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Lufthansa: Anleger erleichtert, Aktie steigt

Die Lufthansa und ihre Piloten legen ihren Lohntarifkonflikt bei, der jahrelang großen Schaden angerichtet hat. Beide Seiten haben die jüngste Schlichterempfehlung angenommen. Zwar sind noch viele Tarifthemen offen, denn schon droht auch das Kabinenpersonal mit neuen Ärger. Die Anleger sind jedoch erleichtert, die Kranich-Aktie bekommt Aufwind.

BÖRSE am Sonntag

Die Lufthansa und ihre Piloten legen ihren Lohntarifkonflikt bei, der jahrelang großen Schaden angerichtet hat. Beide Seiten haben die jüngste Schlichterempfehlung angenommen. Zwar sind noch viele Tarifthemen offen, denn schon droht auch das Kabinenpersonal mit neuen Ärger. Die Anleger sind jedoch erleichtert, weil erst einmal das größte Luftloch ohne Bruchlandung durchflogen werden konnte. Die Kranich-Aktie bekommt Aufwind.

Die 5.400 Piloten, die in den Konzerntarifvertrag (KTV) von Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings eingebunden sind, haben nach jahrelangem, zähem Ringen einer Regelung zugestimmt. Doch sie lassen sich immer noch kleine Hintertüren offen: „Die Bewertung des Schlichterspruches war erwartungsgemäß sehr schwierig und verlangt von den Piloten maximale Kompromissbereitschaft“, sagte Markus Wahl, Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Wie die Lufthansa mitteilte, erhalten die Piloten eine Vergütungserhöhung in vier Stufen in Höhe von insgesamt 8,7 Prozent. Zusätzlich gebe es eine Einmalzahlung im Gesamtvolumen von rund 30 Millionen Euro, was voraussichtlich einer Ausschüttung von 5000 bis 6000 Euro je Beschäftigtem entspreche. Die Laufzeit der Vergütungstarifverträge gilt bis Ende 2019.

Die Konzern bei Lufthansa sieht sich indes gezwungen, Konsequenzen aus der teuren Einigung zu ziehen: 40 neue Flugzeuge werden nicht mehr mit Piloten besetzt, die nach dem nun noch teureren Konzerntarifvertrag bezahlt werden. Kurz vor Ende des Schlichtungsverfahrens hatte Lufthansa die Piloten noch vor einem zu hohen Abschluss gewarnt. Zusätzliche Millionenkosten könnten dazu führen, dass Investitionen für neue Flugzeuge in andere Teilgesellschaften des Konzerns gelenkt würden, hatte Vorstandsmitglied Harry Hohmeister gesagt, wie Reuters berichtet. Lufthansa denke auch über die Gründung einer neuen Airline nach, die Strecken von der Lufthansa-Mutter übernehmen könne. Die ersten Schritte dahin sind nun wohl gemacht.

Der umstrittene Konzerntarifvertrag (KTV) sieht vor, dass Flugzeuge der Marke Lufthansa nahezu ausschließlich von Piloten geflogen werden dürfen, die nach dem KTV beschäftigt werden, wie Reuters weiter berichtet. Lufthansa sucht daher nach Wegen, Flugzeuge mit billigeren Piloten betreiben zu können. Im Konzern sind die KTV-Piloten bereits in der Minderheit. Bei allen Töchtern wie Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings wird weniger gezahlt. Und nun sollen auch 40 neue Flugzeuge mit dem Kranich am Leitwerk von Piloten gesteuert werden, die nicht dem teuren KTV_tarif unterliegen.

Aktie regaiert positiv nach langem Seitwärtstrend

Auf die heutige Nachricht hat die Kranich-Aktie mit einem Aufschlag von deutlich über anderthalb Prozent reagiert. Das bedeutet jedoch noch nicht, dass ein Durchbruch gelungen sei. Vielmehr kommt die Aktie damit wieder in die mittlere Fahrrinne eines Seitwärtsfahrwassers, in dem sie sich schon länger befindet. Generell hat das Papier in der Amtszeit von Carsten Spohr den Aktiopnären noch kein Freude bereitet. Und wenn auch gesagt werden muss, dass Spohr den Konflikt mit den Piloten und die vielen weiteren Einzelkonflikte in dessen Wirbelschleppe geerbt hat, so gilt doch auch dies: Erst, wenn ein umfassendes Paket geschnürt werden konnte, in dem sich auch das Kabinen- und Bodenpersonal sowie die Piloten der Konzerntöchter wiederfinden, wird der Kranich an der Börse Luft unter die Schwingen bekommen.

Dies Szenario beleuchten zum Beispiel die Analysten von Trinkaus & Burkhardt. Die Analysten der HSBC-Tochter stellen fest, daß die Aktie der Lufthansa im Oktober des vergangenen Jahres fast punktgenau auf dem langfristigen Basisaufwärtstrend seit 2003 aufgesetzt habe. Auf monatlicher Basis befindet isch dieser Punkt aktuell bei 9,47 Euro. Den Test dieser Kernunterstützung habe das Papier zu einem dynamischen Erholungsimpuls genutzt, der seit Mitte November in Form einer klassischen Korrekturflagge verdaut werde. Vor diesem Hintergrund dürfte ein Spurt über die letzten Verlaufshochs bei rund 13 Euro für neue Aufwärtsdynamik sorgen, denn dann wäre das beschriebene Konsolidierungsmuster nach oben aufgelöst. Perspektivisch rücke dann der Kumulationspunkt aus diversen Hochs und einem Fibonacci-Cluster bei rund 15,50 EUR in den Fokus.

Doch all dies steht unter dem Vorbehalt, dass Carsten Spohr auch weiterhin hartnäckig die Glutnester der großen Tarifkonflikts austritt. Strategisch steht die Lufthansa nämlich nicht schlecht da: Die Übernahme von Teilen der Air-Berlin-Flotte und die neue Kooperation mit Etihad könnten dann, wenn erst alle Tarifstreitigkeiten beigelegt sind, sehr wohl in den Mittelpunkt des Anlegerinteresses rücken. Und die sind zumindest vorläufig beruhigt und erfreut, denn die Einigung mit den Piloten war die möglicherweise ruppigste Wegstrecke auf dem Weg zu gutem Flugwetter bei wolkenlos blauem Himmel. Die Lufthansa-aktie jedenfalls ist nach der Einigung Spitzenreiter in puncto Zuwächsen im DAX. sig