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Drillisch: Vom Pleitekandidaten zum Börsenstar

Als die Internetblase zur Jahrtausendwende platzte, stand der Mobilfunkleister vor dem Abgrund. Seit 2009 explodiert jedoch der Aktienkurs. Der Wert des Papiers steigerte sich um sagenhafte 1.500 Prozent.

BÖRSE am Sonntag

Als die Internetblase zur Jahrtausendwende platzte, stand der Mobilfunkleister vor dem Abgrund. Seit 2009 explodiert jedoch der Aktienkurs. Der Wert des Papiers steigerte sich um sagenhafte 1.500 Prozent.

Die Unternehmensgeschichte von Drillisch reicht bis 1957 zurück. Der heutige Mobilfunkdienstleister aus Maintal ging damals unter dem Firmennamen „Fernseh-Hugo Forster OHG“ (Offene Handelsgesellschaft) an den Start. Zu der Zeit errichteten die Hessen Hauptantennenverteiler sowie Kommunikations- und Überwachungsanlagen. Die Gründung der heutigen Drillisch AG erfolgte 1983. In dem Jahr entstand die Drillisch-Vertriebs- und Servicegesellschaft Nachrichten Technik mbH in Maintal. 1997 gründeten Jochen Drillisch, Marc Brucherseifer und Nico Forster die Drillisch AG. Als Service-Provider kaufte das Unternehmen, das über kein eigenes Netz verfügt, im großen Stil Telefoneinheiten vom Netzbetreiber Mannesmann ein und verkaufte diese weiter an Endkunden. Ein Jahr später ging Drillisch an die Börse.

Der Konzern beschäftigt heute rund 360 Mitarbeiter und ist im TecDAX notiert. Der Jahresumsatz betrug 2013 rund 290 Millionen Euro. Seit der Jahrtausendwende musste Drillisch einige Tiefen überstehen. Als damals die Internetblase platzte, stand das Unternehmen vor dem finanziellen Ruin. Nur durch Notverkäufe wie die Veräußerung der Festnetz-Lizenz entgingen die Hessen einer Insolvenz. 2001 stellte sich das Unternehmen zum Verkauf – jedoch ohne Erfolg. Aber bereits ein Jahr später schaffte man es, schuldenfrei zu werden. 2008 wurde es dann noch mal knapp, da die gemeinsam mit United Internet geplante Übernahme des Mitbewerbers Freenet scheiterte. Die Drillisch-Aktie stürzte ins Bodenlose. Mit Beginn der Hausse im Jahr 2009 kannte der TecDAX-Titel hingegen nur noch eine Richtung: nach oben. Anfang 2009 notierte das Papier bei 1,75 Euro – heute steht es bei 28,40 Euro. Das ergibt einen exorbitanten Kursanstieg von mehr als 1.500 Prozent.

Die Geschäfte laufen gut

Auch in diesem Jahr läuft es rund. Die Aktie liegt mit 35 Prozent im Plus. Der Treiber des operativen Erfolgs sind nach Unternehmensangaben die Handy-Nutzer, deren Anzahl vom zweiten Quartal 2013 bis zum zweiten Quartal 2014 um 14 Prozent auf rund 1,8 Millionen anzog. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) konnte von 17,9 auf 21,8 Millionen Euro gesteigert werden. Und Vorstandssprecher Paschalis Choulidis ist guten Mutes, dass es auch weiterhin geschmeidig läuft. Für das Geschäftsjahr 2014 erwartet der Vorstand ein EBITDA am oberen Ende der Prognose von 82 bis 85 Millionen Euro. Für das kommende Jahr plant Drillisch mit einer weiteren Steigerung auf 95 bis 100 Millionen Euro. Dies und noch etwas anderes erfreut die Investoren: „Wir wollen auch in Zukunft die Aktionäre angemessen am Erfolg des Unternehmens beteiligen und planen für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 nach wie vor mit einer Dividende von mindestens 1,60 Euro je Aktie“, so das Statement des Vorstands.

Der wichtigste Absatzkanal ist nach Unternehmensangaben das Internet. Aus gutem Grund, wie der allgemeine Trend zeigt: Der Anteil der mobilen Internetnutzer an der Gesamtzahl der Nutzer des Internets erreichte 2013 erstmals mehr als 50 Prozent und ist damit nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom März 2014 innerhalb eines Jahres um 43 Prozent gestiegen. 51 Prozent oder 29,7 Millionen Internetnutzer in Deutschland surfen mobil. Ein Jahr zuvor waren es nur rund 20 Millionen.

Daneben arbeitet Drillisch mit ausgewählten Vertriebs- und Kooperationspartnern sowie teilweise mit dem klassischen Mobilfunkfachhandel zusammen. Auf Basis von bestehenden Serviceprovider-Verträgen in den Netzen der Telekom Deutschland GmbH („Telekom“) und der E-Plus Mobilfunk GmbH („E-Plus“) werden nach wie vor Bestandskunden betreut. In diesem weniger profitablen Bereich geht die Zahl der Kunden jedoch planmäßig zurück.

Jüngster Deal treibt Kursfantasie

Einen gehörigen Coup landete das Unternehmen, das durch Marken wie „McSIM“ oder „Simply“ bekannt ist, im Zuge der Fusion von E-Plus und O2, wodurch der Abstand auf größere Konkurrenten wie Freenet und United Internet verringert werden konnte: Drillisch sicherte sich das gesamte Paket, das O2-Betreiber Telefónica an Betreiber ohne eigenes Netzt abgeben musste, um von den Kartellbehörden die Fusion mit E-Plus genehmigt zu bekommen. Es geht dabei um 20 Prozent der O2-Kapazitäten. Darüber hinaus sicherte sich Drillisch die Option auf weitere zehn Prozent. Durch den Deal haben die Maintaler bald Zugang zu allen aktuellen und künftigen Netzstandards.

Der Geschäftsabschluss wurde am Freitag amtlich: Die Europäische Kommission bestätigte, dass der über die Tochtergesellschaft MS Mobile Services GmbH zwischen Drillisch und Telefónica Deutschland geschlossene und zuvor bereits bekanntgegebene Vertrag die an die Freigabe geknüpften Auflagen erfüllt und Drillisch die Geeignetheit zur Umsetzung bescheinigt. „Die finale Freigabe durch die Europäische Kommission sichert uns als einzigem Wettbewerber am deutschen Markt einen signifikanten Anteil an dem durch den Zusammenschluss entstehenden High-Speed-Netzwerk von Telefónica und gewährt uns über einen sehr langen Zeitraum exklusiven, sicheren und uneingeschränkten Zugang zu allen jetzigen und zukünftigen Technologien", sagte Vlasios Choulidis, Vorstand der Drillisch AG.

Analysten sind bullisch gestimmt

„Die vereinbarte Nutzung von den Kapazitäten des gemeinsamen Netzes von Telefónica Deutschland und E-Plus eröffnet Drillisch ein hohes Wachstumspotenzial“, meint Stefan Borscheid, Analyst bei der Landesbank Baden-Württenberg (LBBW). Die Bank stufte jüngst die Aktie von „Halten“ auf „Kaufen“ hoch und erhöhte das Kursziel von 26 auf 31 Euro. Der Titel ist auch für viele andere Banken ein Kauf. So auch für die Citigroup, die das Kursziel sogar bei 42 Euro sieht. Nach den jüngsten Geschäftszahlen des Mobilfunkanbieters habe er seine Schätzungen für den operativen Gewinn (EBITDA) der Jahre 2014 und 2015 erhöht, so Analyst Simon Weeden von der Citigroup. Und das Anlegermagazin „Der Aktionär“ zeigt sich überzeugt, dass Drillisch einer der größten Profiteure der Fusion sein könnte. Mit den neuen Kapazitäten könne der Konzern weiter expandieren und habe Zugriff auf die neuste Technologie von Telefonica. Das Kursziel sieht das Magazin bei 35 Euro. Investierten Anleger empfiehlt das Blatt, ihre Position mit einem Stoppkurs bei 23,50 Euro abzusichern.