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Air Berlin im Sinkflug – Folgt jetzt der Absturz?

Air Berlin, die schwer angeschlagene Airline, ist eine Art Geldverbrennungsmaschine. Nur noch das Engagement des Großaktionärs Etihad Airlines lässt Air Berlin überleben – doch jetzt soll es politische Einschränkungen geben. Die Berliner Politik schaltet sich ein, und Air Berlin droht der endgültige Absturz. Kann die Fluglinie noch gerettet werden?

BÖRSE am Sonntag

Air Berlin, die schwer angeschlagene Airline, ist eine Art Geldverbrennungsmaschine. Nur noch das Engagement des Großaktionärs Etihad Airlines lässt Air Berlin überleben – doch jetzt soll es politische Einschränkungen geben. Die Berliner Politik schaltet sich ein, und Air Berlin droht der endgültige Absturz. Kann die Fluglinie noch gerettet werden?

Air Berlin ist in schweren Turbulenzen. 247,6 Millionen – so viel Geld hat die Fluggesellschaft allein zwischen Januar und Juli dieses Jahres verbrannt. Seit 2011 summieren sich die Verluste über eine Milliarde Euro. Das Unternehmen schreibt seit Jahren nur noch rote Zahlen. In sechs der letzten sieben Jahren wurden Verluste gemacht. Das Eigenkapital ist um 573,3 Millionen Euro negativ. Vieles deutet auf eine Insolvenz des Unternehmens an. Sogar der Umsatz ist in diesem Jahr um sieben Prozent auf gut eine Milliarde Euro gesunken.

Die einzige Hoffnung und zugleich – so meinen viele Experten – der einzige Grund, warum es Air Berlin überhaupt noch, gibt ist der Großaktionär Etihad. 2011 stieg diese aufstrebende Airline aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Geschäft ein und sicherte sich rund 30 Prozent der deutschen Gesellschaft. Etihad Airways erhoffte sich dadurch einen Einstieg ins europäische Geschäft und ist seither zugleich am hochdefizitären Geschäft von Air Berlin beteiligt. Vor allem „Code-Share“ Flüge sind für die Arabische Fluggesellschaft dabei von Bedeutung für ihr Engagment. 

Das Codesharing ist ein Verfahren, bei dem sich mehrere Fluggesellschaften einen Linienflug teilen. Code-Share Verbindungen sorgen somit für eine bessere Auslastung der Maschinen und bringen so bessere Umsätze. Außerdem kann durch Codesharing Etihad Airways mit vielen regionalen Flügen, die eigentlich Air Berlin anbeitet, seinerseits werben und somit – so hofft man es zuminedest – zum Schwergewicht im europäischen Markt avancieren.

Doch genau diese Code- Share-Flüge könnte das endgültige Scheitern Air Berlins besiegeln. Es ist ein Streit zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) um das Luftverkehrsabkommen entbrannt. Das Bundesverkehrsministerium von Alexander Dobrindt argumentierte jüngst, dass viele der bei Air Berlin angebotenen Code Share Flüge nicht erlaubt seien, er möchte diese deswegen unterbinden. Er befürchtet, dass durch ein stärkeres Auftreten von Etihad Airways im deutschen Fluggeschäft andere Fluggesellschaften in die Ecke gedrängt werden könnten. 


Für seine Befürchtungen hat Dobrindt handfeste Gründe. Etihad soll aufgrund von Subventionen und den geringen Steuersätzen einen klaren Wettbewerbsvorteil haben gegenüber heimischen Fluggesellschaften wie etwa der Lufthansa. Sollten die Code-Share Flüge wirklich nicht mehr erlaubt werden, wird das extrem negative Folgen für Air Berlin haben. Air Berlin Betriebsräte warnten daraufhin in einem offenen Brief an die Bundesregierung, dass die Fluggesellschaft „vom Markt verschwinden könne.“

Es muss schnell eine Lösung her, denn schon am Sonntag wird der Winterflugplan in Kraft treten. Konkret geht es um 65 Gemeinschaftsflüge die Air Berlin im Winter mit Etihad gemeinsam anbieten will. Doch das Verkehrsministerium bleibt hart: „Nicht genehmigungsfähig“. Die Rechtslage sei und bleibe eindeutig. „Der Vertrag über die Luftverkehrsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten erlaubt nicht alle beantragten Code-Share-Flüge.“ Sollten diese wirklich nicht genehmigt werden, wird Air Berlin höchst wahrscheinlich mehr verlieren als „nur“ die rund 150 Millionen, die sie direkt abschreiben können.

Nein, die gesamte Partnerschaft mit Etihad steht dann auf dem Spiel, und somit – wie schon ausgeführt – wohl die Existenz des gesamten Unternehmens. Deswegen hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auch für die Zustimmung geworben und sogar einen Brief an die Kanzlerin geschickt. Er hat Sorge, dass 8.000 Arbeitsplätze verloren gehen und die Marktlücke durch ausländische Unternehmen wie Ryan Air oder Easy Jet besetzt wird.


Der Kauf einer Air Berlin Aktie gerade jetzt ist also auch eine direkte politische Wette. Und genau darin liegt auch der Anreiz für Anleger. Für sehr risikoaffine Investoren ist die Air Berlin Aktie in diesen Tagen ein heißes Papier, denn sollten die Code-Share Flüge – wie im vergangenen Jahr – in letzter Sekunde genehmigt werden, kann das für deutlich Aufschwung sorgen. Diesen hätte das Unternehmen aber auch bitter nötig, denn Air-Berlin-Aktionäre sind über die Jahre stark gebeutelt. Das Papier verlor in der Vergangenheit kontinuierlich an Wert. In den letzten drei Monaten alleine 16 Prozent, seit drei Jahren sogar rund 40 Prozent. Auch die langfristige Betrachtung der letzten fünf Jahre zeigt einen Kursverlust von über 70 Prozent.

Es sind aufregende Tage rund um das Unternehmen, viele Analysten deuten die Zeichen schon nach apokalyptisch anmutenden Maßstäben. Es ist gut möglich, dass Air Berlin, ein Unternehmen mit immerhin rund 8.000 Mitarbeitern, sang- und klanglos vom Markt verschwinden wird. Knackpunkt ist die Partnerschaft mit Etihad Airways und die bevorstehende Entscheidung zu den Code-Share Flügen. Aber selbst bei kurzfristigem Einlenken der Politik wird es sehr schwer, den Steuerknüppel herumzureißen und die Airline wieder in erfolgreichen Höhen zu steuern. VAL