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Bastei Lübbe startet „Netflix für Bücher“

Das Kölner Medienunternehmen Bastei Lübbe (WKN: A1X 3YY) verfolgt mit seiner Internetplattform „beam“ ehrgeizige Ziele. Im Rahmen eines internationalen Rollouts will die eBook- und Hörbuch-Plattform mit der Vermarktung von Serieninhalten bis zum Jahr 2020 rund 24 Millionen Kunden gewinnen. BÖRSE am Sonntag sprach mit Bastei-Lübbe-Vorstandschef Thomas Schierack über den nächsten konsequenten Schritt in Richtung Digitalisierung und warum „niemand beam in den nächsten Jahren kopieren kann“.

BÖRSE am Sonntag

Das Kölner Medienunternehmen Bastei Lübbe (WKN: A1X 3YY) verfolgt mit seiner Internetplattform „beam“ ehrgeizige Ziele. Im Rahmen eines internationalen Rollouts will die eBook- und Hörbuch-Plattform mit der Vermarktung von Serieninhalten bis zum Jahr 2020 rund 24 Millionen Kunden gewinnen. BÖRSE am Sonntag sprach mit Bastei-Lübbe-Vorstandschef Thomas Schierack über den nächsten konsequenten Schritt in Richtung Digitalisierung und warum „niemand beam in den nächsten Jahren kopieren kann“.

BÖRSE am Sonntag: Herr Schierack, Bastei Lübbe hat große Pläne mit seiner neuen Plattform beam, die 2016 an den Start gehen soll. Könnten Sie unseren Lesern das beam-Geschäftsmodell bitte kurz vorstellen.

Thomas Schierack: Es ist tatsächlich so, dass wir mit unserer Plattform beam große Pläne haben. Sie wird 2016 als internationale Streaming-Plattform an den Start gehen. Unser Konzept ist dabei wirklich einzigartig. Wir orientieren uns zwar grundsätzlich an Streaming-Diensten in anderen Medienbereichen wie etwa Netflix beim Film oder Spotify in der Musik. Aber anders als die bereits am Markt operierenden Plattformen werden wir uns konsequent auf kurze Inhalte, insbesondere Serien konzentrieren. Wie Sie wissen, sind Serieninhalte wie etwa Jerry Cotton, John Sinclair oder auch Adelsromane einer unserer essenziellen Markeninhalte. Hinzu kommen neu entwickelte Serieninhalte wie Apocalypsis, Coffeeshop, Hereos und viele mehr. Und diese Inhalte entwickeln wir nun für eine völlig neue Zielgruppe und für völlig neue Medien, nämlich insbesondere Smartphones, weiter.

Welche Rolle spielt beam bei der von Ihnen angestrebten strategischen Weiterentwicklung von Bastei Lübbe zum internationalen digitalen Multimedienunternehmen?

Für unser Haus wird der Launch der neuen Plattform beam der nächste konsequente Schritt in Richtung Digitalisierung sein. Beam ist zudem eines der ersten großen Projekte, in dem wir als klassischer Verlag Synergien und Cross-Selling-Effekte mit unseren neuen Beteiligungen heben können, die wir im vergangenen Jahr eingegangen sind. Daher zeigt beam ganz deutlich, wie weit unsere strategische Weiterentwicklung schon gediehen ist. Und ganz wichtig: Vom Start weg wird die Plattform international aufgestellt sein und Inhalte in Deutsch und Englisch anbieten. Wir werden dann auch zeitnah andere Weltsprachen wie Spanisch, Portugiesisch und Mandarin bedienen, um beam wirklich global aufzustellen.

beam-Nutzer werden die Wahl zwischen einer werbefinanzierten Lösung und einem Abomodell haben. Wie wollen Sie die potenziellen Kunden für ein kostenpflichtiges Abonnement begeistern?

Die Nachfrage ist ohne Zweifel da, das zeigen allein schon die vielen erfolgreichen und extrem wachstumsstarken Streaming-Dienste in anderen Bereichen. Wir bieten den Lesen und Usern außerdem ein wirklich einzigartiges und attraktives Angebot an: Nämlich für 4,99 Euro pro Monat seine Lieblingsserien zu lesen – überall und jederzeit. Neben klassischen und neuen eigenen Serien werden wir als besonderes Highlight auch internationale Top-Autoren auf der Plattform haben, die neue und spannende Serieninhalte exklusiv für beam-Leser entwickeln und realisieren.

Warum legen Sie bei beam den Schwerpunkt auf Serieninhalte?

Das Leseverhalten der Menschen spricht ganz klar für Serieninhalte. Natürlich lesen sie zu Hause am Abend oder im Urlaub gerne, dann mit Vorliebe auch „richtige Wälzer“. Aber gerade auf mobilen Ausgabegeräten insbesondere Smartphones müssen kurze Inhalte her. Wir konkurrieren da beim Nutzerverhalten mit Musik und auch mit der Spieleindustrie, kurzen Handy-Games etwa. Der klassische Nutzer sitzt in der Bahn, am Flughafen, im Café usw. und hat vielleicht eine halbe oder eine Stunde Zeit. Für ihn sind kurze Inhalte wie geschaffen. Und genau hier bieten wir ihm ein ganzes Universum an spannenden, romantischen, gruseligen oder lustigen Geschichten an.

Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite: Warum "beam" einen Vorsprung auf Jahre haben wird
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Und woher nehmen Sie die 5.500 Titel, die Sie zum Start anbieten möchten?

Ein Teil davon stammt aus unserem eigenen Haus. Wir werden aber auch mit einem großen internationalen Verlag kooperieren, der ebenfalls auf kurze Serieninhalte spezialisiert ist. Und nicht zuletzt wollen wir die eBooks von beliebten internationalen TV-Serien einbauen. So haben wir beispielsweise gerade die Rechte für die eBooks von „Heroes“ gekauft, einer der erfolgreichsten US-Serien der vergangenen Jahre.

„Niemand kann beam in den nächsten Jahren kopieren“, lautet eine Ihrer Aussagen in der aktuellen Präsentation. Was macht Sie in diesem Punkt so zuversichtlich?

Natürlich gibt es schon jetzt Streaming-Plattformen. Aber unser Konzept der Spezialisierung auf Serieninhalte ist einzigartig. Hier sind wir einer von ganz wenigen Verlagen weltweit, die solche Inhalte in dieser Breite liefern können – und wir entwickeln uns konsequent weiter. Natürlich kann das Modell grundsätzlich kopiert werden, aber unser Vorsprung auf die Konkurrenz dürfte mindestens drei bis vier Jahre betragen.

In der Presse ist bereits vom „Netflix für Bücher“ die Rede. Wie gefällt Ihnen dieser Vergleich?

Ich finde den Vergleich sehr schön und nutze ihn selbst gerne. Schauen Sie: Netflix ist heute eine der großen Erfolgsgeschichten mit über 53 Millionen Kunden weltweit. Aber die Plattform hat lange ohne großen Erfolg existiert. Das hat sich erst geändert, als Netflix auf frische eigene Serieninhalte wie „House of Cards“ gesetzt hat. Die Parallele zu dem, was wir vorhaben, stimmt mich sehr optimistisch.

Die von Ihnen ausgerufenen Ziele für beam sind ehrgeizig: Bis Ende 2018 wollen Sie 16 Millionen Kunden gewinnen, bis Ende 2020 peilen Sie ein weiteres Wachstum um 50 Prozent auf 24 Millionen Euro an. Woher nehmen Sie diesen Optimismus?

Wir sind fest überzeugt, dass wir mit beam ein wirklich attraktives Paket geschnürt haben. Und zum Thema Optimismus kann ich nur sagen: Unsere Kalkulationen sind sehr vorsichtig und zurückhaltend.

Ohne kostspielige Marketingmaßnahmen zur Kundengewinnung werden Sie diese Ziele nicht erreichen können. Mit welchem Investitionsbedarf rechnen Sie und wie wollen Sie diesen schultern?

Sie haben Recht, bei webbasierten Geschäftsmodellen wie Streaming-Diensten kommt es darauf an, binnen kurzer Zeit so viel Reichweite und Kunden wie möglich anzudocken. Das geht nur mit großem Marketing- und PR-Aufwand. Wir rechnen damit, dass beam zum Start circa 20 Millionen Euro Anlaufkosten verursacht. Wir wollen das nicht allein stemmen und suchen Investoren. Erste Gespräche laufen bereits, aber wir denken hier in alle Richtungen und sind offen für neue Ideen.

Angenommen, Sie erreichen dieses Ziel bis 2020: Was würde dies für die Gewinn- und Verlustrechnung des Bastei Lübbe-Konzerns bedeuten?

Das kann man heute noch nicht eindeutig beantworten. Es hängt davon ab, ob wir beam konsolidieren oder nicht konsolidieren. In jedem Fall wird es langfristig sehr positive Einflüsse auf unsere Gewinn- und Verlustrechnung haben.

Wenn beam ein Erfolg wird, steht auch Bastei Lübbe vor einer Neubewertung. Aber steht dieser Chance nicht auch ein großes Risiko für den Gesamtkonzern im Falle eines Scheiterns gegenüber?

Ich sehe hier ein wirklich eindrucksvoll positives Chance-Risiko-Profil. Wir halten die Kosten und damit das Risiko des Scheiterns in wirklich gut beherrschbaren Grenzen. Dafür sind wir bereit, unseren Erfolg mit einem Investor zu teilen. Auf der anderen Seite sind die Perspektiven und die möglichen Chancen sehr groß und könnten unser gesamtes Unternehmen tatsächlich auf eine neue Stufe heben.

Herr Schierack, vielen Dank für das Interview.