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Koalitionsvertrag: Hier greift die neue Regierung uns ins Portemonnaie

Maut für kleine Lastwagen, Pflichtrente für Selbständige, teurere Flugtickets und keine Förderung mehr für Hybridautos – es gibt im Koalitionsvertrag eine Liste der Grausamkeiten. Sie ist allerdings kurz. Um dennoch mehr Geld für Klimaschutz und Digitalisierung auszugeben, will die Koalition Schattenhaushalte aufbauen.

(Bild: picture alliance/dpa | Michael Kappeler)

Maut für kleine Lastwagen, Pflichtrente für Selbständige, teurere Flugtickets und keine Förderung mehr für Hybridautos – es gibt im Koalitionsvertrag eine Liste der Grausamkeiten. Sie ist allerdings kurz. Um dennoch mehr Geld für Klimaschutz und Digitalisierung auszugeben, will die Koalition Schattenhaushalte aufbauen.

Die Koalition lässt noch vieles offen, wo genau sie ans Geld der Bürger geht. Einige Punkte allerdings hat sie bereits jetzt festgezurrt. Auf den 177 Seiten des frischverhandelten Koalitionsvertrags finden sich bereits ganz handfeste Hinweise, welche finanziellen Belastungen auf die Menschen zukommen.

Diese sieben Punkte sind bereits jetzt absehbar:

1) Ernährung

Fleisch wird teurer. Verantwortlich dafür ist „ein durch Marktteilnehmer getragenes finanzielles System“, aus dem Landwirte bezahlt werden. Sie sollen Geld bekommen, um Nutztiere arten- und klimafreundlich zu halten. „Wir wollen die Emissionen aus Ammoniak und Methan unter Berücksichtigung des Tierwohls deutlich mindern“, steht im Vertrag. Weil dann weniger Tiere gehalten werden können, brauchen die Bauern Unterstützung – das Geld dürfte durch höhere Fleischpreise reinkommen.

2) Maut

Mehr Geld für die Maut müssen Lastwagenfahrer und jene Speditionen bezahlen, für die sie unterwegs sind. Die Koalition plant, die CO2-Abgabe für Lastwagen zu erhöhen und vor allem auch Kleintransporter, die mehr als 3,5 Tonnen wiegen, mit einer Maut zu belegen. Bisher galt die Lastwagen-Maut erst ab einem Gewicht von 7,5 Tonnen. Die Mehreinnahmen sollen für Mobilitätsprojekte ausgegeben werden. Hier gilt künftig „Schiene vor Straße“, wie es im Koalitionsvertrag heißt.

3) Mindestlohn

Was für die einen mehr Geld bedeutet, heißt für die anderen bei diesem Thema höhere Ausgaben: Der Mindestlohn soll, wie von der SPD vor der Wahl angekündigt, auf zwölf Euro steigen. Und zwar sofort und mit einem Schlag. Die bisherige Koalition aus SPD und Union hatte eine schrittweise Erhöhung auf 11,50 Euro innerhalb der nächsten vier Jahre vorgesehen. Jetzt geht es schneller und wird teurer – für die Arbeitgeber. Für die Mindestlohn-Empfänger ist das eine gute Nachricht. Damit sie als Minijobber nicht sofort steuerpflichtig werden, wird die Grenze, unter der das Einkommen steuerfrei ist, von 450 auf auf 520 Euro angehoben.

4) Flugtickets

Für 10 Euro nach Mallorca? Diese Dumpingpreise soll es nach dem Willen der Koalition nicht mehr geben. „Wir werden uns bei der Europäischen Union dafür einsetzen, dass Flugtickets nicht zu einem Preis unterhalb der Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen“, steht hierzu im Koalitionsvertrag. Als Begründung wird auf die Klimaschädlichkeit der Flugreisen verwiesen. Ob sich Deutschland mit dem Ansinnen allerdings durchsetzt ist fraglich. In der EU sind Länder wie Irland, wo beispielsweise der Billigflieger Ryanair seinen Stammsitz hat, wahrscheinlich anderer Meinung.

5) Rente

Selbständigen ist es nicht mehr freigestellt, ob sie für ihre Alter vorsorgen oder nicht. Künftig müssen sie. „Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen“, steht im Vertrag. Sie werden künftig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sein, sofern sie nicht ein privates Vorsorgeprodukt gewählt haben. „Dieses muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen.“ Bei jeder Gründung gelte eine Karenzzeit von zwei Jahren. Danach führt kein Weg an der Einzahlung in ein Rentensystem vorbei.

6) Diesel

Dieselfahrer müssen künftig tiefer ins Portemonnaie greifen. Der Grund: Die Koalition verweist auf die EU-Energiesteuerrichtlinie, die die steuerliche Angleichung von Dieselkraftstoff und Benzin vorsieht. Zum Ausgleich verspricht die neue Regierung, die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen in der Kfz-Steuer zu überprüfen. Es könnte also sein, dass die steigenden Preise für Diesel zumindest teilweise dadurch ausgeglichen werden, dass Dieselfahrzeuge nicht mehr mit höheren Steuern belegt werden als Benziner.

7) Plug-In-Hybride

Die Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-In-Hybride soll so gesenkt werden, dass sie nur noch für Autos gezahlt wird, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben. Dazu müssen sie beispielsweise eine elektrische Mindestreichweite von 80 Kilometern erreichen. Die bestehende Besserstellung von Plug-In-Hybrid-Autos bei der Dienstwagenbesteuerung wird für neu zugelassene Fahrzeuge auf die rein elektrische Fahrleistung ausgerichtet. Hybridautos sollen zukünftig nur noch dann günstiger besteuert werden, wenn das Fahrzeug mehr als die Hälfte seiner Kilometerfahrleistung elektrisch betrieben wird. Mit Ende des Jahres 2025 soll Innovationsprämie für Elektroautos komplett entfallen.

Die absehbaren Mehreinnahmen aus diesen Quellen reichen allerdings bei weitem nicht aus, um die ehrgeizigen Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung zu decken. Da flächendeckende Steuererhöhungen nicht geplant sind und die Schuldenbremse nach der Pandemie 2023 wieder gelten soll, hat sich die neue Koalition etwas anderen einfallen lassen. Sie will ihre Investitionen über Staatsunternehmen aufbringen, die dazu Schulden machen dürfen. An erster Stelle nennen die Koalitionäre dabei die KfW, über die neue Projekte finanziert werden können. Die Deutsche Bahn soll ebenfalls einen solchen Schattenhaushalt bekommen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgabe ist das dritte staatliche Unternehmen, das zu diesem Zweck ausdrücklich im Koalitionsvertrag genannt wird.

Höhere Einnahmen aus anderen Vorhaben sind laut Koalitionsvertrag dagegen vom Tisch. Insbesondere eine schneller als bisher geplant steigende CO2-Abgabe ist bis auf weiteres gekippt. Schuld sind hier die stark steigenden Energiepreise vor deren Hintergrund die Koalition auf noch höhere CO2-Preise als geplant zunächst verzichtet hat. Das Thema liegt allerdings auf Wiedervorlage fürs nächste Jahr. Vom Tisch sind auch die Zuckersteuer und das von den Grünen geforderte Ende des Provisionsmodells in der Finanzberatung. Beide Punkte finden sich in dem umfangreichen Vertrag jedenfalls nicht wieder.

Oliver Stock

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