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Ist Adidas wieder in?

Auf das Seuchenjahr 2014 folgt bei Adidas aktuell eine atemberaubende Aufholjagd. Die meisten Börsianer sind begeistert, die Marke steckt mitten im Wandel. Getrübt werden die Aussichten allerdings durch Korruptionsvorwürfe. Ein Imageschaden droht.

BÖRSE am Sonntag

Auf das Seuchenjahr 2014 folgt bei Adidas aktuell eine atemberaubende Aufholjagd. Die meisten Börsianer sind begeistert, die Marke steckt mitten im Wandel. Getrübt werden die Aussichten allerdings durch Korruptionsvorwürfe. Ein Imageschaden droht. 

Dass bestimmte Sprüche nicht eins zu eins vom Deutschen ins Englische übersetzt werden können, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Kein Kellner wird die Beschwerde in einem Londoner Restaurant verstehen, wenn der Gast die Essensqualität als „under all pig“ bezeichnet. Ebenso wenig wird man in New York für ausgelassene Partystimmung sorgen, wenn man es mit dem Spruch „today we make one on the top“ so richtig krachen lassen will. Aber auch umgekehrt, also mit Übersetzungen vom Englischen ins Deutsche, kann es hin und wieder zu einigen Missverständnissen oder Unklarheiten kommen.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Sportartikelhersteller Adidas, der vor wenigen Jahren eine großangelegte Werbekampagne mit dem Slogan „Adidas is all in“ ins Leben rief. Welche Botschaft will der Herzogenauracher Traditionskonzern damit rüberbringen? Die wörtliche Übersetzung – Adidas ist bei allem in – scheidet aus sprachlichen Gründen schon mal aus. Wie sieht es mit „Adidas ist überall drin“ aus? Diese anzügliche Behauptung wäre wohl zu gewagt. Am plausibelsten erscheint die Erklärung „Adidas ist total in“. Zwar klingt es ziemlich selbstverherrlichend, allerdings entspricht es mehr und mehr der Realität, denn Adidas ist nach einem sehr enttäuschenden Jahr 2014 wieder bestens in der Spur.

Analysten raten zum Kauf

Das kann man allen voran am überragenden Aktienkurs erkennen. In diesem Jahr ist der fränkische Sportartikelhersteller neben dem Medizinkonzern Fresenius einer der stärksten Titel im DAX. Aktuell befinden sich die Adidas-Papiere zudem auf Jahreshochwerten im Bereich von 80 Euro. Weitere Impulse erhofft sich der von Herbert Hainer geleitete Weltkonzern von der Bekanntgabe der Quartalszahlen am 5. November. Die Zahlen dürften nämlich äußerst positiv ausfallen. Insider erwarten einen Umsatz von 4,48 Milliarden Euro und einen Gewinn je Aktie von 1,47 Euro. Beides würde jeweils einen Anstieg von rund neun Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal bedeuten.

Analyst Andreas Inderst von der australischen Investmentbank Macquarie hat die Adidas-Aktie daher mit "Outperform" und einem Kursziel von 98,00 Euro in die Bewertung aufgenommen. Seiner Meinung nach werde das mittelfristige Margepotential am Markt zurzeit unterschätzt. Der Sportartikelhersteller erhole sich und biete Anlegern den Zugang zu wichtigen Branchenthemen wie der Automatisierung. Bis 2020 sollte der Dax-Konzern mit seinen Kernmarken Anteile im attraktiven Sportmarkt hinzugewinnen. Auch Analyst Volker Bosse von der Baader Bank rät bei einem Kursziel von 85 Euro zum Kauf.

Trotzdem sind die Herzogenauracher in der Sportartikelbranche weiterhin ganz klar nur die zweite Wahl. Und zwar offenbar immer deutlicher: 2010 hatte Nike einen um drei Milliarden Dollar größeren Jahresumsatz als Adidas. Vergangenes Jahr waren es bereits zwölf Milliarden. Und für den US-Konkurrenten dürfte es erfolgreich weitergehen, schließlich blickt man in eine Zukunft mit rosigen Aussichten. Zudem freut sich das in Beaverton, Oregon ansässige Unternehmen über ein Kursziel von 135 Euro und ein sattes Plus von sagenhaften rund 50 Prozent im bisherigen Jahresverlauf.

Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite: Skandale - Rückzug aus dem Sport?

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Um den Abstand zum Branchenprimus mittel- bis langfristig nicht noch größer werden zu lassen, treibt Hainer die Konzernumstrukturierung weiter voran. Ein wichtiges Augenmerk liegt dabei auf dem nachhaltigen Wandel von der reinen Sport- zur Modemarke. Neue Produkte sollen dabei helfen, Adidas ein hippes und aufsehenerregendes Image als Freizeitkleidung zu verleihen. Einen entscheidenden Part, um diese Botschaft in die Köpfe der Kunden zu transportieren, spielt dabei natürlich die Werbung. Prominentestes Gesichts ist der Musiker Kanye West, der als Adidas-Schuhdesigner eine euphorisierte Fangemeinde aufgebaut hat, die aber sicherlich noch nummerisches Wachstumspotential hegt. Selbiges scheint der Golfsparte aus Sicht der Unternehmensführung abhanden gekommen zu sein, weswegen man sich bei Adidas aus diesem Bereich gerne zurückziehen möchte.

Einen solchen Rückzug würde sich das Unternehmen mit den drei Streifen sicherlich auch aus der öffentlichen Diskussion rund um Fußballskandale wünschen. Doch dafür ist es im aktuellen Fall bereits zu spät. Der Verdacht, Adidas habe über seinen damaligen Vorstandsvorsitzenden Robert Louis-Dreyfus mit einem millionenschweren Betrag schwarze Kasse gefüllt, mit der dann die Weltmeisterschaft 2006 erkauft werden konnte, steht im Raum. Der DFB dementiert diesen Vorwurf heftig.

Aus Adidas-Kreisen heißt es: „Wir können ausschließen, dass es sich um einen Geschäftsvorgang der Adidas AG gehandelt hat.“ Die Lage gestaltet sich unübersichtlich, ihr Ausgang scheint offen. Die Befürchtungen, dass der Werbeslogan „Adidas is all in“ – wortgetreu: „Adidas ist überall dabei“ übertragen werden könnte, mehren sich. Und diesmal würde das heißen, dass die Marke mit den drei Streien bei all den vermeintlich und real korrupten Geschäften von FIFA und DFB „dabei war“. Eine unangenehme Aussicht. WIM