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Dramatisches Elf-Jahres-Tief beim Rohöl

Die Öl-Reserven der USA sind praller gefüllt denn je. Trotzdem fördern die Ölproduzenten weltweit unaufhörlich weiter. Der Preis für ein Barrel Brent fällt auf ein Elf-Jahres-Tief – wie weit driftet das Rohöl noch ab? Und was hat das für Folgen für Aktien märkte und Anleger?

BÖRSE am Sonntag

Der Verdrängungswettbewerb der Ölförderländer geht in eine neue Runde: Die Opec-Staaten pumpen den Rohstoff aus allen Rohren in den Weltmarkt und drücken damit den Preis unter die Tiefstände von 2008. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee kostete am Montag mit 36,06 Dollar je Barrel (159 Liter) so wenig wie zuletzt im Sommer 2004. Der Terminkontrakt auf das US-Öl WTI fiel um 1,2 Prozent auf ein Sieben-Jahres-Tief von 34,32 Dollar. Zum Vergleich: Mitte 2014 hatten beide noch oberhalb der 100 Dollar-Marke gelegen.

Auslöser für den aktuellen Kursrutsch war Börsianern zufolge die wieder gestiegene Zahl der Ölbohrungen in den USA. Dem Ölindustrie-Dienstleister Baker Hughes zufolge wurde dort in der vergangenen Woche an 541 Stellen nach dem „schwarzen Gold“ gebohrt – ein Plus von 17 Bohrlöchern gegenüber der Vorwoche.

„Der Anstieg bei diesen niedrigen Ölpreisen deutet darauf hin, dass die Schieferöl-Förderer ihr Produktionsniveau halten wollen“, schrieben die Analysten der ANZ Bank. Dabei sind die Öltanks bereits prall gefüllt: Die US-Ölreserven stiegen vergangene Woche auf 491 Millionen Barrel. „Das ist der höchste Stand für diese Jahreszeit seit 1930“, betonten die Experten.

Gleichzeitig fluten die Opec-Staaten den Weltmarkt weiter mit Öl. Am Wochenende bekräftigte der irakische Ölminister, dass das Kartell an dieser Politik festhalte. Dadurch wollen sie Konkurrenten mit höheren Förderkosten – vor allem die Schieferöl-Produzenten aus den USA – aus dem Markt drängen. Schieferöl wird mit Hilfe des umstrittenen Fracking-Verfahrens unter hohem technischen und finanziellen Aufwand aus dem Gestein gelöst. Der US-Ölboom der vergangenen Jahre ist einer der Gründe für das aktuelle Überangebot.

Der jüngste Anstieg der Zahl der US-Bohrlöcher sei aber nur ein Ausreißer, betonte Rohstoff-Experte Jim Ritterbusch, Mitgründer der Beratungsfirma Ritterbusch & Associates. Der langfristige Trend zeige weiter nach unten. Früheren Angaben von Baker Hughes zufolge lag die Zahl der aktiven Ölbohrungen im November weltweit bei 2047 – ein Minus von etwa 44 Prozent im Jahresvergleich.

Dennoch wird die weltweite Fördermenge der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge im kommenden Jahr steigen. Das Plus bei der Öpec-Förderung werde den Rückgang in den übrigen Staaten mehr als aufwiegen. Aus diesem Grund sehen die Analysten von Goldman Sachs den Preis für das US-Öl WTI 2016 bei 20 Dollar. Natürlich ist das für den Konsum und damit für alle Aktien, die davon abhängen, kurzfrsitig ein ungeheures Konjunkturprogramm. Doch dafür wird ein Preis zu entrichten sein. Langfristig möglicherweise gerade von den Unternehmen, deren Aktien nun profitieren. Anleger sollten also möglicherweise bei Konsumtiteln auf die Langfristigkeit Ihres Engagement und bei Finanzprodukten auf die Laufzeit achten. Damit das Festessen an Weihnachten icht nach billigem Öl schmeckt! Handelsblatt / sig