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China bremst, ThyssenKrupp glänzt

Wenn schon keine Impulse aus den USA, dann eben aus China: die Thyssen-Krupp-Anteile sind derzeit unter den Spitzenreitern in einem insgesamt eher träge wirkenden DAX. Grund dafür ist vor allem die vielversprechende Vereinbarung der G20-Staaten, Überkapazitäten in der Stahlbranche abzubauen, die offensichtlich Wirkung entfaltet.

BÖRSE am Sonntag

Wenn schon keine Impulse aus den USA, dann eben aus China: die Thyssen-Krupp-Anteile sind derzeit unter den Spitzenreitern in einem insgesamt eher träge wirkenden DAX. Grund dafür ist vor allem die vielversprechende Vereinbarung der G20-Staaten, Überkapazitäten in der Stahlbranche abzubauen, die offensichtlich Wirkung entfaltet.

So richtig Fahrt aufnehmen will der deutsche Leitindex DAX nach dem Wochenende nicht: Am Montagnachmittag steht nur ein kleines Plus von 0,22 Prozent zu Buche. Weil in den USA ein Feiertag begangen wird und die Börsen ruhen, fehlen Impulse aus Übersee. Und so schleppt sich der DAX mit den Nachwirkungen von Freitag durch den Tag. Die aktuellen US-Arbeitsmarktdaten deuten nämlich nicht darauf hin, dass die Federal Reserve Bank noch im September den Leitzins anheben wird. Spannender wird es kurstechnisch vielleicht schon am Donnerstag, wenn die EZB mögliche geldpolitische Veränderungen bespricht. 

Doch bis dahin muss sich der DAX mit kleineren Bewegungen zufrieden geben. Der ungebrochene Übernahmewille von Vonovia sorgt für schlechte Stimmung und schickt die Aktie des Immobilienkonzerns um 1,77 Prozent hinunter bis ans DAX-Ende. Ausgleichend wirkt der Zugewinn der ThyssenKrupp-Aktien, die sich um 1,76 Prozent auf 22 Euro verbessern. Das erst kürzlich gesteckte Jahreshoch bei 22,22 Euro ist damit in unmittelbarer Reichweite und lässt auf einen Ausbruch hoffen. Schon in der vergangenen Woche hatte das Analysenaus Jefferies seine Kaufempfehlung für die Aktie bekräftigt. 

Nimmt der Druck durch chinesische Dumpingpreise ab?

Analyst Seth Rosenfeld argumentiert in seiner Branchenstudie vom Donnerstag, dass die europäischen Stahlpreise jenen in den USA bislang hinterher gehinkt seien, berichtet dpa-AFX. Für das kommende Jahr sieht Rosenfeld eine überdurchschnittlich gute Entwicklung voraus und benennt die europäischen Karbonstahlhersteller ArcelorMittal, ThyssenKrupp und Salzgitter als seine Favoriten. Das Kursziel verbleibt bei 25 Euro, was auch bei derzeitigem Stand noch immer eine eindeutige Kaufempfehlung darstellt. 

Zusätzlichen Support erhält die ThyssenKrupp-Aktie aus China. Denn beim Treffen der G20-Staaten in Hangzhou zeichnet sich ein Beschluss ab, der der europäischen Stahlindustrie auf die Sprünge helfen könnte. Demnach sollen die Überkapazitäten in der Branche abgebaut werden. Insbesondere chinesische Hersteller hatten zuletzt mit Dumpingpreisen für eine Krise der gesamten Branche gesorgt - ThyssenKrupp gehört zu den Meistgeschädigten. Am Montag jedoch flammt ein wenig Hoffnung auf, nachdem der Konzern Anfang August noch einen Umsatzeinbruch um zwölf Prozent auf 9,9 Milliarden Euro im dritten Quartal verkünden musste. 

CEO will Konsolidierung - Fusionsgespräche laufen

Der operative Gewinn sank im selben Zeitraum um 18 Prozent auf 441 Millionen Euro - unter dem Strich blieben nur noch 130 Millionen. Das europäische Stahlgeschäft litt dabei besonders. Besserung könnte ein Zusammenschluss mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel bringen, der Fokus liegt Medienberichten zufolge auf dem ThyssenKrupp-Stahlwerk in Duisburg und einem Tata-Anlage in Ijmuiden, Niederlande. Zudem spricht sich ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesiger schon seit längerem für eine Konsolidierung aus. Profitabilität hatte der Konzern im Stahlgeschäft zuletzt vor allem dank umfangreicher Sparmaßnahmen erreicht. 

Widerstand gegen die Fusionspläne kommt allerdings von der ThyssenKrupp-Belegschaft, die um Arbeitsplätze fürchtet. Auch britische Anlagen des Tata-Konzerns, die eventuell Teil des Deals sein könnten, verzögern die Verhandlungen nach dem Brexit noch. Bei der Commerzbank ist man trotzdem davon überzeugt, dass sich die Aktie des deutschen Stahlriesen steigern wird, weil die deutliche Erholung des Stahlmarktes mehr Profite im zweiten Halbjahr ankündigt, glaubt Analyst Ingo-Martin Schachel. Positiv sieht er auch die Entwicklung des Aufzugsgeschäfts, weshalb das Investitionsgütersegment des Konzerns eine bessere Bewertung verdiene. 

Am Montag kann sich ThyssenKrupp also seelenruhig an die DAX-Spitze setzen und das Herumkrebsen des Indizes von oben betrachten. Erreicht die Aktie in Kürze das Jahreshoch, stehen die Chancen auf einen weiteren Ausbruch gut. Unterstützung kommt von der 200-Tagelinie bei aktuell 18,26 Euro, gleichzeitig besteht das Risiko von Gewinnmitnahmen. Ein sicherer, schneller Gewinn sieht anders aus, doch wer hier einen langen Atem hat, könnte belohnt werden. Man erinnere sich nur an das Allzeithoch bei über 45 Euro - das allerdings auch schon neun Jahre alt ist. 

Marius Mestermann