Bei Aktien global ansetzen - dann kann 2016 erfolgreich werden
Seit 2009 kannten die meisten Aktienmärkte nur eine Richtung: aufwärts. Mit den Kurskorrekturen vergangenen Sommer wurde dieser Trend gebrochen. Für eine Trendwende nach unten gibt es derzeit aber kaum Argumente, denn mit einer Rezession ist nicht zu rechnen. Aktien dürften daher im kommenden Jahr ein interessantes Basisinvestment bleiben, meint Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.
Seit 2009 kannten die meisten Aktienmärkte nur eine Richtung: aufwärts. Mit den Kurskorrekturen vergangenen Sommer wurde dieser Trend gebrochen. Für eine Trendwende nach unten gibt es derzeit aber kaum Argumente: Klassischerweise „drehen“ Aktienmärkte sechs bis neun Monate vor einer Rezession. Von einer solchen ist aber weder für 2016 noch für 2017 auszugehen. Aktien dürften daher im kommenden Jahr ein interessantes Basisinvestment bleiben.
Insgesamt könnte sich die Dynamik abschwächen. Grund dafür sind die einstelligen Gewinnerwartungen der Unternehmen in den meisten Märkten. Für den MSCI-World rechnen die Analysten mit einem Gewinnplus von 7,6 Prozent. Zudem dürfte es nicht zu einer größeren Ausweitung der Bewertungen kommen. Die Deutsche Bank erwartet stabile Kurs-Gewinn-Verhältnisse mit leichtem Aufwärtspotenzial in den USA und China. Dies spricht für ein interessantes Performancepotenzial bei Aktien, wozu Dividenden einen relevanten Teil beitragen dürften. Entsprechend sollten Anleger die Dividendenpolitik der Unternehmen bei ihren Investmententscheidungen berücksichtigen. 2016 dürften sich statt einzelner klarer Favoriten eine Reihe von Regionen und Branchen anbieten. Dabei betrachten wir entwickelte Länder aussichtsreicher als Schwellenländer.
In der Eurozone liegen die real erzielten Unternehmensgewinne je Aktie 2015 bereits im dritten Jahr in Folge unter ihrem 30-Jahres-Trend. Wir rechnen für den europaweit breit aufgestellten Stoxx 600 mit einem Gewinnplus von neun Prozent für 2016. Insbesondere bei Unternehmen der Eurozone scheint Aufhol- und positives Überraschungspotenzial zu bestehen. Das gilt auch für den DAX, dessen Gewinnpotenzial stark durch VW belastet ist. Bei Geschäften außerhalb der Eurozone dürften die Unternehmen vom schwachen Euro profitieren, im innereuropäischen Handel von einem starken Binnenkonsum und einem Anziehen der Ausrüstungsinvestitionen.
Japans Aktienmarkt könnte outperformen
Der einzige Aktienmarkt, für den die Analysten mit zweistelligen Gewinnsteigerungen rechnen, ist Japan. Hier wird ein Plus von gut zehn Prozent erwartet. Verantwortlich für die guten Perspektiven sind insbesondere die von der Regierung Abe lancierten Reformen: Sie sollen die Unternehmensführung verbessern und die Konzerne dazu ermutigen, ihre enormen Bargeld-Bestände aktiv einzusetzen – etwa für Dividendenerhöhungen, Aktienrückkäufe oder Übernahmen. Zudem scheint die japanische Zentralbank bei Bedarf zu weiteren geldpolitischen Stützungsmaßnahmen bereit. Dabei ist zu beachten, dass Japan stark von der Entwicklung der Weltwirtschaft und der Konjunktur Chinas abhängig ist.
Der chinesische Aktienmarkt war bereits 2015 von starken Schwankungen geprägt. Wenngleich er nicht zuletzt wegen dieser Volatilität unter Investoren umstritten ist, sehen wir vor allem bei den in Hongkong gehandelten H-Aktien Chancen. Grund dafür sind deren interessante Bewertungen: Aktuell liegt das KGV bei 9,2 – und damit unter denen vieler Aktienmärkte. Hier sehen wir entsprechendes Aufholpotenzial. Hinzu kommt die zum Jahresbeginn 2016 von uns erwartete Fortsetzung der konjunkturellen Stabilisierung, die die Entwicklung der Unternehmensgewinne stützen sollte.
Indien sieht sich derzeit mit bremsenden innenpolitischen Konflikten konfrontiert – bleibt langfristig aber einer der interessantesten Aktienmärkte weltweit. Die Gründe dafür sind eine sehr stabile Geldpolitik, mit der die Inflation erfolgreich bekämpft wurde, das deutlich verringerte Leistungsbilanzdefizit und ein vergleichsweise starker Reformwille seitens der Regierungsparteien. Für Investoren mit etwas Geduld könnte Indien auch schon 2016 ein lohnenswertes Anlageziel sein.
US-Märkte als stabile Grundlage
Der US-Aktienmarkt dürfte auch 2016 seinem Ruf als stabiles Basisinvestment gerecht werden. Viele Unternehmen verfügen über eine entsprechende Größe und Marktmacht, um hohe Margen zu realisieren. Außerdem sollte Corporate America von einer vergleichsweise guten konjunkturellen Lage und einem starken Binnenkonsum profitieren. Als Belastung für einige US-Unternehmen könnte sich eine zunehmende US-Dollar-Stärke erweisen. Gleichzeitig macht diese US-Papiere für ausländische Investoren interessanter. Für Investoren, die eine breite Diversifizierung ihres Portfolios anstreben, ist der US-Aktienmarkt eine Möglichkeit, sich vielversprechende Sektoren wie Technologie oder Gesundheit ins Portfolio zu holen – diese sind im S&P 500 Index deutlich stärker vertreten als in anderen bedeutenden Märkten.
Die Aktienmärkte 2016 dürften einige Herausforderungen für Anleger bereithalten: Ein Aufwärtstrend auf breiter Front wie in vergangenen Jahren ist nicht zu erwarten. Gleichzeitig ist mit anhaltend hohen Volatilitäten zu rechnen. Daher wird es noch stärker darauf ankommen, chancenreiche Regionen und Sektoren zu identifizieren. Dafür ist es notwendig, die Entwicklungen an den globalen Märkten früh zu erkennen und richtig einzuordnen – gegebenenfalls gemeinsam mit einem ausgewiesenen Kapitalmarktexperten. Dann kann auch 2016 ein erfolgreiches Jahr werden.
Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.