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Bundestagswahl: Vier Sektoren, die Sie im Blick haben sollten

Jetzt zählt es. Am heutigen Sonntag, dem 24. September, entscheidet sich die Bundestagswahl 2017. War Kanzler oder Kanzlerin wird? Dies Rennen scheint gelaufen. Für Investoren und Privatanleger spannend wird dagegen die Frage nach der neuen Regierungszusammensetzung. Wieder eine große Koalition? Oder „Jamaika“? Welche Branchen könnten profitieren? Die Börse am Sonntag stellt vier wichtige Sektoren des Aktienmarktes vor.

BÖRSE am Sonntag

Jetzt zählt es. Am heutigen Sonntag, dem 24. September, entscheidet sich die Bundestagswahl 2017. War Kanzler oder Kanzlerin wird? Dies Rennen scheint gelaufen. Für Investoren und Privatanleger spannend wird dagegen die Frage nach der neuen Regierungszusammensetzung. Wieder eine große Koalition? Oder „Jamaika“? Welche Branchen könnten profitieren? Die Börse am Sonntag stellt vier wichtige Sektoren des Aktienmarktes vor.

Oliver Maslowski ist Fondsmanager beim Schweizer Vermögensverwalter GAM. Basierend auf seinen Einschätzungen hat die BÖRSE am Sonntag vier Sektoren des Aktienmarktes ausgewählt, die nach der Wahl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit verstärkt ins Blickfeld rücken werden.

1.) Immobilien

Glaubt man den bisherigen Umfragewerten, könnte die FDP neben der AFD zum großen Wahlgewinner 2017 werden. Schwarz-Gelb-Grün wäre den Prognosen nach regierungsfähig. Schwarz-Gelb erscheint nicht ganz unmöglich. „Sollte die FDP Einzug in die Regierung erhalten, könnte es zu einer Abschaffung der Mietpreisbremse kommen“, glaubt Oliver Maslowski, Fondsmanager beim Schweizer Vermögensverwalter GAM und ergänzt: „Hiervon würden in der Folge große Privatvermieter, also deutsche Wohnungsunternehmen wie Vonovia, LEG Immobilien oder Deutsche Wohnen profitieren.“ Derzeit lägen die Mieteinnahmen deutscher Wohnungsunternehmen zum Teil unter dem Mietspiegel und indizierten somit weiteres Aufwärtspotenzial, selbst unter den Rahmenbedingungen einer großen Koalition, so Maslowski weiter. Die Übergewichtung des Immobiliensektors erscheine daher aus „Risiko-Rendite-Perspektive“ sinnvoll.

2.) Energieversorger

Womöglich könnten auch die deutschen Energieversorger als Wahl-Gewinner hervorgehen. Der Dieselskandal hat Parteien und Gesellschaft aufgerüttelt. Die Grünen machen ein zukünftiges Verbrenner-Verbot sogar zur Koalitionsbedingung. Einer der Punkte, woran die Jamaika-Koalition scheitern könnte. Doch selbst wenn es am Ende Schwarz-Gelb oder wieder die GroKo wird, das Auto elektrisch in die Zukunft führen wollen sie alle. Nur eben unterschiedlich schnell. Was das nun alles mit den Energieversorgern zu tun hat? Mehr Elektrofahrzeuge bedeuten auch mehr Energiebedarf in Form von elektrischem Strom. Dessen Produktion müsste deutlich zulegen, um der steigenden Nachfrage gerecht werden zu können. Und ab 2022 dienen Atomkraftwerke in Deutschland nicht mehr als Quelle.

Auf absehbare Zeit seien fossile Energieträger unverzichtbar, sagt Oliver Maslowski und empfiehlt den Sektor daher mit „Übergewichten“. „Neben den steigenden Strompreisen könnten zudem vermehrt Übernahmefantasien zum Tragen kommen. Denkbar wäre einerseits eine europäische Konsolidierung, andererseits aber auch ein Einstieg von strategischen Investoren, wie zum Beispiel große Ölkonzerne“, schreibt Maslowski.

3.) Unternehmen mit valider Digitalstrategie

Über nahezu alle Parteigrenzen hinweg sind sich die jeweiligen Politiker einig: Deutschland braucht schnelleres Internet. Die Breitbandversorgung soll und muss landesweit ausgebaut werden. Denn schnelles Internet ist für alle möglichen Bereiche inzwischen eine Entwicklungs-Grundvoraussetzung. Zwar hat die FDP die Digitalisierung besonders weit oben auf ihre Agenda gesetzt, aber auch eine erneute Große Koalition wird nicht darum herumkommen, in diese Zukunftstechnologie massiv zu investieren.

„Die Telekommunikationsbranche stellt dabei den Motor der Digitalisierung dar, sie steht deshalb oftmals in einem starken Preis- und Technologiewettbewerb“, sagt Maslowski und fügt an: „Nutznießer sind deshalb oftmals nicht die Infrastrukturunternehmen, sondern Unternehmen mit einer klaren Digitalstrategie.“ Aus Diversifikationsgründen gewichte sein Team darum Unternehmen mit einer „überzeugenden Digitalstrategie aus unterschiedlichen Branchen“ über. Und zwar unabhängig vom Wahlausgang. Die Telekommunikationsbranche sei eher mit „Neutral“ zu bewerten.

4.) Konsumgüter

Neben Investitionen in die Digitalwirtschaft, sind sich die meisten Parteien auch in Bezug auf Steuersenkungen einig. Sie seien nötig, um den privaten Konsum zu erhöhen und damit langfristig das Wirtschaftswachstum zu stärken. Eine Übergewichtung der Konsumgüterbranche sehe er dennoch nicht als ratsam an, sagt Maslowski. „Medienkonzerne leiden unter einer Verschiebung der Werbebudgets in Onlinekanäle, Konsumgüterhersteller und Einzelhandel kämpfen mit dem harten Preiswettbewerb im Internet und Automobilhersteller kommen durch den Technologiewandel in Bedrängnis“, schreibt der Fondsmanager. Eine wirtschaftsfreundliche Politik, die wohl bei einer schwarz-gelben Koalition zu erwarten wäre, würde daher nur einen kleinen Einfluss auf strukturelle Branchenprobleme ausüben, meint Maslowski.

Und was, wenn Merkel verliert?

Ein krachende Niederlage der Bundeskanzlerin ist inzwischen so unwahrscheinlich, dass man sich mit den Folgen eigentlich nicht mehr auseinandersetzen müsste. Sollte es dennoch passieren, ist nach Ansicht der BlackRock-Experten Dr. Martin Lück und Felix Herrmann eine deutlichere Marktreaktion zu erwarten. So wäre den Aktienmarkt betreffend zunächst mit „erhöhtem Verkaufsdruck“ zu rechnen. Langfristig dagegen, das zeige die Vergangenheit, sei im Zuge einer von der SPD-geführten Bundesregierung nicht unbedingt mit einer „deutlicheren Underperformance deutscher Aktien“ zu rechnen.

Fazit

Alles in allem sehen die Experten, so wie auch der Fondsmanager Maslowski, durch eine erneute Wahl Angela Merkels die Aktienkurse kurzfristig steigen. Das war auch schon 2005, 2009, und 2013 der Fall. Langfristig dagegen bleibe abzuwarten, ob sich der politische Rückenwind einerseits und die Konjunkturentwicklung andererseits als stark genug erweisen, die strukturellen Herausforderungen zu meistern. Letztlich würde sich wohl eine Mischung aus „defensiver Positionierung im Immobiliensektor“, der „Übergewichtung von Spezialsituationen in der Versorgerbranche“ und „Fokussierung auf Unternehmen mit klarer Digitalstrategie“ als richtige Portfoliomischung anbieten.

Zu rechnen ist alles in allem mit einem Wahlsieg Merkels. Und in der Folge wohl mit Stabilität. Sowohl an der Märkten als auch in Sachen Politik. Was das für die Zukunft bedeutet, muss sich zeigen, und bald nach der Wahl werden auch die außenpolitischen Risiken und Bruchlinien wieder mehr in den Fokus der Anleger und Analysten rücken. Eines aber sollte man vielleicht bedenken: Wird Stabilität zu „stabil“, kann daraus schnell gefährlicher Stillstand werden. OG / sig / GAM