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Schliekers Woche: Vergesst Griechenland

Mit als das Erstaunlichste kristallisiert sich in der nicht enden wollenden Griechenland-Saga inzwischen wohl heraus, wie viel sich die EU-Institutionen und die übrigen Mitgliedsstaaten unter dem Strich gefallen lassen, und wie lauwarm die Reaktionen, zumindest die sicht- und hörbaren, noch ausfallen.

BÖRSE am Sonntag

Mit als das Erstaunlichste kristallisiert sich in der nicht enden wollenden Griechenland-Saga inzwischen wohl heraus, wie viel sich die EU-Institutionen und die übrigen Mitgliedsstaaten unter dem Strich gefallen lassen, und wie lauwarm die Reaktionen, zumindest die sicht- und hörbaren, noch ausfallen.

Nur mal zur Auffrischung: Regierungschef Tsipras, gewandelt vom Stalinisten zum Marxisten und wieder zurück und zwischendurch auch mal anarchistisch beeinflusst, hat zusammen mit seinen Freunden von der rechtsextremistisch-nationalistischen Anel-Partei ein Feuerwerk der guten Laune abgebrannt: Da war die Reparationsforderung (immer noch eine brandheiße Nummer, nur die Zahlen ändern sich); dann die "Reformlisten" ohne Inhalt; die Gerechtigkeitsoffensive, die mit der Wieder-Einstellung von zunächst 4000 Leuten, später mehr, im Öffentlichen Dienst ihre neueste Ausprägung findet: Die waren entlassen worden, weil sie entweder nie zum Dienst erschienen oder schlicht dermaßen faul waren, dass es sogar dort auffiel; sodann die Drohung mit einer Flüchtlingsarmada Richtung Norden, mit griechischen Papieren ausgestattet; und last not least das ideologiefreie Turteln mit jenem Putin Lupenrein, der nun künftig Staatsbetriebe in Griechenland beäugen darf, und vielleicht sogar kaufen, auch wenn Privatisierung ja nicht geht (marxistische Tsipras-Ader schwillt sonst an), es sei denn man ist Chinese und will einen Hafen.

Mit wohlerwogenen Ermahnungen tut sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hervor und droht mit energischen Ausdrücken schlechter Laune, wenn das nicht bald aufhört. Bald heißt hier: Irgendwann in dieser Dekade. In Deutschland herrscht vornehme Zurückhaltung sowohl beim Eingehen auf die Reparationsforderungen als auch bei der Unterbindung einer klammheimlichen weiteren Kreditaufnahme Griechenlands über die undurchsichtigen Target-II-Salden der internationalen Notenbank-Verrechnungen. 91 Milliarden sollen da wieder aufgelaufen sein. Auch unterbleibt ein Hinweis, dass in punkto Reparationen/Zahlungsverpflichtungen noch eine Anleihe von 1832 zur Rückzahlung ansteht, Empfänger wären wohl die Republik Österreich und der Freistaat Bayern. Wie viele Fantastillionen das mit Zinsen sind, will keiner beziffern. Griechenland hätte es eh nicht, genauso wenig wie 1832 oder irgendwann danach. Was aber gibt es wirklich Neues? Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen erwägt ein Nein zu weiteren Griechenland-Hilfen. Der in Zahlen belegbare Niedergang der griechischen Wirtschaft, die sich bis zum Wahlsieg von Syriza auf Erholungskurs befand, wirkt sich nun nach gewisser Verzögerung auch auf die Steuereinnahmen aus. Die Kapitalflucht bricht seit Dezember Rekorde.

Also: Es bleibt nur der Schluss, dass die links-rechts-extreme Regierung in Wirklichkeit einen Herauswurf aus der Eurozone herbeisehnt. Anders ist die Fülle an mutwillig erzeugten Katastrophen, diplomatischen wie wirtschaftlichen, nicht zu erklären. Die EU-Institutionen sollten ihre Energie von der Rettungspolitik abziehen und stattdessen einen gangbaren Weg suchen, wie Griechenland künftig wieder allein und frei sein Wohlergehen bestimmen kann.