmutter Fiat ihre Expansionspläne realisieren. Dies ist allerdings eine Entwicklung, die vielen Anhängern der Kultmarke Sorgen bereitet.

Konzernchef Sergio Marchionne hatte gesagt, er gehe davon aus, dass Ferrari bei dem geplanten Börsengang mit mindestens zehn Milliarden Euro bewertet wird. Analysten schätzen den Wert auf fünf bis zehn Milliarden Euro. Der Börsengang wird ab Mitte Oktober erwartet. Im Erfolgsfall könnte dies auch Marchionnes Suche nach einem Fusionspartner erleichtern. Der Fiat-Chef wirbt bereits seit längerem für Zusammenschlüsse in der Branche, um die Kosten für den Bau umweltfreundlicher Autos gemeinsam mit einem großen Partner – General Motors umwirbt er bereits – zu schultern.

Derweil stell Ferrari für seinen Kunden und alle, die es gern wären, einen neuen, alltagstauglichen automobilen Traum in die Schaufenster. Vielleicht ist es kein Zufall, dass das bestverkaufte Modell pünktlich zum Börsengang rundüberholt wurde. Motor vorn, Kindersitz hinten, Turbo statt Sauger: Der neue California T ist der Ferrari für jeden Tag. 70 PS Zuwachs und ein neues Fahrwerk lassen vergessen, dass sein heiserer Klang mühsam komponiert werden musste. Größere Lufteinlässe und ein breiteres Grinsen zwischen den schärfer gezeichneten Scheinwerfern sind Änderungen, die beim neuen Califonia T deutlich auffallen. Noch viel mehr hat sich aber unter der Haube des bislang meistverkauften Ferrari-Modells getan. Dort sind nun zwei Turbolader im Einsatz.

Das Modell steht für 183.499 Euro beim Händler und ist damit der am wenigsten teure Ferrari. Er will alles noch besser machen als der Vorgänger, für den sich schon rund 10.000 Käufer entschieden. Der Motor des California T leistet maximal 560 PS und 755 Newtonmeter Drehmoment. Das reicht für einen Sprint aus dem Stand auf 100 km/h in 3,6 Sekunden. Bis Tempo 200 vergehen nur 11,2 Sekunden; Schluss ist erst bei 316 km/h.

Die sündteuren Carbon-Keramik-Bremsen sind beim California T in der Serienausstattung enthalten. Der Testwagen rollt auf Pirelli P-Zero. Aus 100 km/h stoppen die Reifen bereits nach 34 Metern komplett. Die Proportionen des mit rund 1.800 Kilo etwas schwer geratenen Cabrios sind klassisch für einen Sportwagen: Flach und breit auf den Asphalt geduckt, lange Motorhaube, kurzes Heck, und dazwischen verführerische Linien wie Taille und Hüfte. Zu den Besonderheiten des California T zählt sein fein abgestimmtes Fahrwerk, das alle Fahrmodi mit Bravour meistert. Neue Federn und Magna-Ride-Stoßdämpfer, die besonders schnell auf Fahrbahnveränderungen reagieren, verringern in Zusammenarbeit mit Beschleunigungssensoren, die alle Karosseriebewegungen erfassen, die meisten Roll- und Nickbewegungen. Der Klang der Auspuffanlage ist basslastiger, dröhnender geworden.

Was Sauger-Fans vermissen könnten, sind die hohen infernalischen Kreischgeräusche eines klassischen Ferrari-V8-Triebwerks. Doch diese Änderung ist vielleicht gewollt – früher war ein Ferrari das ultimative Vehikel für die Jagd nach dem schönen Geschlecht. Heute kann man damit auch problemlos den Nachwuchs bespaßen, wenn mal wieder die Kita streikt: der California T, ab Werk ein klassicher 2+2-Sitzer, ist mit passenden Kindersitzen für die Rückbanklieferbar.

Der Börsengang der Auto-Ikone mit dem aufsteigenden Pferd im gelben Wappen – in Maranello stört das keinen. In der Abteilung „Klassiker“ im Ferrari-Werk schraubt ein erfahrener Kfz-Mechaniker mit graumeliertem Haar einem F40 aus dem Jahr 1988, der bereits mehr als eine Million Euro wert ist. Und das wird er genauso tun, wenn Ferrari erst an der Wall Street gehandelt wird. Handelsblatt / Frank G. Heide / Reuters